Erfurt. Der Deutsche Ärztetag hat die Bundesärztekammer (BÄK) beauftragt, den begonnenen Prozess einer Reform der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) fortzusetzen und „unter Berücksichtigung der Eingaben der eingebundenen Verbände und Fachgesellschaften” abzuschließen. Das haben die Delegierten am Mittwoch (9. Mai) in entsprechenden Anträgen in Erfurt abgestimmt. Als angestrebter Preiseffekt – ohne patienten- und morbiditätsbedingte Effekte – der neuen GOÄ werden laut Antrag mindestens 5,8 Prozent (+/- 0,6%) angenommen.
Darüber hinaus wurden Anträge – insgesamt mehr als ein Dutzend zum Tagesordnungspunkt GOÄ-neu – zur Vergütung der Leichenschau abgestimmt. Bundesregierung und Bundesrat werden demnach aufgefordert, die Vergütung der Leichenschau vorzeitig umzusetzen. „Eine qualifizierte Leichenschau und Todesfeststellung ist unter den derzeitigen Honorarbedingungen nicht möglich”, heißt es zur Begründung. So solle die BÄK unabhängig von einer Novellierung der GOÄ umgehend auf eine zeitnahe Erhöhung der Vergütung der ärztlichen Leichenschau (GOP 100 GOÄ) hinwirken.
Erschwerte Bedingungen, etwa durch die besondere Auffindesituation des Leichnams oder der Zeitpunkt der Leichenschau, seien zu berücksichtigen.
Politischer Prozess setzt großes Fragezeichen
Ein Großteil der Aufgaben, die der Deutsche Ärztetag in Freiburg im vergangenen Jahr beauftragt hatte, seien abgearbeitet worden, berichtete GOÄ-Verhandlungsführer Dr. Klaus Reinhardt vor den Delegierten. Verschiedene Baustellen müssten jedoch geschoben werden, da der politische Prozess abzuwarten bleibt.
So haben Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag das Einsetzen einer Kommission festgehalten, die Möglichkeiten einer gemeinsamen Gebührenordnung für gesetzliche und private Krankenkassen erörtern soll. Die Angleichung der Arzthonorare für gesetzlich und privat Versicherte war einer der letzten Streitpunkte in den Koalitionsverhandlungen und zentrales Anliegen der SPD. Ob der Vorschlag der Kommission auch umgesetzt wird, ist laut Koalitionsvertrag explizit nicht festgehalten.
Wie Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zur Reform der GOÄ steht, haben die Delegierten dabei unterschiedlich interpretiert, wie in der Diskussion am Mittwochmittag deutlich wurde. „Wir sollten nicht weiter Geld und Manpower verbrennen, um am Ende eine Absage zu bekommen”, meinte dabei etwa Dr. Joachim Suder (Baden-Württemberg). Er habe Spahns Aussagen bei der Eröffnung des Ärztetages am Dienstag so verstanden, dass es unter ihm als Minister nicht zu einer neuen GOÄ kommen wird. Dr. Tilman Kaethner (Niedersachsen) sieht das anders: Er plädierte dafür, so viel wie möglich für den Runden Tisch der Groko vorzuarbeiten – so habe er bei Spahn durchaus Offenheit herausgehört.
Nicht alles hängt am Ministerium
Rudolf Henke, Vorsitzender des Marburger Bundes (MB), hat mit einer Erinnerung an das politische Prozedere den Blick geschärft. Die GOÄ-Reform sei potenziell eine Verordnung der Regierung, federführend angesiedelt beim Bundesgesundheitsministerium. Wenn das Bundeskabinett die nunmehr fünfte Änderung verabschieden würde, dann sei es immer noch zustimmungspflichtig im Bundesrat abzustimmen, erinnerte Henke. „Also brauchen wir nicht nur einen politischen Willen an der Spitze des Ministeriums, sondern auch innerhalb der Regierung.” So gelte es etwa auch, Zustimmung bei den Länderfinanzministern aller politischen Farben zu erzeugen.
GOÄ-Verhandlungsführer Reinhardt präsentierte sich dabei zuversichtlich. „Alles, was wir tun, müssen wir transparent zu Ende führen und die PKV mit einbeziehen.” Der Prozess müsse so angelegt sein, dass letztlich kein weiterer Diskussionsbedarf bestehen wird. Alles in allem, so Reinhardt, sei er „noch nicht völlig desillusioniert”.
Jens Wagenknecht, Delegierter und aktiv im Deutschen Hausärzteverband, erinnerte in seinem Beitrag an die Wichtigkeit einer neuen GOÄ für die Nachwuchs-Gewinnung. Den EBM in seiner aktuellen Form zu erklären, sei ein abschreckendes Beispiel.