Union und SPD wollen den Zugang gesetzlich Versicherter zur Gesundheitsversorgung verbessern. Dafür ist ein "Sofortprogramm" geplant, das den Ausbau der Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) vorsieht. Diese sollen künftig "unter einer bundesweit einheitlichen Telefonnummer von 8 bis 18 Uhr erreichbar sein und auch haus- und kinderärztliche Termine vermitteln". Zudem sollen Ärzte künftig 25 statt wie bisher 20 Stunden in der Woche für GKV-Patienten freihalten.
Das sieht der Koalitionsvertrag vor, auf den sich Union und SPD Anfang Februar nach zähen Verhandlungen geeinigt haben. Die potenziellen Koalitionäre setzen darin insbesondere auf die Hausarztmedizin sowie die Stärkung der Versorgung im ländlichen Raum – durch eine bessere Vergütung. "Ärzte, die in wirtschaftlich schwachen und unterversorgten ländlichen Räumen praktizieren, werden über regionale Zuschläge besonders unterstützt", heißt es. "Dazu werden hausärztliche Versorgung und ,sprechende Medizin‘ besser vergütet."
Bis zuletzt war um das gesundheitspolitische Kapitel gerungen worden. Denn die SPD-Spitze kämpfte als zentrale Forderung für ein Ende der "Zwei-Klassen-Medizin", etwa durch eine Angleichung der Arzthonorare für GKV und PKV. Diese hat letztlich jedoch nur in stark abgemilderter Form Eingang in den Vertrag gefunden: Das Schaffen eines modernen Vergütungssystems, das EBM und GOÄ vereint, bedürfe einer "sorgfältigen Vorbereitung", heißt es. Die Groko will daher eine Kommission einsetzen, die bis Ende 2019 Vorschläge für eine Reform vorlegen soll. "Ob diese Vorschläge umgesetzt werden, wird danach entschieden", heißt es ausdrücklich.
Das letzte Wort über die Neuauflage der Groko hat die SPD-Basis. Das Ergebnis des Mitgliederentscheids war bei Redaktionsschluss für den 4. März erwartet.
Weitere Vorhaben auf einen Blick
Ambulante Versorgung: Der Innovationsfonds soll fortgesetzt werden – mit 200 statt wie bisher 300 Millionen Euro jährlich. Die Festzuschüsse für Zahnersatz sollen von 50 auf 60 Prozent steigen, der Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneien verboten werden. Zudem will die Groko eine kleinräumigere Bedarfsplanung durchsetzen.
Stationäre Versorgung: Die Länderkompetenz in der Krankenhausplanung und die Verpflichtung zur Investitionsfinanzierung bleiben erhalten, der Strukturfonds wird für weitere vier Jahre fortgesetzt. Je die Hälfte der dafür vorgesehenen eine Milliarde Euro sollen aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds und von den Ländern kommen.
Sektorübergreifende Versorgung: Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll bis 2020 Vorschläge zur Weiterentwicklung der sektorübergreifenden Versorgung "unter Berücksichtigung der telematischen Infrastruktur" vorlegen. "Dabei sollen Spielräume für regionale Ausgestaltungen ermöglicht werden", heißt es.
E-Health: "Wir werden die Telematikinfrastruktur weiter ausbauen und eine elektronische Patientenakte für alle Versicherten in dieser Legislaturperiode einführen", sagen Union und SPD im Vertrag zu. Außerdem soll unter anderem die Anwendung und Abrechnung telemedizinischer Leistungen ausgebaut werden.
Pflege: In einem Sofortprogramm sollen 8.000 neue Fachkraftstellen im Zusammenhang mit der medizinischen Behandlungspflege in Pflegeeinrichtungen geschaffen werden. Außerdem wollen Union und SPD die Bezahlung in der Altenpflege nach Tarif stärken, etwa durch die flächendeckende Umsetzung von Tarifverträgen.
GKV-Finanzierung: Ab 1. Januar 2019 sollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Beiträge wieder zu gleichen Teilen tragen. Der Zusatzbeitrag wird dafür nicht abgeschafft, sondern paritätisch finanziert. Der Morbi-RSA soll "mit dem Ziel eines fairen Wettbewerbs" weiterentwickelt und vor Manipulation geschützt werden.