Gerangel um den PSA-Wert
Der Prostatakrebs ist die häufigste Tumorerkrankung und die zweithäufigste Todesursache bei Männern. Nach den Worten von Prof. Dr. Hajo Zeeb, Leiter der Abteilung Prävention und Evaluation am Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen, lassen sich in Deutschland jährlich 58.000 Neuerkrankungen verzeichnen.
Afroamerikanische Männer haben laut Prof. Zeeb weltweit das höchste Erkrankungsrisiko. Weitere Risikofaktoren sind Rauchen, steigendes Alter sowie genetische Veranlagung.
Ein Eckpfeiler bei der Früherkennung von Prostatakrebs ist die Bestimmung des PSA-Werts. Seine Relevanz und entsprechend die Erstattungsfähigkeit wird jedoch durch das negative Votum des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zum “Prostatakrebsscreening mittels PSA-Test” angefochten.
Die DGU und ihre Mitglieder wie Prof. Dr. Manfred Wirth, Direktor der Klinik für Urologie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, halten dennoch an der enormen Bedeutung des PSA-Werts fest: “PSA ist zur Früherkennung effektiv”, so Prof. Wirth auf dem 72. DGU-Kongress.
Mit Spannung wird deshalb allseits der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über die Erstattungsfähigkeit der Beratung, Aufklärung und des PSA-Tests Ende November diesen Jahres entgegen gesehen. Sie könnte das Gerangel beenden. Der medizinische Nutzen des risikoadaptiert eingesetzten PSA-Tests bleibt ungeachtet der G-BA-Entscheidung unbestritten – soweit die DGU bereits jetzt.
Was hat der Klimawandel mit Urologie zu tun?
Eine ganze Menge, denn die Folgen des Klimawandels erhöhen laut Prof. Rassweiler auch die Risiken für urologische Erkrankungen: “Verschiedene klimasensible Erkrankungen werden in unserem Alltag vermehrt zu erwarten sein”. Im Fokus stehen temperaturbedingte Nierenerkrankungen.
Die Nieren schützen vor hitzebedingten Folgen, sind jedoch zugleich selbst Zielorgan hitzeassoziierter Schäden. “Das Spektrum reicht von akuter Nierenschädigung über mehr Nierensteine und Harnwegsinfekte bis hin zur chronischen Nierenschädigung”, warnt Prof. Dr. Ralph Kettritz, Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie an der Charité in Berlin.
Als weitere Auswirkung steigender Umgebungstemperaturen ist zudem eine Beeinträchtigung der männlichen Zeugungsfähigkeit denkbar, da Hitze die Qualität der Spermien vermindert.
Harnsteinerkrankungen auf dem Vormarsch
Sie sind zu Volkskrankheiten avanciert und der häufigste Anlass für eine urologische Notfalleinweisung: “Etwa jeder zehnte Deutsche wird zumindest einmal in seinem Leben einen Stein bilden”, so Prof. Dr. Thomas Knoll aus der Steuerungsgruppe der “S2K-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe der Urolithiasis” der DGU.
Männer sind häufiger betroffen als Frauen, der Altersgipfel liegt im fünften und sechsten Lebensjahrzehnt.
Ursachen für die stetig steigende Inzidenz an Harnsteinerkrankungen in Deutschland und anderen westlichen Industrienationen sind Übergewicht und Fettleibigkeit, Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung und nicht zuletzt die Zunahme an Diabetes mellitus – laut Prof. Knoll ein relevanter Risikofaktor für die Bildung von Harnsteinen.
Angesichts der Häufigkeit und Brisanz von Harnsteinerkrankungen waren die aktuellen Entwicklungen bei deren Diagnostik, Therapie und Prävention selbstverständlich auch Thema des Kongresses. So wurden erste Ergebnisse eines neuen Lasersystems und einer innovativen hochfrequenten Stoßwelle zur Zertrümmerung der Steine vorgestellt.
Regelversorgung unter Corona?
Urologische Kliniken und Praxen haben im Frühjahr ihre Regelversorgung auf das medizinisch Notwendigste heruntergefahren, um Kapazitäten für COVID-19-Patienten frei zu halten und Krankenhäuser zu entlasten.
Nun ist dringend ein strukturierter Plan für die künftige Regelversorgung unter Corona nötig, so Dr. Axel Schroeder, Präsident des Berufsverbands der Deutschen Urologen (BvDU) e.V.: “Die Patienten sind weiter verunsichert und scheuen aus Sorge vor Ansteckung Arztbesuche und Klinikaufenthalte”. Damit werden Früherkennungsmaßnahmen viel weniger in Anspruch genommen.
Laut Dr. Schroeder “sehr besorgniserregend”.