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ProtonenpumpenhemmerPPI-Nebenwirkungen: Hype oder Realität?

Protonenpumpenhemmer kommen sehr oft zum Einsatz; sie sind sicher und effektiv. Aber können wir sie auch bedenkenlos langfristig verordnen?

Überzeugend nachgewiesen ist die Wirksamkeit von PPI bei der Refluxkrankheit.

In den 90er Jahren ersetzten sie auf breiter Front die H2-Rezeptorantagonisten und brachten die elektive Ulkus-Chirurgie zum Erliegen. Heute zählen Protonenpumpeninhibitoren (PPI) zu den am häufigsten verordneten Arzneimitteln.

In vielen Ländern ist ein erheblicher Anstieg ihrer Verordnungen zu verzeichnen: So haben diese in Deutschland über die letzten 20 Jahre um das 19-fache zugenommen [1]. Dies liegt vor allem an der Häufigkeit der Erkrankungen, für die der Einsatz von PPI etabliert ist (s. Tabelle 1 unten).

Auch die demografische Entwicklung mit einer Zunahme dieser Erkrankungen sowie der Einnahme von ulzerogenen Substanzen wie ASS oder NSAR hat dazu beigetragen. Überzeugend nachgewiesen ist die Wirksamkeit von PPI bei der Refluxkrankheit, sei es als Akuttherapie oder als Dauer- oder Bedarfsmedikation.

Ihr Einsatz im Rahmen der Helicobacter-pylori-Eradikation und bei der gastroduodenalen Ulkuskrankheit ist ebenfalls unbestritten [2]. Weniger gut belegt, aber ebenfalls häufig ist ihre Einnahme bei Reizmagen (Dyspepsie) oder unspezifischen Oberbauchbeschwerden. Zu den PPI zählen Omeprazol, Pantoprazol, Lansoprazol, Esomeprazol und Rabeprazol mit jeweils unterschiedlichem säurehemmenden Potenzial.

Potenzielle Risiken?

PPI galten lange Zeit als sehr wirksame und zugleich gut verträgliche, nahezu nebenwirkungsfreie Medikamente. Im Laufe der Zeit sind indessen immer mehr Erkrankungen als potenzielle Folge einer Dauermedikation in die Diskussion gekommen. Die Liste der potenziellen Risiken ist lang und in Tabelle 2 (siehe unten) sicherlich nicht vollständig abgebildet.

Begonnen hat es mit einer möglichen Assoziation zwischen PPI und gastralen Neoplasien. Eine kausale Bedeutung der PPI für Magenkarzinome und neuroendokrine Tumoren (NET) konnte jedoch für den Menschen nicht belegt werden. In jüngerer Zeit fanden zwei bevölkerungsbasierte Kohortenstudien aus UK und Korea für die langfristige Anwendung von PPI wieder ein erhöhtes Magenkarzinomrisiko, wobei das absolute Risiko sehr gering war.

Eine seriöse wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den vorliegenden Daten hat zwischenzeitlich ergeben, dass sich aus den retrospektiven Assoziationsstudien keine belastbare Evidenz für eine kausale Rolle der PPI für die genannten Erkrankungen ableiten lässt [3].

Eine Ausnahme stellen die gastrointestinalen Infektionen dar. Stellvertretend hierfür sei eine Metaanalyse von 16 Observationsstudien zitiert, die unter Berücksichtigung potenzieller Störfaktoren ein erhöhtes Risiko für rezidivierende Clostridium-difficile-Infektionen bei säurehemmenden Medikamenten nachgewiesen hat [4].

Auch für Patienten mit Leberzirrhose ist von einem erhöhten Risiko für gastrointestinale Infektionen unter PPI auszugehen, weshalb die Indikation hier streng gestellt werden muss. Unter den seltenen Nebenwirkungen von PPI sind Müdigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Hautveränderungen und erhöhte Leberwerte zu nennen.

An Wechselwirkungen denken

Des Weiteren gilt es, mögliche Wechselwirkungen von PPI mit anderen Wirkstoffen zu berücksichtigen. PPI werden durch das Cytochrom-P450-System metabolisiert. Eine Interaktion mit anderen Substanzen, die ebenfalls über dieses System verstoffwechselt werden, ist daher denkbar.

Besondere Aufmerksamkeit fand die Diskussion, ob die gleichzeitige Einnahme von PPI Clopidogrel in seiner Thrombozytenaggregationshemmung schwächt. Ein gemeinsames Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) beinhaltet eine dezidierte Empfehlung, die auf den vorliegenden gastrointestinalen und kardiovaskulären Risikofaktoren beruht [5].

Eine oft geübte Konsequenz bei einer Komedikation mit potenzieller Interaktion ist die zeitlich getrennte Einnahme (früh und abends) der Medikamente. Im Falle von PPI und Clopidogrel ist dies aufgrund der kurzen Halbwertszeiten ein sinnvoller Einsatz.

Indikation prüfen

Eine kausale Assoziation der PPI mit den genannten Risiken (Tabelle 2) konnte in den meisten Fällen nicht nachgewiesen werden; häufig geäußerte Bedenken gegen eine Langzeitmedikation sind damit ohne rationale Basis.

Dennoch bleibt eine Forderung aufrechtzuerhalten: Es muss eine etablierte Indikation für eine langfristige Einnahme der PPI vorliegen (s. Tabelle 1). Auch ist die stetige Überprüfung der Indikation im Verlauf notwendig [6].

Ohne Zweifel werden PPI zu häufig verordnet. Auch in Kliniken kommen sie nach einer aktuellen Erhebung teilweise unkritisch zum Einsatz und Patienten werden ohne korrekte Zeitangabe der poststationären Einnahmedauer oder der Dosis entlassen [7].

Fazit

  • PPI sind sehr wirksame und sichere Medikamente, die jedoch zu häufig eingesetzt werden.
  • Zu fordern ist ein indikationsgerechter Einsatz und die Überprüfung der Indikation im Verlauf.
  • Bei bestehender Indikation überwiegt der Nutzen bei Weitem potenzielle Risiken, sodass auch eine Langzeittherapie mit gutem Gewissen zu vertreten ist.
  • Es gibt keine medikamentöse Alternative in der Langzeittherapie säureassoziierter Erkrankungen

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.

Literatur:

1. Schwabe U, Paffrath D. Arzneiverordnungs-Report 2013. Berlin, Springer Berlin Heidelberg 2013.

2. Fischbach W, Bornschein J, Hoffmann JC et al. Aktualisierte S2k-Leitlinie Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Juli 2022; AWMF-Registernummer: 021-001.

3. Vaezi MF, Yang YX, Howden CW. Complications of Proton Pump Inhibitor Therapy. Gastroenterology 2017;153:35-48.

4. Tariq R, Singh S, Gupta A, et al. Association of Gastric Acid Suppression With Recurrent Clostridium difficile Infection. A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Intern Med 2017;177(6):784-791.

5. Fischbach W, Darius H, Gross M et al. Concomitant Use of Thrombocyte Aggregation Inhibitors and Proton Pump Inhibitors (PPIs). Position Paper of the German Society for Digestive and Metabolic Diseases (DGVS) and the German Society for Cardiology (DGK). Z Gastroenterol 2011;49:395-402.

6. Freedberg DE, Kim LS, Yang YX. The Risks and Benefits of Long-term Use of Proton Pump Inhibitors: Expert Review and Best Practice Advice From the American Gastroenterological Association. Gastroenterology 2017;152:706–715.

7. Fischbach W, Hünger B, Hünger M. Untersuchung zur indikationsgerechten Empfehlung einer Protonenpumpeninhibitor (PPI)-Medikation in Entlassungsbriefen einer gastroenterologischen Klinik. Z Gastroenterol 2022;60:1095-1103.

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