Frau Professor Hummers, Sie sind nicht nur Vizepräsidentin der DEGAM, sondern auch stellvertretende Vorsitzende der STIKO. Deren jüngster Vorabbericht zur neuen Influenzaimpfempfehlung hat für einige Verwirrung gesorgt. Künftig soll der Vierfachimpfstoff bevorzugt werden. Erklären Sie uns: Warum kam Ihr Update mitten in der laufenden Impfsaison?
Zunächst einmal haben sich die Anzeichen verdichtet, dass der Vierfachimpfstoff eine bessere Schutzwirkung gegen Influenza-Erkrankungen und dadurch verursachte Krankenhauseinweisungen bietet. Außerdem gibt es gute Gründe für diesen Zeitpunkt: Die Hersteller beginnen bereits im Februar mit der Produktion der Impfchargen für die kommende Saison. Auch der G-BA …
… der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen.
Genau, auch dort hat man sich eine frühere Information von uns gewünscht. Wie Sie wissen, entscheidet der Ausschuss auf Basis unserer Empfehlungen, welche Impfungen von den Kassen als Pflichtleistung übernommen werden. Deswegen kommt unsere Veröffentlichung eigentlich zur idealen Zeit. Auch als impfende Ärztin hilft mir übrigens eine frühe Information, um mich rechtzeitig auf die kommende Saison einstellen zu können.
Aber Sie müssen doch zugeben, dass ein Update der Empfehlungen inmitten einer Grippesaison für manche Ihrer Kollegen irritierend sein muss. Da ergibt sich das Bild, dass sich die Evidenzlage ad hoc verändert haben muss.
Diese Verwirrung kann man vermutlich nie ganz verhindern, auch wenn klar dabeisteht, dass die Empfehlung erst ab der Veröffentlichung im Epidemiologischen Bulletin, in Ausgabe 2/2018, gilt. An einem Punkt aber muss ich Ihnen widersprechen: Die neue Empfehlung kam nicht ganz aus heiterem Himmel. Die Protokolle der STIKO stehen im Internet. Dort ist nachzulesen, dass bereits im März und Juni eine Beschlussvorlage zu quadri- versus trivalenten Impfstoffen erstellt und diskutiert wurde. Und nein, es sind natürlich nicht plötzlich neue Studiendaten vom Himmel gefallen. Allerdings ist deren Bewertung kein spontanes Unterfangen, das man mal so nebenbei macht. Hinter jeder Empfehlung der STIKO steckt ein aufwändiger, systematischer Bewertungsprozess.
In der neuen Empfehlung präferiert die STIKO die inaktivierten quadrivalenten Influenzavakzinen vor den trivalenten Impfstoffen. Bislang hatte sie beide gleichrangig empfohlen. Welche Evidenz steht hinter der neuen Empfehlung?
Details kann ich Ihnen vor der Veröffentlichung der wissenschaftlichen Begründung nicht verraten. Vielleicht aber so viel: Zwar gibt es keine direkten Vergleichsstudien, die Zusammenschau der Daten zur Epidemiologie und zur Wirksamkeit der Impfstoffe weist jedoch überzeugend auf einen Vorteil für Vierfachimpfstoffe hin. Das ist schon deswegen plausibel, weil sie mit einem zweiten Influenza-B-Stamm mehr Serotypen abdecken.
Diese Rationale war aber auch schon im Sommer bekannt.