Blutentnahmen bei Kindern: Nützt Virtual Reality?
Eine Studie in Spanien untersuchte Virtual Reality (VR) als Möglichkeit, die Beeinträchtigung durch eine geplante Blutentnahme bei Kindern zu vermindern. In zwei Krankenhäusern und fünf Primärversorgungszentren wurden insgesamt 83 Kinder zwischen 7 und 12 Jahren (durchschnittlich 9,7 Jahre alt; knapp die Hälfte Mädchen) randomisiert.
Den Kindern in der Interventionsgruppe wurde über eine VR-Brille ein Zeichentrickfilm vorgespielt, in dem ein Igel seinen Geburtstag mit Luftballons in Tiergestalt feiert.
Die Kinder gaben den Schmerz auf einer Visuellen Analogskala (VAS) an, die Angst wurde mit der Groningen-Distress-Skala abgeschätzt und das Pflegepersonal schätzte die Schwierigkeit der Blutentnahme retrospektiv ein. Eine Verblindung wurde für keine der beteiligten Personen durchgeführt, wodurch die Endpunkte zurückhaltend interpretiert werden sollten.
84 Prozent der Kinder mit VR und 58 Prozent der Kinder in der Kontrollgruppe gaben nur geringe Schmerzen an (VAS 0-3). Ausgeprägtere Angstsymptome (Groningen-Distress-Skala 4 und 5) traten bei 15 Prozent in der Kontrollgruppe und bei 0 Prozent in der Interventionsgruppe auf.
Die Autoren errechnen eine NNT von 4, um die Schmerzen eines Kinds auf ein niedriges Niveau (VAS 0-3) zu reduzieren, und eine NNT von 6, um Angst zu reduzieren. Das Pflegepersonal schätzte die Blutentnahmen bei Kindern mit VR-Brille in 67 und bei Kindern der Kontrollgruppe in 48 Prozent als einfach ein.
Fazit: Auch wenn der Film inhaltlich eher intellektuell unterfordernd für die untersuchte Altersgruppe scheint, hat er bewirkt, dass weniger Kinder Angst und Schmerzen durch die Blutentnahme angegeben haben und das Pflegepersonal die Blutentnahme bei mehr Kindern als einfach bewertete. Interessant wäre ein direkter Vergleich mit weniger aufwendigen Maßnahmen wie zum Beispiel ein Hörspiel oder ein herkömmlicher Film.
Quelle: Gil Piquer R, Mañes Jiménez Y, España Marí M, Peris Peris A, Solanes Donet P, García Lledó N, Pons Fernández N. Usefulness of virtual reality in the management of pain associated with venepuncture: a multicentre randomized clinical trial. An Pediatr (Engl Ed). 2024 Jan;100(1):25-33. Epub 2023 Dec 28. PMID: 38158270. doi: 10.1016/j.anpede.2023.12.002
Sprachbasierte KI zur Einstellung mit Basalinsulin
Insulin ist bei der Behandlung des Typ-2-Diabetes eine nachrangige Therapieoption. Wenn sie dennoch indiziert ist, muss die passende Dosis der einmal täglichen Basalinsulingabe gefunden werden.
Eine kleine Studie hat untersucht, wie eine sprachbasierte künstliche Intelligenz (KI) dabei unterstützen kann. Es wurde explizit keine smartphone- oder computerbasierte Unterstützung, sondern ein smarter Lautsprecher entwickelt, um die Nutzung auch für ältere Menschen zu ermöglichen. Eine Finanzierung über die herstellende Firma erfolgte nach Angaben der Autoren nicht.
39 Personen mit Diabetes, die eine Basalinsulintherapie starteten oder ihre Dosis anpassen mussten, wurden an vier Primärversorgungszentren der Stanford University in die Studie eingeschlossen und erhielten einen smarten Lautsprecher. Der Lautsprecher erinnerte die Kontrollgruppe täglich, das Insulin zu spritzen und Blutzuckerwerte zu messen und einzutragen; Dosisanpassungen erfolgten aber nur bei Kontakten im Gesundheitszentrum.
Für die Interventionsgruppe legten die Behandelnden ein Titrationsprotokoll fest. Die Teilnehmenden erfassten per Spracheingabe ihre Blutzuckerwerte und erhielten eine Sprachanweisung zur zu spritzenden Dosis. Die Behandelnden konnten die Dosisanpassungen in Echtzeit verfolgen und ggf. anpassen.
Der Endpunkt einer guten Blutzuckereinstellung (definiert als Blutzuckerwerte unter 130 mg/dl) wurde in der Interventionsgruppe schneller (nach 15 Tagen statt nach > 56 Tagen) und häufiger (nach acht Wochen bei 80 Prozent statt bei 25 Prozent) erreicht, dafür waren im Schnitt acht automatisierte Dosisänderungen nötig. Bei vier Personen korrigierten die Behandelnden einmal die Dosisanpassung der KI. Fünf Teilnehmende benötigten technischen Support.
Da die Blutzuckereinstellung in der Diabetesbehandlung nur ein Surrogatparameter ist, sind einige sekundär erhobene Endpunkte interessanter: So gaben die Personen der Interventionsgruppe auf der PAID (Problem Areas in Diabetes)-5-Skala signifikant weniger emotionale Belastung durch die Erkrankung an als die Personen der Kontrollgruppe.
Fazit: Über einen smarten Lautsprecher kann eine sprachbasierte KI konkrete Anweisungen zu Insulindosisanpassungen entsprechend den aktuellen Blutzuckerwerten geben. In der aktuellen Studie mit wenigen, selektierten Teilnehmenden und über einen kurzen Zeitraum konnte so rascher eine passende Dosis gefunden werden, während die Teilnehmenden gleichzeitig eine emotionale Entlastung in Bezug auf ihre Erkrankung angaben.
Quelle: Nayak A, Vakili S, Nayak K et al. Use of Voice-Based Conversational Artificial Intelligence for Basal Insulin Prescription Management Among Patients With Type 2 Diabetes: A Randomized Clinical Trial. JAMA Netw Open. 2023;6(12):e2340232; doi: 10.1001/jamanetworkopen.2023.40232
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4 Fragen an Dr. Jeannine Schübel, Leiterin des Bereichs Lehre am Bereich Allgemeinmedizin der Medizinischen Fakultät Dresden und Sprecherin der Sektion Leitlinien & Qualitätsförderung der DEGAM