Prophylaxe von RSV-ErkrankungenSTIKO empfiehlt Nirsevimab für alle Neugeborenen und Säuglinge

Die jährliche RSV-Saison ist sowohl für Kinderkliniken als auch für Praxen eine große Herausforderung. Nun gibt es eine STIKO-Empfehlung zur Prophylaxe von RSV-Erkrankungen mit Nirsevimab bei Neugeborenen und Säuglingen. Doch es bestehen auch noch Unsicherheiten, sagt die DEGAM.

Die STIKO hat Impfempfehlungen zur Prophylaxe von RSV-Erkrankungen abgegeben

Berlin. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt Nirsevimab nun für alle Neugeborenen und Säuglinge unabhängig von möglichen Risikofaktoren in ihrer ersten Saison mit Respiratorischen Synzytial-Viren (RSV). “Es handelt sich hierbei um eine einmalige passive Immunisierung, die intramuskulär erfolgt”, erklärte Kinderärztin und STIKO-Mitglied Dr. Julia Tabatabai am Mittwoch (26.6.) die neue STIKO-Empfehlung, die am Donnerstag (27.6.) publik wurde.

Säuglinge, die zwischen April und September geboren sind, sollen Nirsevimab der Empfehlung zufolge möglichst im Herbst vor Beginn ihrer ersten RSV-Saison im Zeitraum zwischen September bis November erhalten. Neugeborene jeglichen Gestationsalters, die während der RSV-Saison (meist zwischen Oktober und März) geboren werden, sollen Nirsevimab möglichst rasch nach der Geburt erhalten, idealerweise bei Entlassung aus der Geburtseinrichtung bzw. bei der U2-Untersuchung (3. – 10. Lebenstag).

Neugeborene mit postnatal längerem stationären Aufenthalt sollten Nirsevimab rechtzeitig vor der Entlassung erhalten, wenn der Aufenthalt in die RSV-Saison fällt; eine passive Immunisierung mit Nirsevimab kann auch bereits während des Klinikaufenthalts erwogen werden, wenn dies zur Vermeidung von nosokomialen Infektionen sinnvoll erscheint. Eine versäumte Nirsevimab-Gabe soll innerhalb der ersten RSV-Saison schnellstmöglich nachgeholt werden.

Dann ist laut STIKO keine Impfung nötig

Bei Säuglingen, die bereits eine labordiagnostisch gesicherte RSV-Infektion durchgemacht haben, ist laut STIKO-Empfehlung in der Regel keine Nirsevimab-Prophylaxe erforderlich. Außerdem benötigen gesunde Neugeborene, deren Mütter während der aktuellen Schwangerschaft eine RSV-Impfung erhalten haben, in der Regel keine Nirsevimab-Gabe.

Handelt es sich um Neugeborene mit bekannten Risikofaktoren oder wurde die maternale Impfung in einem Zeitraum von weniger als zwei Wochen vor der Geburt verabreicht, empfiehlt die STIKO zusätzlich eine RSV-Prophylaxe mit Nirsevimab.

Bei Kindern mit bekannten Risikofaktoren kann laut STIKO individuell über die Anwendung von Palivizumab oder Nirsevimab entschieden werden. Eine parallele oder sequenzielle Gabe von Palivizumab und Nirsevimab wird nicht empfohlen. Eine Zulassung für Kinder mit entsprechenden Risikofaktoren für ihre zweite RSV-Saison des Lebens sei vom Hersteller beantragt und werde im Sommer 2024 erwartet.

Nirsevimab wird intramuskulär in den anterolateralen Oberschenkel verabreicht. Die Einmaldosis beträgt bei Neugeborenen bzw. Säuglingen mit einem Körpergewicht: Kleiner 5 kg 50 mg und bei Säuglingen mit einem Körpergewicht größer gleich 5 kg 100 mg. Der Antikörper kann gleichzeitig mit oder in beliebigem Abstand zu den Standardimpfungen des Säuglingsalters verabreicht werden.

Warum alle Kinder immunisieren?

RSV-Infektionen sind weltweit die häufigste Ursache von Erkrankungen der unteren Atemwege bei Neugeborenen und Säuglingen. Besonders hoch ist die RSV-Krankheitslast in den ersten sechs Lebensmonaten.

Laut den Ergebnissen einer prospektiven multizentrischen Beobachtungsstudie, die in Europa noch vor Beginn der Covid-19-Pandemie durchgeführt wurde, beträgt die Inzidenz der RSV-assoziierten Hospitalisierung bei gesunden Säuglingen in ihrem ersten Lebensjahr 1,8 Prozent.

Kinder mit Risikofaktoren für schwere RSV-Krankheitsverläufe (zum Beispiel Frühgeburtlichkeit, angeborene Herzfehler, chronische Lungenkrankheiten) stellen zwar einen Anteil von circa 20 Prozent der schwer verlaufenden RSV-Fälle, circa 80 Prozent dieser Infektionen treten aber bei zuvor gesunden Säuglingen auf.

“Damit sind sie mengenmäßig einfach der größere Anteil der Kinder, die wir in den Kinderkliniken sehen und behandeln”, sagt Tabatabai. Die neue Empfehlung bezweckt vor allem, RSV-bedingte Hospitalisierungen, intensivmedizinische Behandlungen und RSV-bedingte Todesfälle sowie stationäre und ambulante Versorgungsengpässe zu verhindern.

Wie sicher ist Nirsevimab?

“Wie bei allen Injektionen können Rötungen, Schwellungen und Schmerzen im Bereich der Injektionsstelle auftreten”, sagt Tabatabai. Ansonsten sei das Arzneimittel als sehr sicher eingestuft worden. In der STIKO-Empfehlung heißt es, dass Nirsevimab auf Basis der Ergebnisse aus mehreren randomisiert-kontrollierten Studien gut verträglich, sicher und wirksam ist.

Der Schutz der passiven Immunisierung gegenüber der Verhinderung von sehr schwer verlaufenden RSV-assoziierten unteren Atemwegsinfektionen beträgt demnach 81 Prozent und hält mit einer Schutzdauer von mindestens sechs Monaten annehmbar über die gesamte RSV-Saison an.

Weitere Möglichkeit zur Prävention

Eine weitere Möglichkeit zur Prävention von RSV-Erkrankungen bei Neugeborenen und Säuglingen ist die maternale Impfung während der Schwangerschaft, die zur aktiven diaplazentaren Übertragung der durch die Impfung induzierten Antikörper auf das Kind führt. Ein bivalenter Proteinimpfstoff (Abrysvo) zur Impfung von Schwangeren in der 24. bis 36. Schwangerschaftswoche erhielt im August 2023 die Zulassung in der EU.

Derzeit liegt laut Tabatabai noch zu wenig Evidenz vor, um eine klare Empfehlung für diese Impfung zu geben. In der Sicherheitsevaluation habe sich ein Ungleichgewicht beim Auftreten von Frühgeburten zwischen der Verum- und der Kontrollgruppe gezeigt; insgesamt sei die Studienpopulation aber zu klein, um dies sicher beurteilen zu können.

Quellen: 1. Epidemiologisches Bulletin 26/24; 2. Press Briefing „Empfehlung der Ständigen Impfkommission zur RSV-Immunisierung“, 26.6.2024

 

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