Die Krankenkassen haben verhalten auf die STIKO-Empfehlung re-agiert. Man hätte sich eine frühere Information gewünscht, hieß es auf Anfrage vom GKV-Spitzenverband. “Die STIKO hätte sich öfter äußern können”, so eine Sprecherin. Für die Krankenkassen ist die neue Empfehlung nicht unerheblich.
Manche stehen jetzt vor einem Problem: So hat die AOK Baden-Württemberg gemeinsam mit anderen noch bis 2019 einen exklusiven Rabattvertrag für trivalente Impfstoffe. Den Vertrag kann sie auch nicht einfach kündigen, wie im Sommer das Landessozialgericht Niedersachen-Bremen entschieden hat (Az.: L 4 KR 307/17 B ER). Wie die Kasse jetzt damit umgehen will, wollte sie uns trotz mehrmaliger Nachfrage nicht näher erklären.
Wirksamkeit generell höher als bei TIV?
Die Südwest-AOK verweist vielmehr auf mögliche Versorgungsengpässe, die durch die neue STIKO-Empfehlung entstehen könnten. So dürften Hersteller der trivalenten Impfstoffe für die kommende Saison ihre Produktion zurückfahren, heißt es. Gäbe es dann jedoch Produktionsprobleme beim Vierfachimpfstoff, “so löst die STIKO möglicherweise eine nicht beherrschbare Versorgungssituation aus”. Schlimmstenfalls drohe “ein weitestgehender Impfausfall für die kommende Saison”, so ein Sprecher.
Der Vorwurf der Kasse: “Natürlich ist zu fragen, welchen Stellenwert genau die Versorgung bei der STIKO einnimmt, die um die besonderen Produktionsprobleme des quadrivalenten Impfstoffs weiß – und welchen Stellenwert die Interessen einzelner Impfstoffanbieter haben.” Die stellvertretende Vorsitzende der Kommission weist diesen Vorwurf deutlich zurück.
Hersteller sitzen auf Tonnen QIV-Impfstoff
Droht Deutschland ein Engpass? Der Blick auf die Verordnungsdaten zeigt, dass Vierfachvakzinen bisher nur einen Bruchteil ausmachen. Danach müsste sich die Menge bald vervierzigfachen. Doch Insider wiegeln ab: In der jetzigen Saison seien deutlich mehr Chargen freigegeben worden, als aus diesen Zahlen ersichtlich werde.
Die Hersteller blieben eher auf Tonnen Impfstoff sitzen. Sie hatten wohl damit gerechnet, dass die Vierfachimpfstoffe früher empfohlen werden. Ergo: Die Produktionskapazitäten sind vorhanden.
Derzeit sind zwei quadrivalente Totimpfstoffe zweier Hersteller auf dem Markt, sowie der nasale Impfstoff. Allerdings hat Mylan Healthcare bereits Zulassungen für zwei weitere Vierfachimpfstoffe (siehe Tabelle). Für diese müsste man nur die Stammanpassung für die kommende Saison beantragen. Mylan war bis Redaktionsschluss nicht für uns zu erreichen.
Marktführer produziert bereits Millionen Impfdosen
Gut unterrichtete Quellen gehen davon aus, dass bald alle Hersteller auf Vierfachvakzinen umstellen. Die Produktion, heißt es, sei nicht aufwendiger – wenn sie erst einmal eingerichtet sei. Zwar bräuchten die Hersteller mehr Hühnereier und müssten vier statt drei Stämme anzüchten. Unterm Strich gebe es aber keine großen Unterschiede.
Auch GlaxoSmithKline, derzeit Marktführer von Vierfachtotimpfstoffen, erwartet keine Lieferprobleme. “Wir haben mit dieser Entscheidung gerechnet und vorgeplant”, heißt es auf Anfrage. “GSK produziert in Dresden jährlich etwa 45 Millionen Dosen für den nationalen und internationalen Markt. Im Falle einer angespannten Versorgungslage sehen wir durchaus die Möglichkeit, einen Teil der Ware aus dem Kontingent für den internationalen Markt für Deutschland zur Verfügung zu stellen.”