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Deutscher ÄrztetagSpahn legt Kaltstart hin

Ob Mindestsprechstundenzeit oder Terminservicestellen, bei einigen Themen ist Bundesgesundheitsminister Jens Spahn auf Konfrontationskurs zu den Ärzten unterwegs – und das bewusst.

Erfurt. Mit so viel Raunen haben die Delegierten des Deutschen Ärztetags eine Rede des Bundesgesundheitsministers lange nicht mehr begleitet: Minister Jens Spahn (CDU) wählte markige Worte für seinen ersten Besuch bei der deutschen Ärzteschaft zur Eröffnung des Ärztetags am Dienstag (8. Mai) in Erfurt.

So warnte Spahn die Ärzte davor, bei den teilweise langen Wartezeiten auf einen Arzttermin nicht von einem „gefühlten Problem” zu sprechen. Für Spahn zählt dabei weniger, ob dies tatsächlich ein Problem in der Fläche ist. Entscheidend sei, dass einige Patienten es als Defizit wahrnehmen. Die teilweise provokanten Aussagen wählte Spahn mit Bedacht, wie er zu Beginn deutlich machte. Er wolle mit den Ärzten konstruktiv „um Lösungen ringen”. Denn „Zusammenhalt entsteht, wenn man miteinander ringt, aber man am Ende einen Kompromiss findet”, so Spahn.

Wartezeiten sind kein „gefühltes Problem”

„Die gesetzliche Krankenversicherung muss besser werden”, mahnte er. „Die Abschaffung der Privaten Krankenversicherung hilft dabei nicht.” Eine „Einheits-AOK für alle” werde nicht kommen, versprach er. Als Lösung setzt er besonders auf zwei Maßnahmen, die auch im Koalitionsvertrag stehen: erstens auf eine Erhöhung der Mindestsprechstundenzeit auf 25 Stunden die Woche. Angesichts der hohen Arbeitslast sei dies „eher stimmungs- als weltverändernd”, kritisierte Bundesärztekammer-Präsident Prof. Frank Ulrich Montgomery.

Ärzte sollten dies nicht als „Generalverdacht” empfinden, konterte Spahn. Er wisse, dass die meisten mehr arbeiteten. Es solle aber diejenigen motivieren, die dies noch nicht erfüllten, schließlich gehe das auch zu Lasten der ärztlichen Kollegen. Montgomery wie der Deutsche Hausärzteverband hält es unterdessen für sinnvoller, Patientenanliegen besser zu steuern. So komme die knapp gewordene Arztstunde denen zugute, die es wirklich brauchten, sagte Montgomery.

Mehr Termine, mehr Geld

Unterkühlt reagierten die Ärzte auch auf Spahns Ankündigung, an den Terminservicestellen festzuhalten. Er stellt sich diese als einen Baustein eines Gesamtkonzepts vor, das die Versorgungsangebote verquickt. So soll auch die 116117 besser verzahnt werden. Darüber könne eine Telefontriage stattfinden, um Patienten dann über die Servicestelle einen zeitnahen Termin zu vermitteln.

Gleichzeitig erntete Spahn hier zum einzigen Mal Applaus: Mit Blick auf die Forderung der KBV am Vortag versprach er, „zusätzlich vermittelte Termine werden natürlich außerhalb des Budgets vergütet”. Nicht begeistert sind davon die Kassen. So twitterte der GKV-Spitzenverband, “über die ohnehin gute Vergütung hinaus kann es dafür, dass ein Arzt für den direkten Patientenkontakt zur Verfügung steht, keine Bonuszahlungen geben”.

Zwar sollen künftig die Servicestellen auch haus- und kinderärztliche Termine anbieten. Das Gros werden aber wahrscheinlich weiter Termine bei Psychotherapeuten und Spezialisten ausmachen. Folglich werden die Hausärzte wohl eher nur in kleinem Maße an den zusätzlichen Geldern der Krankenkassen partizipieren.

Generell hat der Deutsche Hausärzteverband zur Entbudgetierung immer wieder daran erinnert, dass der Koalitionsvertrag die hausärztliche Medizin besser honorieren will. „Wenn Leistungen künftig extrabudgetär bezahlt werden, müssen diese Mittel insbesondere auch die hausärztliche Versorgung stärken”, betonte Vincent Jörres, Pressesprecher des Verbands, am Rande des Ärztetags.

Fernbehandlung mit deutscher Qualität

Am Mittwoch wird der Ärztetag wahrscheinlich das ausschließliche Fernbehandlungsverbot kippen. Lieber selbst gestalten, statt gestaltet werden: Darin waren sich Montgomery und der Gesundheitsminister einig. So wollen beide die Patienten vor schlechten Angeboten aus dem Ausland oder Google und Co schützen. „Wir brauchen deutsche Qualitätsstandards”, sagte Spahn. Wie er betonte Montgomery, dass der direkte persönliche Arzt-Patienten-Kontakt aber der „Goldstandard” bleiben müsse. Auch der Deutsche Hausärzteverband hatte bereits klar definierte Regeln für Fernbehandlungen gefordert. Diese sollen sich künftig in der ärztlichen Berufsordnung finden.

Unterdessen haben auch die gesetzlichen Krankenkassen die Ärzte ermuntert, sich für mehr Fernbehandlungen mit digitaler Technik zu öffnen. „Videosprechstunden und Online-Konsultationen als Ergänzung des traditionellen Arzt-Patienten-Verhältnisses sind überfällig”, sagte der Vize-Vorstandschef des GKV-Spitzenverbands, Johann-Magnus von Stackelberg. Wichtig sei aber, „dass niemand, der einen Arzt von Angesicht zu Angesicht sprechen möchte, zu einem virtuellen Kontakt gedrängt werden darf”. Von Stackelberg sagte, er hoffe sehr, dass der Ärztetag die Kraft finde, einen großen Schritt nach vorn zu machen.

Ärztebedarf: Spahn macht Ländern Druck

Mit Rückenwind des Ministers können die Ärzte hingegen bei ihrer Forderung rechnen, mehr Medizinstudienplätze zu schaffen und höhere Qualitätsstandards an die Zulassung ausländischer Ärzte anzulegen. Mit Blick auf die Studienplätze sieht Spahn neben dem Bund die Länder in der Pflicht. Er appellierte an die Ärzte, die Länder gemeinsam zu überzeugen, dass „Beschlossenes” auch flächendeckend umgesetzt werden müsse.

Derzeit hängt der Masterplan Medizinstudium 2020 auf Landes-und Uniebene fest. Aber nicht nur beim Masterplan auch bei der Novelle der Musterweiterbildungsordnung (MWBO) müsse die Umsetzung in den Ländern einheitlich erfolgen, betonte Ulrich Weigeldt, sonst marginalisierten die Ärztekammern die Beschlüsse auf Bundesebene.

„GOÄ bald umsetzen”

Am Freitag wird der Ärztetag sich mit der MWBO befassen. Daneben wird als weitere Dauerbaustelle auch wieder die Neuauflage der Gebührenordnung (GOÄ) Thema beim Ärztetag sein. Eine neue Fassung sei weitgehend mit der PKV konsentiert und fertiggestellt, sagte Montgomery. „Die könnte man jetzt wirklich bald umsetzen”. Es brauche aber weder eine wissenschaftliche Begleitung, noch ein Moratorium bis 2019.

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