Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) will offenbar die Patientensteuerung und -koordination auch an Fachärzte übertragen. In diesem Zusammenhang hat die Arbeitsgruppe „Fachärztlicher Versorgungsauftrag“ des Beratenden Fachausschusses Fachärzte der KBV einen Entwurf zu einer neuen Anlage 5a des Bundesmantelvertrages vorgelegt. Diese Anlage 5a führt sachlich-inhaltlich in die Irre und ist anders als behauptet, nicht mit dem Sozialrecht vereinbar.
Fehlende gesetzliche Grundlage
Gesetzlich beschreibt Paragraf 73 SGB V (Kassenärztliche Versorgung) die vertragsärztliche Versorgung insgesamt. Als ein Teil der vertragsärztlichen Versorgung wird dort die hausärztliche Versorgung definiert. Und zwar insbesondere auf Basis der in der Weiterbildung Allgemeinmedizin erlernten Kompetenzen. Dies ist die gesetzliche Grundlage für die Anlage 5 Bundesmantelvertrag. Obwohl es im Gegensatz zur hausärztlichen Versorgung im SGB V keinerlei Beschreibung der Inhalte der fachärztlichen Versorgung gibt, wird im Entwurf der Anlage 5a dieser Eindruck fälschlicherweise erweckt. Richtig ist vielmehr: Die aufgezählten Inhalte beziehen sich nicht auf die „fachärztliche Versorgung“ im Besonderen, sondern auf die „vertragsärztliche Versorgung“ insgesamt – also einschließlich der hausärztlichen Versorgung. Unklar bleibt, ob es sich im Entwurf der Anlage 5a nur um einen Übertragungsfehler handelt oder ob ganz bewusst falsch zitiert wird, was eine Täuschungsabsicht nahelegen würde.
Keine zwei Facharzt-Ebenen
Darüber hinaus wird im Entwurf behauptet, Paragraf 73 Absatz 1 SGB V definiere, dass die fachärztliche Versorgung in eine „fachärztliche Grundversorgung“ und eine „weitergehende fachärztliche Versorgung“ unterschieden werde. Auch diese Aussage ist irreführend und falsch. Richtig ist hingegen: Es gibt weder eine Definition der fachärztlichen Versorgung im SGB V noch daraus abgeleitet eine Differenzierung in die genannten zwei Ebenen.
Keine entsprechende Weiterbildung
Aufbauend auf diesen unzutreffenden Bezügen zu Paragraf 73, entwirft das Papier eine Beschreibung der sogenannten „fachärztlichen Grundversorgung“, die weder durch das Sozialrecht noch durch das Weiterbildungsrecht gedeckt ist. Mit dem Entwurf der Anlage 5a wird also versucht, aus berufspolitischen Interessen die Grenze zwischen hausärztlicher und fachärztlicher Versorgung zu verwischen. Deutlich wird dies durch die Tatsache, dass die Aufgaben der „fachärztlichen Grundversorgung“ aus dem Hausärztlichen Versorgungsauftrag (der Anlage 5) entnommen wurden!
So ist die Rede von „Einbeziehung des sozialen Umfeldes“, „Koordinierungsleistungen“ oder „Zusammenführung von Patientendaten“ – ohne, dass dies im Rahmen der Weiterbildung erlernt wurde. Daher ist davon auszugehen, dass Fachärzte außerhalb ihres jeweiligen Fachgebiets tätig würden, wenn sie die in Anlage 5a beschriebenen Tätigkeiten übernähmen. Dies wäre mit dem geltenden Recht nicht vereinbar.
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