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VERAH“Sie sind meine verlängerten Augen und Ohren”

Schon lange ist Delegation von Aufgaben an qualifizierte Mitarbeitende im Praxisalltag ein Thema. Dabei geht es nicht mehr nur darum, den Hausärztinnen und Hausärzten mehr Zeit für originär ärztliche Tätigkeiten zu schaffen. Werden Aufgaben delegiert, ist das ein Gewinn für alle: Arzt, MFA und auch für den Patienten.

Eine Versorgungsassistenz in der Hausarztpraxis (VERAH®) ist bei ihrem Hausbesuch Ansprechpartnerin und Vertrauensperson für die Patienten.

Eine Versorgungsassistenz in der Hausarztpraxis (VERAH®) ist bei ihrem Hausbesuch Ansprechpartnerin und Vertrauensperson für die Patienten.

“Ich muss dem Gesundheitsamt noch vier positive PCR-Abstriche melden. Das dauert mindestens eine Viertelstunde!”, klagte kürzlich ein Kollege Hausarzt Dr. Hans-Michael Mühlenfeld sein Leid. “Ich riet ihm, solche Aufgaben zu delegieren”, berichtet Mühlenfeld.

VERAH® stärkt Hausarztpraxis

Verwaltungsaufgaben sind nur ein Beispiel von vielen, die Hausärzte an Medizinische Fachangestellte (MFA) delegieren können. Chronisch kranke Patienten regelmäßig zu besuchen, den Blutdruck zu kontrollieren, ein EKG abzuleiten, Wunden zu versorgen, Empfehlungen für gesundes Verhalten zu geben oder für die Sturzprophylaxe – das muss nicht unbedingt immer der Arzt selbst machen.

Noch bevor mit der VERAH® eine praxisnahe Weiterqualifizierung für MFA entwickelt wurde, die sowohl den Arzt entlastet als auch gezielt die Hausarztpraxis als zentralen Ort der Versorgung stärkt, gab es schon einige, meist regionale, Modelle wie AGnEs im Osten Deutschlands oder EVA in Nordrhein-Westfalen.

Seit mehr als zehn Jahren gibt es jetzt die bundeseinheitliche VERAH®, die Versorgungsassistenz in der Hausarztpraxis. Erfahrene MFA können bei dieser anspruchsvollen Weiterbildung die erforderlichen Kernkompetenzen erwerben. Mittlerweile haben mehr als 13.500 MFA diese Weiterqualifizierung abgeschlossen.

Mühlenfeld gehört zu den Wegbereitern der VERAH®. Der Vorsitzende des Bremer Hausärzteverbands hat das Konzept mitentwickelt. “Es geht um die Delegation ärztlicher Leistungen, nicht um die Substitution”, betont er.

Hausärzte mit einer VERAH® können so entlastet werden und sich auf ihre ärztlichen Aufgaben konzentrieren, ohne jedoch die Verantwortung aus der Hand zu geben. Das funktioniert auch in der Gemeinschaftspraxis von Dr. Markus Beier gut, die er mit einer Kollegin und einem Kollegen in Erlangen führt.

Von elf MFA haben drei eine Weiterbildung zur VERAH® absolviert. “Für uns war klar, dass wir als Arbeitgeber auch im sozialmedizinischen Bereich Verantwortung haben”, sagt Beier, der Vorsitzender des Hausärzteverbands Bayern und Mitglied im Bundesvorstand des Deutschen Hausärzteverbandes ist.

Die VERAH® übernehmen hier unter anderem Hausbesuche. “Besuche bei geriatrischen multimorbiden Patienten sind ein Schwerpunkt”, sagt er. Wenn nötig, organisieren sie die Pflege und beraten Patienten und Angehörige in sozialmedizinischen Fragen. “Sie sind in einer Schnittstellensituation”, sagt er.

Substitution birgt Gefahren

Gerade diese Schnittstelle zu ihrem Hausarzt bei der Delegation ist wertvoll für Patienten. Fehlt sie, wie im Falle der Substitution, wird es für alle Beteiligten unübersichtlich. Die Trennung von Zuständigkeit und Verantwortlichkeit bei einer arztunabhängigen Behandlung ist nicht im Sinne einer guten und sicheren Patientenversorgung, findet Dr. Markus Beier.

Es macht außerdem die Versorgung weder besser noch günstiger. Vielmehr verbergen sich hier Gefahren, wenn beispielsweise der behandelnde Hausarzt zu spät einbezogen wird. Ebenso steigen die Risiken uneinheitlicher oder lückenhafter Dokumentation der Krankengeschichte.

Anders verhält sich das bei der Delegation: Hier gibt es einen Verantwortlichen für die Behandlung des Patienten und das ist und bleibt der vertraute Hausarzt.

Dr. Hans-Michael Mühlenfeld beschäftigt in seiner Bremer Gemeinschaftspraxis mit vier Allgemeinmedizinern und zwei Ärzten in Weiterbildung zehn MFA, davon drei VERAH®. Die Kosten für die Ausbildung hat die Praxis übernommen. “Ich profitiere ja davon”, sagt Mühlenfeld.

Wie bei Markus Beier machen auch hier die VERAH® Hausbesuche. Sie melden sich sofort beim Arzt, wenn sie etwas Alarmierendes feststellen. “Es ist Teil der Qualifikation, das zu erkennen”, sagt er. “Die Delegation funktioniert nur, wenn MFA und VERAH® vertrauensvoll auf den Arzt zurückgreifen.” Diese Bereitschaft ist neben dem Fachwissen eine Grundvoraussetzung, findet Mühlenfeld.

Durch den Einsatz seiner Versorgungsassistentinnen gewinnen alle Beteiligten, ist der Bremer Hausarzt überzeugt. Die Patienten sind zufriedener, weil die VERAH® sich oft mehr Zeit für sie nehmen kann als der Arzt, der wiederum wird entlastet. Und die Mitarbeiterin ist zufriedener, weil sie mehr Verantwortung, eine anspruchsvollere Aufgabe, aber auch eine Möglichkeit zur beruflichen Weiterentwicklung hat.

Zufriedenheit steigt mit der Verantwortung

Das kann Christin Weinert nur bestätigen. Sie arbeitet als VERAH® in der Gemeinschaftspraxis von Dr. Susann Hennesthal und Dr. Gerburg Hildebrandt, Fachärztinnen für Innere Medizin in hausärztlicher Versorgung, im sächsischen Coswig nordwestlich von Dresden. “Es macht sehr zufrieden, mehr Verantwortung zu übernehmen”, sagt Weinert.

“Schwester Christin”, wie die Patienten sie nennen, unterstützt die Ärztinnen in der Praxis etwa bei der Betreuung von Patienten in DMP und bei Hausbesuchen. “Wir haben rund 120 Patienten, die regelmäßig zu Hause besucht werden müssen”, sagt Hennesthal. Je nach Jahreszeit und Krankheitswelle können es durchaus mehr sein. “Die Patienten sind sehr dankbar”, weiß sie.

Christin Weinert wechselt bei Hausbesuchen etwa Verbände, misst den Blutdruck und behält Heilungsprozesse im Blick. “Als vor kurzem ein Patient eine Hauttransplantation erhielt, habe ich die Wunde regelmäßig fotografiert”, berichtet sie.

So konnten die Ärztinnen den Heilungsprozess engmaschig verfolgen. Aber bei Auffälligkeiten ruft sie sofort eine der Ärztinnen an. “Wir entscheiden dann, wie es weitergeht”, sagt Hennesthal. Die Versorgungsassistentin hat nicht nur den körperlichen Zustand der Patienten im Blick, sondern auch das Umfeld.

“Sie sieht schon mal, wie der Kühlschrank aussieht, ob zum Beispiel ein Patient nichts isst”, sagt Hausärztin Hennesthal. So erfährt sie früh, wenn Handlungsbedarf besteht, etwa ein Pflegedienst eingeschaltet werden muss. “Die Tätigkeit der VERAH® ist eine große Entlastung”, sagt sie. Das sieht auch ihre Kollegin so.

Hildebrandt ist Anfang 2020 in die Praxis gekommen, vorher war sie in einer Klinik tätig und kannte das Modell VERAH® nicht. “Das war eine neue Erfahrung”, sagt sie. “Man kann sich auf sie verlassen und es ist jemand da, der bei Bedarf schnell mal nach dem Rechten sehen kann.”

Auch die Hausärztin Dr. Birgit Schilling-Maßmann aus dem westfälischen Tecklenburg möchte diese Erfahrung nicht missen. Sie praktiziert gemeinsam mit ihrem Mann in einer Landarztpraxis. Von den sieben Mitarbeiterinnen haben zwei eine VERAH®-Qualifizierung, eine dritte will sie in Kürze beginnen.

Als sich die Praxisgemeinschaft aus Schilling-Maßmanns Gemeinschaftspraxis und einer weiteren auflöste, waren auf einen Schlag nur noch zwei statt vier Ärzte tätig. “Da lag es nahe, genau zu schauen, wo Leistungen delegierbar sind”, berichtet Schilling-Maßmann.

In der Praxis übernehmen die VERAH® zum Beispiel Fußkontrollen bei Patienten mit Diabetes oder Wundversorgung. “Wir haben eine ältere Klientel, nicht jeder kann in die Praxis kommen”, sagt Schilling-Maßmann. Gerade viele dieser Patienten brauchen eine kontinuierliche Betreuung.

Die VERAH® kennen viele Patienten seit langem, manchmal vertrauen sie ihr mehr an als ihrem Hausarzt – trotz langer Verbundenheit. Die Gründe dafür sind vielfältig, Scham mag einer davon sein. “Sie erfahren manches, was wir Ärzte nicht erfahren”, sagt die Fachärztin für Allgemeinmedizin.

Das gewachsene Vertrauen und der gute Kontakt seien eine große Chance. Sieht eine VERAH® bei einem Hausbesuch, dass ein Patient raucht, kann sie ihm zum Beispiel Unterstützung bei der Entwöhnung anbieten.

Die Hausärztin schätzt nicht nur die Entlastung, die mit dem Einsatz der VERAH® verbunden ist. Ein großer Gewinn für sie sind die positiven Auswirkungen für die Zusammenarbeit in der Praxis. “Das Team ist zusammengewachsen”, berichtet sie.

Beruf gewinnt an Attraktivität

Auch in der Großstadt ist die Delegation von Leistungen sinnvoll. Die Berliner Gemeinschaftspraxis von Doris Höpner mit dreieinhalb Arztsitzen zum Beispiel beschäftigt zwei NäPa, Nichtärztliche Praxisassistentinnen. “Sie sind meine verlängerten Augen und Ohren”, sagt die Hausärztin, die als Dozentin selbst MFA weiterbildet.

Vor allem bei der Versorgung älterer Menschen, die alleine leben, hat sich der Einsatz bewährt. Nicht jeder dieser Patienten braucht eine häusliche Pflege – aber regelmäßige medizinische Kontrollen. “Hier können Aufgaben teilweise delegiert werden”, sagt sie. So ist engmaschige Betreuung möglich.

“Nebenbei kann die Seele gestreichelt werden, auch das ist wichtig”, sagt Höpner. Fällt den MFA bei den Hausbesuchen etwas Alarmierendes auf, wenden sie sich umgehend an die Ärztin. “Ich kann ihnen voll und ganz vertrauen”, sagt Höpner.

In der Praxis übernehmen sie vielfältige Aufgaben, etwa Blutabnahmen, die Wundversorgung oder Aufgaben bei Gesundheitschecks. “Das ist eine große Arbeitserleichterung für uns”, sagt sie. Auch die Mitarbeiterinnen profitieren davon, ihr Arbeitsalltag ist abwechslungsreicher.

“Sie fühlen sich wertiger”, sagt auch sie. Der Beruf der MFA gewinnt durch eine Weiterqualifikation deutlich an Attraktivität – nicht unwichtig, gerade in Zeiten, in denen nicht nur Hausärztinnen und -ärzte, sondern auch gute Mitarbeiter händeringend gesucht werden.

Nach Höpners Auffassung nicht gut geregelt ist die Abrechnung der NäPa seitens der KV. Die Hürden für eine Abrechnung mit der KV liegen in Berlin so hoch, dass Hausbesuche in der Regel nicht abgerechnet werden können. Auch in Bayern ist die Abrechnung über die KV schwierig.

“Die Zugangskriterien und Abrechnungsmöglichkeiten sind im KV-System sehr bürokratisch”, findet auch Dr. Markus Beier. Sind Patienten in Verträge zur Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) eingeschrieben, sei die Abrechnung dagegen unproblematisch.

In der HZV bekommen die Praxen Pauschalen, denn hier wurde erkannt, wie sinnvoll die Entlastung des Arztes ist. Beier geht davon aus, dass inzwischen rund 30 Prozent aller Hausarztpraxen in Bayern eine VERAH® beschäftigen; bei den Praxen, die bei der HZV mitmachen, geht er von etwa 50 Prozent aus. “Ich würde mir wünschen, dass sich auch die anderen dafür entscheiden”, sagt er.

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