Eines muss man unserem neuen Bundesgesundheitsminister bescheinigen: Er hat ein feines Gespür für Dinge, die von unserer Selbstverwaltung bisher nicht entschieden, sondern “auf die lange Bank geschoben” wurden. Und hier greift er unbürokratisch ein. Das hat er bei der Frage der Erstattungsfähigkeit der Liposuktion gemacht und nun auch bei der Einführung des bereits im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz 2015 festgeschriebenen Patientenrechts, bei einer planbaren Operation vor Ausführung eine Zweitmeinung einholen zu können. Drei Jahre hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) benötigt, um diesen gesetzlichen Auftrag am 8. Dezember 2018 endlich in Kraft zu setzen. Aber gerade einmal für drei Operationen ist das gelungen.
Seit dem 1. Januar 2019 haben Pati- enten, bei denen eine Mandelteilresektion (Tonsillotomie), eine vollständige Entfernung der Gaumenmandeln (Tonsillektomie) oder eine Gebärmutterentfernung (Hysterektomie) ansteht, das Recht, vor dem Eingriff eine zweite ärztliche Meinung zur Indikation einzuholen (“Der Hausarzt” 1). Der G-BA schreibt in seiner Richtlinie allerdings nur für den Zweitmeiner eine spezifische Facharztqualifikation vor – nicht für den indikationsstellenden Arzt. So gesehen dürften auch Hausärzte die Indikation aussprechen und die Patienten beraten. Doch auf diese “weitgehende Auslegung” konnten Ärzte und Kassen sich im Bewertungsausschuss nicht einigen, teilt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) auf Nachfrage von “Der Hausarzt” mit.
Wichtig: Die KBV hat im Bewertungsausschuss damit akzeptiert, dass nur die für die jeweilige Operation zuständigen Fachärzte die extrabudgetär vergütete Nr. 01645 EBM abrechnen dürfen! Immerhin scheint man dabei aber ein schlechtes Gewissen gehabt zu haben. Denn der Ausschluss der Hausärzte bei dieser eigentlich typisch hausärztlichen Leistung wurde geschickt kaschiert, sodass er auf den ersten Blick nicht erkennbar ist.
Die neue Nr. 01645 EBM ist nämlich im Abschnitt II “Arztgruppenübergreifende allgemeine Gebührenordnungspositionen” angesiedelt. Die Möglichkeit der Berechnung von GOP dieses Bereichs ist aber nur Vertragsärzten möglich, wenn sie in der Präambel des arztgruppenspezifischen Kapitels auch aufgeführt sind. Im Hausarztkapitel IIIa des EBM taucht die Nr. 01645 aber nicht auf, sondern nur im Facharztkapitel IIIb bei den HNO-Ärzten und Gynäkologen.
Konkret gibt es für Hausärzte daher zwei Alternativen, wenn der Patient künftig bittet – und das dürfte die Regel sein – die von einem Facharzt gestellte Indikation zu einer der drei genannten Operationen durch eine Zweitmeinungsberatung zu prüfen:
- Option 1: Er berät seinen Patienten zum Zweitmeinungsverfahren und händigt ihm das damit verbundene Informationsmaterial aus. Diese Leistung ist der KBV zufolge aber dann bereits mit der Versichertenpauschale abgegolten.
- Option 2: Er schickt seinen Patienten zum indikationsstellenden Facharzt zurück. Damit wird praktisch “der Bock zum Gärtner gemacht” und der Wille des Gesetzgebers konterkariert.
Jährlich erkranken in Deutschland mehr als 300.000 Personen an Herpes Zoster, etwa fünf Prozent von ihnen entwickeln eine Komplikation in Form einer postherpetischen Neuralgie [1]. Am häufigsten sind ältere Menschen betroffen. Auch Patienten mit einem geschwächten Immunsystem haben ein erhöhtes Erkrankungsrisiko.