Beim Erkennen einer Krebserkrankung kommt Hausärztinnen und Hausärzten eine Schlüsselrolle zu. Das kann durchaus herausfordernd sein. In manchen Fällen gibt es erhebliche Verzögerungen zwischen dem ersten Arztbesuch und der weiteren Abklärung.
Eine europäische Studie ist der Frage nachgegangen, welche Faktoren hierfür verantwortlich sein könnten: In einer Online-Befragung gaben 158 Hausärztinnen und Hausärzte aus 23 Ländern Auskunft über Fälle, in denen eine Krebsdiagnose erst verspätet gestellt worden war, und nannten mögliche Gründe. Sechs Problemfelder kristallisierten sich heraus:
- Die beschriebenen Symptome deuteten nicht auf Krebs hin, wurden beispielsweise eher als typisch für eine andere Erkrankung gesehen.
- Die Umstände lenkten vom Krebsverdacht ab, etwa weil Laborbefunde unauffällig waren, die Beschwerden sich wieder besserten, so ähnlich schon früher bestanden hatten oder von einer anderen Erkrankung überlagert waren.
- Die Betroffenen zögerten aus verschiedenen Gründen Arztbesuche oder vorgeschlagene diagnostische Verfahren, etwa eine Röntgenuntersuchung, hinaus.
- Es gab Probleme seitens des Gesundheitssystems, beispielsweise (zu) lange Wartezeiten für einen Termin beim Spezialisten oder unklare Zuständigkeiten.
- In der Hausarztpraxis wurde fehlerhaft agiert, zum Beispiel auffällige Laborbefunde übersehen, weitere Untersuchungen unterlassen, Kontrollen vergessen.
- Kommunikationsprobleme im Arzt-Patient-Gespräch oder interdisziplinär (z. B. versteckt geäußerter Metastasenverdacht im Radiologie-bericht) verzögerten die Abklärung.
Fazit für die Praxis: Die Identifikation derartiger Hindernisse, die einer frühzeitigen Krebsdiagnose im Weg stehen können, ist nur ein erster Schritt. Die Autoren schlagen beispielsweise krebsspezifische Schulungen im hausärztlichen Bereich und Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch vor, wünschen sich aber auch Maßnahmen gegen hohe Arbeitsbelastung, Termindruck und Kommunikationsprobleme.
Quelle: doi 10.3399/BJGPO.2023.0029