Die Mittel der Wahl bei der Refluxkrankheit werden zunehmend kritisch gesehen. Denn bei einem Drittel der Betroffenen führen Protonen- Pumpen-Inhibitoren (PPI) zu keiner zufriedenstellenden Kontrolle der Symptome [1]. Dazu addieren sich die Risiken, die mit einer langfristigen Einnahme einhergehen – wie sie bei Refluxpatienten fast immer erforderlich ist.
So begünstigen PPI auf Dauer gastrointestinale Infektionen, etwa mit Clostridium difficile [2]. Zu den möglichen Nebenwirkungen zählen weiterhin eine Veränderung des Mikrobioms sowie eine erhöhte Gefahr für Osteoporose und Knochenbrüche, da unter PPI weniger Kalzium und Vitamin D aus der Nahrung aufgenommen werden können [3]. Zudem können die Säureblocker langfristig das Risiko für Herzerkrankungen und Niereninsuffizienz erhöhen [4].
Auf Basis dieser Befunde warnte die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) nicht von ungefähr Anfang 2017 vor der langfristigen Einnahme von PPI ohne klar abgesicherte Diagnose [5]. Zudem sollte die Behandlung mit den Präparaten nur unter ärztlicher Betreuung und Überwachung erfolgen.
Wanted: Alternativen zu PPI
Angesichts der Problematiken mit den PPI sind alternative Therapieregimen gefragter denn je. Es gibt da so einige Tipps, die den Patienten mit auf den Weg gegeben werden können. Dazu gehört etwaiges Übergewicht abzubauen, den Genuss von Alkohol gehörig zu drosseln und das Rauchen aufzugeben.
Als gute Hilfe gegen Reflux wird auch propagiert, mit erhöhtem Oberkörper zu schlafen. Denn dann kann die Magensäure nicht so leicht aufsteigen. Der Erfolg dieser Maßnahmen ist begrenzt – ebenso wie deren Akzeptanz seitens der Betroffenen.
Und was ist mit H2-Blockern oder Prokinetika? Diese Hoffnungsträger haben die an sie gestellten Erwartungen nicht erfüllt. Sie schnitten im Vergleich zu PPI oder Placebo so schlecht ab, dass sie für die Langzeitbehandlung nicht zu empfehlen sind.
Therapieoption aus Braunalgen
Wie so oft hat die Natur eine wirksame Lösung parat. Sie heißt Alginat und wird aus Braunalgen, den Phaeophyceae gewonnen. Dank seinem mechanischen Wirkmechanismus schiebt Alginat dem Aufsteigen der Magensäure im wahrsten Sinn des Wortes einen Riegel vor. Denn es legt sich wie ein Deckel auf die sogenannte Acid Pocket: die Säuretasche, die sich postprandial auf dem Mageninhalt bildet.
Auf diese Weise gelingt es Alginaten sehr gut, den Reflux zu kontrollieren – sowohl im Stehen als auch im Liegen [6]. Studien haben gezeigt, dass der Wirkstoff aus den Braunalgen eine effektive Symptomkontrolle ermöglicht: die Refluxbeschwerden wurden signifikant verbessert [7, 8]. Das gilt für die Add-on-Therapie wie für die Monotherapie.
Dank des mechanischen Wirkprinzips ist Alginat sehr gut verträglich und entsprechend auch in der Schwangerschaft zugelassen. Das ist eine große Hilfe für viele werdende Mütter, denn Reflux ist bekanntlich ein häufiger unerwünschter Begleiter in der Schwangerschaft.
Behandlung mit Schrittmacher
Eine weitere Alternative bietet die Schrittmacher-Therapie. Bei diesem minimalinvasiven Verfahren werden zwei kleine Elektroden aus Titan in den unteren Schließmuskel der Speiseröhre implantiert. Der Muskel wird dann durch elektrische Stimulation regelrecht trainiert. Dies verbessert seine Funktion so sehr, dass über 90 Prozent der Patienten langfristig keine Medikamente mehr einnehmen müssen. Der große Vorteil dieses Verfahrens ist zudem, dass die Stimulation nach Bedarf modifiziert oder auch wieder entfernt werden kann, ohne dass die Anatomie der Speiseröhre verändert wird.
Neue schonende Op-Methode
Bei einer erfolglosen medikamentösen Therapie kann auch eine Operation in Betracht gezogen werden. Neben den klassischen Verfahren gibt es eine neue Methode, bei der die Form des Magens nicht verändert werden muss. Denn mit ihr wird die Rückflussbarriere nicht durch den Magen, sondern durch eine Kette aus Titan geschaffen. Dies macht die neue Op-Methode schonender.
Die Titankette wird um den magennahen Anteil der Speiseröhre angebracht, um den Sphinkter zu verstärken. Magnetische Partikel in der Kette gewährleisten, dass diese geschlossen bleibt. Durch die Aufnahme von Nahrung erweitert sich die Kette. Der Nahrungsbrei kann mithin ungehindert in den Magen gelangen. Auch dieser Eingriff erfolgt minimal-invasiv.
Literatur
- 1. Labenz J. et al. MMW Fortschr Med 2016; 158 (Suppl. 4):7 – 11.
- 2. Koch A. et al. Administration of proton pump inhibitors in critically ill medical patients is associated with increased risk of developing Clostridium difficile-associated diarrhea. J Crit Care. 2014; 29(4): 696.e11- 5.
- 3. Ueberschaer, H. Protonenpumpenhemmer: Nebenwirkungen und Komplikationen der langfristigen Protonenpumpenhemmereinnahme, Z Gastroenterol 2017; 55(01): 63 – 74.
- 4. Mössner, J, The indications, applications, and risks of proton pump inhibitors – a review after 25 years. Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 477– 83.
- 5. DGVS Pressemitteilung “Magensäureblocker: Ohne eindeutige Diagnose nicht langfristig einnehmen”, Berlin 20.01.2017
- 6. Sweis R et al. Alimentary Pharmacology and Therapeutics 2013; 37(11): 1093 -1102.
- 7. Reimer C. et al. Randomised clinical trial: alginate (Gaviscon Advance) vs. placebo as add on therapy in reflux patients with inadequate response to a once daily proton pump inhibitor. Alimentary Pharmacology and Therapeutics 2016; Vol. 43;8: 899 – 909.
- 8. Labenz J. Alginat als Add-on bei GERD mit unzureichendem PPI Effekt: Die LOPA III Studie. Posterpräsentation DGIM 2017.