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InfluenzaWirrwarr beim Impfen

Geht es nach der STIKO, sollen zur Grippeimpfung künftig Vierfachimpfstoffe bevorzugt werden. Diese neue Empfehlung wirft zahlreiche Fragen auf: Drohen Lieferengpässe? Was müssen Ärzte bei der Verordnung beachten? Gibt es überhaupt ausreichende Evidenz oder hört die STIKO nur auf die Hersteller? "Der Hausarzt" hat die Antworten recherchiert.

Kurz vor Jahresende hat die Ständige Impfkommission (STIKO) die Katze aus dem Sack gelassen: Künftig sollen zur Grippeimpfung Vierfachimpfstoffe bevorzugt werden. Trivalente Impfstoffe, bis heute der “Goldstandard”, wären demnach nur noch zweitrangig empfohlen. Dies hat vor allem unter Hausärzten und Kassen Fragen aufgeworfen. Denn auch wenn sich die Anpassung bereits länger abgezeichnet hat, gibt der Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung Rätsel auf: Kam sie doch mitten in der laufenden Impfsaison und vor der eigentlichen Grippewelle, die üblicherweise nach dem Jahreswechsel beginnt.

Zum Höhepunkt der Impfsaison eröffnete sich für Ärzte in der Praxis damit ein Spannungsfeld: Denn mit der Vorab-Veröffentlichung änderte sich zwar die wissenschaftliche Einschätzung, bisher aber nicht die rechtliche Lage. Auch wenn jetzt zwar nur noch vereinzelt Patienten zum Impfen in die Praxis kommen, fragen sich Hausärzte, wie sie mit der STIKO-Änderung umgehen sollen. In Gesprächen, die “Der Hausarzt” mit Allgemeinmedizinern geführt hat, wurde diese Unsicherheit deutlich: “Soll ich jetzt schon Vierfach impfen? Was mache ich mit dem Dreifachimpfstoff aus dem Sprechstundenbedarf? Drohen mir Regresse?” Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) geben hierzu regional sehr unterschiedliche Antworten.

Mit dem Zwist zwischen Wissenschaft und Versorgung stehen die Ärzte somit oft alleine da: Nicht nur die KVen, auch die Krankenkassen berufen sich darauf, dass die Änderung für die aktuelle Saison nicht relevant sei. Das stützt das Robert Koch-Institut (RKI), an dem die STIKO angesiedelt ist: Die neue Empfehlung gelte erst mit der offiziellen Veröffentlichung im Epidemiologischen Bulletin. Das ist seit Mitte Januar der Fall Epid Bull 2018;2:19-28. Zudem wird die Vierfachvakzine erst dezidierte Kassenleistung, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Schutzimpfungsrichtlinie angepasst hat. Dafür hat er drei Monate ab Veröffentlichung Zeit.

Bisher wurden Vier- und Dreifachimpfstoffe gleichrangig empfohlen. Weil die viervalenten Vakzinen aber rund doppelt so teuer sind, verordnen Ärzte sie bislang schon aus Gründen der Wirtschaftlichkeit nur selten. Unsere Recherchen legen nahe, dass der G-BA die STIKO-Empfehlung sehr wahrscheinlich übernehmen wird, so wie es in der Vergangenheit fast schon die Regel war.

Darüber wären die Kassen naturgemäß “not amused”. Für sie stellen sich vor allem Fragen für die nächste Impfsaison, zum Beispiel: Erhöhen sich die Ausgaben für Grippeimpfstoffe? Darauf deuten die Daten hin, die die Marktforscher von Insight Health für “Der Hausarzt” ermittelt haben. Danach machten die Vierfachimpfstoffe in der Saison 2016/17 nur 2,4 Prozent der GKV-Verordnungen, aber 5,5 Prozent der Kosten aus (siehe Tabelle). Würden künftig nur noch quadrivalente Vakzinen verschrieben und deren Preise nicht sinken, müssten die Kassen mehr als doppelt so viel wie heute für Grippeimpfstoffe ausgeben.

Die Kassen finden deswegen vor allem kritische Worte zur neuen STIKO-Empfehlung. Sie fragen sich, ob die Vierfachimpfstoffe wirklich so viel besser sind und die STIKO nicht vielmehr Chaos auslöst, etwa weil es zu Lieferengpässen kommen könnte. Zudem gelten in einigen Bundesländern noch bis 2019 Rabattverträge für trivalente Vakzinen.

Diese beiden Aspekte beschäftigen auch die Hersteller. Zumindest in Sachen Lieferfähigkeit sehen sie sich aber bestens gerüstet, hatten doch einige auch schon für diese Saison mit einer deutlicheren Empfehlung für den Vierfachimpfstoff gerechnet.

Indirekt werfen die Kassen der STIKO sogar vor, die Mitglieder könnten von den Interessen der Hersteller geleitet sein. “Das ist alt und überholt”, kontert die stellvertretende STIKO-Vorsitzende Prof. Eva Hummers im Interview. Aus ihrer Sicht gibt es gute Gründe für die Entscheidung: Von der STIKO beauftragte Modellrechnungen zeigen, dass pro Saison 380.000 influenzabedingte Arztkontakte und 1.800 Krankenhauseinweisungen vermieden werden könnten.

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