Von der Einzelpraxis zum Arbeiten im Team: Dieser Wandel macht auch vor der Hausarztpraxis keinen Halt. Der Bedarf an Hausärzten wächst, für die Zukunft müssen daher Ideen entwickelt werden, wie die hausärztliche Versorgung im interprofessionellen Team funktionieren kann. Nach einer halbstündigen Debatte haben die Delegierten des Deutschen Ärztetags mit großer Mehrheit die Bundesärztekammer (BÄK) aufgefordert, ein Konzept sowie ein Positionspapier zu erarbeiten, wie Hausärzte und andere Gesundheitsberufe, etwa Medizinische Fachangestellte, Physiotherapeuten oder Logopäden, in einem Praxisteam unter Leitung der Hausärzte zusammenarbeiten können.
Praxen breiter aufstellen
Dies sei eine „wegweisende Möglichkeit, die Praxisstrukturen breiter aufzustellen”, heißt es im Beschluss. Das Konzept könne zum Beispiel aus der Feder der Akademie für Allgemeinmedizin kommen, schlug Allgemeinmediziner und BÄK-Vize Dr. Max Kaplan vor. Hausärzte-Chef Ulrich Weigeldt wertet die Abstimmung der Delegierten auch als Bekenntnis zur Stärkung der primärärztlichen Versorgung, auch wenn dies so nicht wortwörtlich im Beschluss steht, wie er im Video-Interview mit „Der Hausarzt” sagt.Das Konzept soll sich an folgenden Leitgedanken orientieren:
- „eine stärkere Ausrichtung der hausärztlichen Versorgung, unter Berücksichtigung des bisherigen Behandlungsspektrums, auf die Betreuung und Behandlung chronisch kranker Patientinnen und Patienten sowie auf Prävention und Rehabilitation,
- Einbindung anderer Berufsgruppen in die Praxisteams in den Hausarztpraxen,
- Weiterentwicklung intra- und interprofessioneller regionaler Versorgungsstrukturen, einschließlich einer sektorenübergreifenden Versorgung,
- Kooperation mit regionalen Strukturen der Gesundheits-, Pflege- und Sozialberatung, –Integration von E-Health- und telemedizinischer Strukturen in die Versorgung,
- Förderung der Gesundheitskompetenz der Patienten und ihres sozialen Umfeldes,
- Anpassung der Vergütungsstruktur an die veränderten Versorgungskonzepte.”
Vorausgegangen war der erfolgreichen Abstimmung trotz des späten Nachmittags eine heiße Diskussion, in der letztlich zahlreiche engagierte Hausärzte die Mehrheit der Delegierten für sich gewinnen konnten. Zwei Änderungsanträge zum Beschlussantrag des BÄK-Vorstands hatten dies nötig gemacht. Diese sahen nämlich vor, in Teilen des Antrags das „hausärztliche” zu streichen und stattdessen die Forderungen generell auf alle Ärzte zu verallgemeinern.
“Monopolanspruch nicht durchgehen lassen”
Den „Monopolanspruch sollten wir so nicht durchgehen lassen”, begründete Dr. Wolf Andreas Fach aus Hessen seine Kritik. Die hausärztlich tätigen Internisten seien auch beteiligt und würden gerne mal vergessen. „Hausärzte steuern nicht allein die Versorgung”, ergänzte Dr. Christian Albring, Niedersachsen. Der Hausarzt sei vor allem zuständig für die Koordination bei multimorbiden Patienten, Fachärzte würden teilweise aber auch Versorgungssteuerung übernehmen, gerade wenn Patienten nur eine Erkrankung hätten. Natürlich arbeiteten Hausärzte eng mit fachärztlichen Kollegen zusammen, beschwichtigte BÄK-Vize Kaplan und schlug vor, dass die Akademie der Gebietsärzte ein eigenes Positionspapier zur Zusammenarbeit entwerfen könne.
„Der Antrag macht den Bedarf an Hausärzten nach draußen deutlich, fordert kein Monopol und tut auch keinen anderen Versorgungsbereichen weh. Die Stärkung, die von diesem Antrag ausgeht, ist notwendig!”, argumentierte Allgemeinmediziner Dr. Gerald Quitterer. Außerdem würde hier ganz bewusst, die spezielle Arbeitsweise der Hausärzte beschrieben und nicht von Spezialisten, sagte Dr. Heidrun Gitter, Mitglied des BÄK-Vorstands.
Eine teilweise Änderung des Antrages wäre auch insofern inkonsequent gewesen, weil andere Abschnitte nicht geändert worden wären, die auf Beschlüsse der Ärztetage in Kiel und Nürnberg verweisen. In diesen beiden Beschlüssen wurden unter anderem die hausärztlichen Kompetenzen und Eckpunkte zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung definiert.