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Hausarzt MedizinDiagnose Krebs: Wie der Hausarzt helfen kann

Sobald ein Patient mit der Diagnose Krebs konfrontiert wird, ist diese sein stetiger Begleiter. Sie haben Angst vor der Erkrankung und ihren Folgen, Angst vor der Therapie, vor Schmerzen, vor Hilflosigkeit, Leiden und Sterben. Zur bestmöglichen Betreuung onkologischer Patienten kann der Hausarzt viel beitragen [1].

Krebserkrankungen sind nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen derzeit die zweithäufigste Todesursache und sie werden in absehbarer Zeit zweifellos an der Spitze der Mortalitätsursachen stehen. Viele Krebspatienten können nach wie vor nicht geheilt werden und müssen lernen, mit ihrer Erkrankung zu leben – sie werden zu chronisch Kranken.

Krebs ist eine Erkrankung, die ein indivi­duelles Vorgehen und individuelle Lösungen erfordert und für die verschiedene Blickwinkel erforderlich sind, um zu begreifen, dass die Erkrankung den Betroffenen nicht nur körperlich unerbittlich schädigt, sondern auch seelisch, emotional und sozial. Für den betreuenden Arzt bedeutet das, die ­diagnostischen und therapeutischen Ansätze genau abzuwägen und in der medizinischen Behandlung auch die psychosoziale Situation­ und die Lebensqualität des Patienten zu berücksichtigen.

Die wissenschaftliche Medizin

Um an Krebs erkrankten Patienten die bestmögliche Behandlung zukommen zu lassen, ist die Ausschöpfung sämtlicher Therapie­möglichkeiten unabdingbar. Die Mechanismen der Entstehung maligner Tumoren und hämatologischer Neoplasien sind Gegenstand intensiver Forschung. In allen Bereichen der Onkologie wird stetig an maßgeschneiderten und verträglichen Therapien gearbeitet.

Zwischenzeitlich ist es in der ­onkologischen Therapie Standard, dass die Behandlung nicht mehr „unimodal“, also mit einem einzelnen therapeutischen Vorgehen erfolgt, sondern dass Therapiebausteine verschiedener Fachdisziplinen miteinander kombiniert werden. Diese multimodale Behandlung von Krebserkrankungen hat sich durch die intensive Weiterentwicklung von Therapiekonzepten in den letzten zwei Jahrzehnten bei den meisten Tumorentitäten durchgesetzt.

Fruher ging es nur um die Frage, ob der Tumor chirurgisch technisch entfernbar ist. Heute wissen wir, dass eine alleinige Entfernung des Tumors durch den Chirurgen häufig nur im Fruhstadium der Erkrankung möglich ist. Immer wenn die Tumorerkrankung weiter fortgeschritten ist, sind die Aussichten des Patienten auf eine definitive Heilung viel besser, wenn der Patient zusätzlich zur operativen Therapie mit einer je nach Tumor unterschiedlichen Chemo- und/oder Strahlentherapie behandelt wird. Wichtig ist dabei nicht nur, welche Art der begleitenden Chemo- oder Radiochemotherapie eingesetzt wird, sondern auch deren zeitliche Abfolge im Bezug zur Operation.

Das macht es für den behandelnden Hausarzt mitunter sehr schwierig, den Überblick zu wahren. Darüber hinaus sollte der betreuende Hausarzt wissenschaftlich „up to date“ sein, damit er seinen betroffenen Patienten die verschiedenen Therapieoptionen sowie deren Vor- und Nachteile entsprechend erläutern kann.

Die moderne Onkologie ist eine interdisziplinäre Onkologie und damit auf die Zusammenarbeit aller Fachärzte und Berufsgruppen im Gesundheitswesen angewiesen. Bestmögliche Betreuung bedeutet in diesem Zusammenhang auch der Terminus „Integrative Medizin“, die Kombination von konventioneller und komplementärer Medizin.

Komplementärmedizin

Mehr als 60 Prozent der Tumorpatienten nutzen unkonventionelle Verfahren und Heilmittel, oftmals ohne Wissen der behandelnden Ärzte [2]. Ungefähr 75 Prozent aller Bundesbürger wenden Naturheilmittel an [3]. In der Aachener Feldstudie „Mammakarzinom“ nutzten über 84 Prozent der befragten Brustkrebspatientinnen Therapien­ der Komplementärmedizin [4]. In einer Studie, welche die Gründe für den Gebrauch der Komplementärmedizin erschließen sollte, wurden vor allem die „Erhaltung der eigenen Stärke“ und „Etwas für sich selbst tun können“ ermittelt [5]. Hinter diesen nüchternen wissenschaftlichen Zahlen verbergen sich einmal mehr menschliche Tragödien verzweifelter Patienten in existenziellen Krisen.

Bei Tumorerkrankungen liegen in der Regel klare, standardisierte Behandlungsrichtlinien vor, die wenig Raum für Entscheidungsunsicherheiten lassen. Beim Vorliegen eines solchen kurativen Therapiekonzepts wird mit multimodalen, häufig einschneidenden und besonders belastenden Therapieverfahren versucht, den Patienten von seiner Tumorerkrankung zu heilen. Hierbei werden mitunter erhebliche Nebenwirkungen der Therapie in Kauf genommen, um die Heilungschancen zu verbessern.

Lebensqualität

Die Lebensqualität hat für an einem ­Tumor erkrankte Menschen eine ganz andere Güte als für Gesunde. Eine mit der onkologischen Therapie verbundene Einschränkung der Lebensqualität, teilweise auch bleibende Therapiefolgen, werden vom Patienten meistens ertragen, so lange die definitive Heilung erreichbar scheint. Durch die Tumorerkrankung, vor allem aber auch durch Operation, Bestrahlung und Chemotherapie werden die Patienten in ihrer Lebensqualität erheblich eingeschränkt und durch die lebensbedrohliche Diagnose besteht darüber hinaus eine erhebliche psychische Belastung. In der konventionellen Behandlung geht es vorrangig um die „wissenschaftlich-­onkologische“ Therapie von Tumor und Metastasen; Aspekte der Lebensqualität und psychischen Belastung hingegen werden zuweilen ausgeklammert.

Eine Einschränkung der Lebensqualität durch eine onkologische Behandlung führt beispielsweise immer wieder dazu, dass Krebspatienten ihre Chemotherapie oder die Strahlenbehandlung nicht weiterführen, auch wenn in der Konsequenz die Überlebenszeit durch den Therapieabbruch vermindert wird.

Eine qualitativ gute Patientenversorgung muss deshalb neben einer leitliniengerechten onkologischen Therapie auch die Linderung therapiebedingter Leiden garantieren. Die Lebensqualität der Patienten ist in diesem Kontext von wesentlicher Bedeutung, da durch ihre Verbesserung eine positive Rückwirkung auf den Krankheitsverlauf und die Weiterführung der onkologischen Behandlung erwartet werden kann. Ziel einer modernen Onkologie darf deshalb nicht nur die Behandlung der Krebserkrankung selbst sein, sondern sie muss auch die optimale Kompensation negativer Krankheits- und Therapiefolgen, die psychische Stabilisierung und die bestmögliche Lebensqualität umfassen.

Auch für die Komplementärmedizin ist die korrekte Diagnose essenziell, da sich nur aus dieser heraus der Stellenwert einer komplementärmedizinischen Behandlung ergibt. Es gilt, dem Patienten aufmerksam zuzuhören und alle vorliegenden Befunde und Bilder (Röntgen, MRT, CT etc.), die Ergebnisse der histologischen Untersuchung, die Tumorklassifikation und die aktuellen therapeutischen Strategien zu bewerten.

Betreuung beim Hausarzt

Ein onkologischer Patient wird regelmäßig über viele Monate mit der Praxis in engem Kontakt stehen und dort viel Zeit verbringen. Guter Service und hilfsbereites Personal gehören ebenso zu ­einer optimalen Versorgung wie entsprechend ausgerichtete Praxisräume, vielfältige Informationsmaterialien,­ kommunikativ ­geschulte Mitarbeiter und den verlässlich ­begleitenden Arzt [6].

Jede Arztpraxis ist immer nur so gut und leistungsfähig, wie der gesamte ­Apparat funktioniert. Ein optimal organisiertes Anmeldeverfahren muss ­sicherstellen, dass alle erforderlichen Unterlagen rechtzeitig vorliegen und dass auch das Personal fachlich zuverlässig Auskünfte einschätzen und verantwortungsvoll handhaben kann. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Therapiemaßnahmen und den Zeitaufwand für Erst- und Folgegespräche müssen die Termine entsprechend eingeplant werden. Vom Praxisteam sollte immer ausreichend Zeit für das ärztliche Gespräch eingeplant und äußere Störungen vermieden werden. Bei der Versorgung der Patienten stehen kurzfristige Termine im Falle akuter Probleme jederzeit zur Verfügung. Termine zur Therapie oder zur Verlaufskontrolle werden ebenfalls verlässlich berücksichtigt.

Sowohl der behandelnde Arzt als auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Praxis müssen die Kontinuität der komplexen Behandlung und die Einhaltung der festgelegten Therapieschemata jederzeit gewährleisten. Damit die onkologische Betreuung in der Hausarztpraxis jedoch nicht vom Zufall geleitet wird, sollten eindeutige und für das Praxisteam verbindliche Regeln festgelegt werden die für Transparenz, Klarheit und Verbindlichkeit sorgen.

Für Sie als behandelnden Arzt ist es besonders wichtig, ihren Patienten als „Verbündeten“ für die vorgesehene Behandlung – ob schulmedizinisch oder naturheilkundlich – zu gewinnen.

Eine integrative onkologische Betreuung hat immer den ganzen Menschen im Blick und berücksichtigt und kombiniert schul- und komplementärmedizinische Verfahren. Das bedeutet, der Patient muss jeden ihrer diagnostischen und therapeutischen Schritte verstehen und jederzeit nachvollziehen können. Die Patienten können diese ungeheure Belastung nach einer Krebsdia­gnose besser bewältigen, wenn sie einen Arzt haben, der ihnen aufmerksam zuhört und der sie auf ihrem beschwerlichen Weg an „seine Hand“ nimmt.

Fazit

  • Der Hausarzt hat eine Schlüsselrolle bei der onkologischen Betreuung seiner Patienten. Im Sinn einer interdisziplinären Zusammenarbeit ist er in die onkologische Behandlung mit eingebunden.

  • Die moderne Onkologie ist ein rasch wachsendes Fach. Es ist eine große Herausforderung, den Überblick zu wahren.

  • Die Nachfrage seitens der Patienten nach Komplementärmedizin ist groß.

  • Die Minderung von Nebenwirkungen der onkologischen Therapie und die Steigerung der Lebensqualität sind der häufigste Grund für den Einsatz komplementärmedizinischer Methoden.

Mögliche Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.

Literatur

  • 1 Hübner J. Onkologie interdisziplinär – evidenzbasiert, integrativ, patientenzentriert. Stuttgart: Schattauer 2014.

  • 2 Huber R, Michalsen A et al: Checkliste Komplemetärmedizin. Stuttgart: Haug-Verlag 2014

  • 3 Beuth J. Integrative Onkologie. Therapieoptimierung durch komplementäre Maßnahmen. Dtsch Z Integr Onkol 2004; 1: 6-11

  • 4 Kroll G, Breuer E et al. Qualitätssicherung bei Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms. Köln: Deutscher Ärzteverlag 2005

  • 5 Paul M, Davey B et al. Patients with advanced cancer and their usage of complementary and alternative medicine. J Cancer Res Clin Oncol 2013; 139 (9): 1515-22

  • 6 Dörner K. Der gute Arzt. Lehrbuch der ärztlichen Grundhaltung. 2., überarbeitete Auflage. Stuttgart: Schattauer 2003

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