Der kommenden Woche des Deutschen Ärztetages in Hamburg blicken viele Ärzte mit Sorge entgegen. Denn ihre mächtigsten Interessenvertretungen auf Bundesebene, Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Bundesärztekammer (BÄK), fahren derzeit beide durch sehr unruhige Gewässer.
Gerade die KBV und ihre Delegierten haben viel Arbeit vor sich, müssen sie doch am Montag bei der traditionellen KBV-Vertreterversammlung weitreichende Beschlüsse treffen. Tun sie dies nicht, will Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) einen Staatskommissar einsetzen, der die KBV überwacht. Dieser Beauftragte der Regierung würde an den Platz von Vorstand und Vertreterversammlung übernehmen.
Das Ministerium fordert von der KBV, die Unregelmäßigkeiten um den ehemaligen KBV-Vorsitzenden Dr. Andreas Köhler und die Beteiligungen an den Immobilien in der Wegelystraße zu klären. Im Interview mit dem hauseigenen Video-Kanal „kv-on“ zeigte sich KBV-Vorsitzender Dr. Andreas Gassen zu Beginn dieser Woche „sehr zuversichtlich, dass die Beschlüsse entsprechend getroffen werden“. Hierzu diskutieren die KBV-Delegierten am Montag hinter verschlossenen Türen. Gassen: „Ich habe keine wirkliche Sorge, dass der Staatskommissar wirklich in die KBV kommt.“
Zudem sollen die KBV-Delegierten Beschlüsse zum Konzept der Patientensteuerung fassen. Ein hoch brisanter Plan, schlägt die KBV doch vor, dass auch Spezialisten als erste Anlaufstelle für Patienten dienen könnten – und damit die Koordinierung im System übernehmen. Der Deutsche Hausärzteverband sieht darin die Gefahr, dass sich die Versorgung der Patienten qualitativ verschlechtern könnte, da nur Hausärzte auch für diese Koordinierung weitergebildet sind.
Deutscher Ärztetag stellt sich GOÄ-Debatte
Auch die BÄK-Spitze geht beim bevorstehenden Ärztetag knifflige Themen an. So muss Präsident Prof. Frank Ulrich Montgomery in der Diskussion um die GOÄ-Reform erklären, wie die Novelle auf der Zielgeraden doch noch gestoppt wurde. Kritisiert wurde etwa, dass die Bundesärztekammer nicht genug Ressourcen habe, um die Bewertungen der Abrechnungspositionen abschätzen und prüfen zu können. Auch ist Chef-Verhandler Dr. Theodor Windhorst zurückgetreten, die weiteren Gespräche wird nun Montgomery selbst übernehmen.
Unterstützt wird er vom neuen Vorsitzenden des Gebührenausschusses Dr. Klaus Reinhardt. Nun sollen auch noch einmal der bisherige Kompromiss auf den Prüfstand, etwa die Änderungen der Bundesärzteordnung und der Paragrafenteil.
Darüber hinaus hat die BÄK die Versorgung von Flüchtlingen als Thema auf die Tagesordnung gesetzt. Hier gibt es vor allem noch Mängel bei der Dokumentation und dem Übergang von der einen in die andere Versorgungsebene, etwa von Erstaufnahmeeinrichtungen in die ambulante Versorgung, wenn Flüchtlinge auf die Kommunen verteilt sind. Das kritisieren Prof. Martin Scherer vom UKE Hamburg und Prof. Joachim Szecsenyi vom Uniklinikum Heidelberg, wie sie im Gespräch mit „Der Hausarzt“ deutlich machen.
Wir berichten live von KBV-VV und Deutschem Ärztetag auf twitter unter dem #daet16 und facebook.