Berlin. Blutdruck sollte zweimal kurz hintereinander gemessen werden, um realistische Werte zu erhalten. Daran hat die Deutsche Hochdruckliga (DHL) anlässlich das sogenannten Welt-Hypertonie-Tags am Donnerstag (17.5.) erinnert. Mit wenigen Tricks lässt sich sogar die Blutdruckmessung in der Arztpraxis verbessern.
Die Blutdruckmessung beim Arzt sei zwar weltweiter Standard, werde aber „oft nicht richtig durchgeführt“, sagte Prof. Bernd Sanner, Kardiologe und Chefarzt am Agaplesion Bethesda Krankenhaus in Wuppertal, bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Berlin. Sein Kollege, Prof. Joachim Weil aus Lübeck, bezeichnete es gar als „wahnsinnig schwer, Blutdruck gut zu messen“. Es gebe „echten Nachholbedarf, korrekt zu messen“.
Die Probleme sind bekannt: Weißkittelhypertonie und „maskierter“ Bluthochdruck. Während die einen Patienten (nur) in der Arztpraxis erhöhte Werte haben, geht bei den anderen der Druck während des Arztbesuchs in den Keller, obwohl er sonst eigentlich hyperton ist. Sanner: „Die Gelegenheitsmessung beim Arzt ist das ungenaueste Messverfahren.“
ABDM erkennt Risiko präsizer
Anhand der gemessenen Werte ließen sich die kardiovaskulären Risiken „am schlechtesten“ vorhersagen. Besser sei die Selbstmessung durch die Patienten mittels geprüfter Geräte. Goldstandard sei jedoch die 24-Stunden-Messung, auch ambulantes Blutdruck-Monitoring (ABDM) genannt.
Gerade erst hat ein spanisches Forscherteam anhand von Registerdaten zeigen können, dass die ABDM sehr viel genauer das Risiko kardiovaskulärer Mortalität abschätzen kann als die Blutdruckmessung in der Klinik (N Engl J Med 2018; 378:1509-1520).
Laut dem Lübecker Kardiologen Weil hat gerade auch die SPRINT-Studie (N Engl J Med 2015; 373:2103-2116) gezeigt, wie sehr die Messart Einfluss auf die ermittelten Werte hat. Dort waren bekanntlich niedrigere Blutdruckwerte angestrebt und verglichen zur Routinemessung um im Mittel 12,7 mmHg systolisch auch deutlich niedrigere Werte erreicht worden. Die Studie hat zu einer bis heute währenden Diskussion über Norm- und Zielwerte geführt.
Zweite Messung verhindert Übertherapie
In SPRINT kam eine automatisierte Selbstmessung zum Einsatz. Ohne Anwesenheit von Ärzten und Pflegekräften saßen die Patienten alleine mit dem – korrekt angelegten – Messgerät in einem Raum. Nach fünf Minuten Ruhephase erfolgten mit kurzen Abständen drei automatisierte Messungen.
Und selbst die schon einmal wiederholte Blutdruckmessung in der Arztpraxis liefert bereits niedrigere Werte – mit therapeutischen Konsequenzen. Das haben jüngst Internisten und Familienmediziner aus Cleveland im US-Bundesstaat Ohio zeigen können (JAMA Intern Med 2018; doi: 10.1001/jamainternmed.2018.0315). Bei den rund 26.000 Hypertoniepatienten war durch die wiederholte Messung der systolische Blutdruck um im Mittel acht mmHg niedriger als initial.
Nach der zweiten Messung war rund jeder dritte Patient (36 Prozent) mit einem Mal im Normbereich von unter 140/90 mmHg – nachdem sie zuvor noch darüber lagen. Die Daten der US-Ärzte zeigen auch die Relevanz für die Behandlung: Denn schlicht durch die wiederholte Messung (mit letztlich niedrigeren Werten) galten absolut zwölf Prozent mehr Patienten (73 vs. 61 Prozent) als „richtig eingestellt“. Ohne die wiederholte Messung wäre bei ihnen womöglich die antihypertensive Therapie eskaliert worden.
Beispiel für die Praxis nehmen
Der Internist Prof. Robert Baron aus San Francisco fordert in einem begleitenden Editorial (JAMA Intern Med 2018; doi: 10.1001/jamainternmed.2018.0311) denn auch, ähnliche Messverfahren in Arztpraxen einzusetzen. Beispielsweise könnte die automatisierte Selbstmessung in separaten Ordinationsräumen durchgeführt werden. Und initial erhöhte Blutdruckwerte sollten durch eine zweite Messung überprüft werden.
Auch die Deutsche Hochdruckliga empfiehlt die wiederholte Messung und rät dazu, den zweiten, oftmals niedrigeren Wert zu verwenden. Bei Patienten mit Arrhythmien sollte aus drei im Minutenabstand folgenden Messungen ein Durchschnittswert ermittelt werden.
Der Welt-Hypertonie-Tag geht auf die World Hypertension League zurück und soll das Bewusstsein um den eigenen Blutdruck fördern. In Deutschland wird er von der Deutschen Hochdruckliga unterstützt.