Berlin. Der Gemeinsame Bundesausschusses (G-BA) hat am 18. August 2022 eine Änderung der Schutzimpfungs-Richtlinie auf der Grundlage einer STIKO-Empfehlung zur Impfung gegen Affenpocken beschlossen. Zu Lasten der GKV sind damit Impfungen bei den beiden folgenden Personengruppen möglich:
- Männer ≥ 18 Jahre, die Sex mit Männern haben (MSM) und dabei häufig die Partner wechseln.
- Personal in Speziallaboratorien, das gezielte Tätigkeiten mit infektiösen Laborproben, die Affenpockenmaterial enthalten, ausübt und nach individueller Risikobewertung durch den Sicherheitsbeauftragten als infektionsgefährdet eingestuft wird.
Erforderlich ist eine zweimalige Impfung im Abstand von mindestens 28 Tagen. Bei Personen, die in der Vergangenheit bereits gegen Pocken geimpft worden sind, reicht eine Impfstoffdosis aus.
89134 für Affenpocken-Impfung
Die Abrechnung der Impfleistung erfolgt nach den Ziffern 89134 A (erste Dosen eines Impfzyklus bzw. unvollständige Impfserie) und 89134 B (letzte Dosis eines Impfzyklus nach Fachinformation oder abgeschlossene Impfung).
Die Tabelle zeigt ein Abrechnungsbeispiel bei einem 39-jährigen Patienten mit dringendem Verdacht auf eine Infektion mit dem Affenpocken-Virus (ICD 10: B04).
Die STIKO empfiehlt den Einsatz des Pockenimpfstoffes Imvanex, der nicht nur als Indikationsimpfung, sondern auch als Postexpositionsprophylaxe (PEP) nach Affenpockenexposition eingesetzt werden kann.
Übertragung nur durch sehr engen Kontakt
Zur Erinnerung: Überträger des Virus sind in erster Linie Nagetiere (und weniger Affen) insbesondere Hörnchen, Ratten und Siebenschläfer. Die Affenpocken gehören damit wie viele andere Infektionskrankheiten zu den Zoonosen. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch gilt als selten und ist auch nur bei sehr engem Kontakt möglich. Die Inkubationszeit beträgt im Mittel 10 bis 14 Tage.
Einige der aktuell in Deutschland dokumentierten Fälle sind allerdings untypisch, weil sie nicht in Zusammenhang mit betroffenen Ländern z.B. durch Reisen oder Kontakte zu exportierten Tieren stehen.
Typische Krankheitszeichen
Als Symptome treten Fieber (bis zu 40 Grad) und Schüttelfrost auf, möglich sind auch starke Kopf- und Gliederschmerzen, Halsweh, Husten, Abgeschlagenheit und geschwollene Lymphknoten. Es folgen – wie z.B. bei den „Windpocken“ – nach etwa ein bis drei Tagen typische Hautveränderungen wie Flecken, Knötchen, Bläschen und Pusteln, die – vergleichbar dem Verlauf bei Varizellen oder Zoster – verkrusten und schließlich abfallen.
Betroffen sind vor allem Regionen wie das Gesicht, Handinnenflächen und Fußsohlen, seltener Genitalien, Bindehaut und Hornhaut. Beim Befall der Augen droht allerdings – wie auch beim Herpes Zoster – in schweren Verlaufsfällen Erblindung.
Differentialdiagnostisch kommen Windpocken, Syphilis, Zoster, Scharlach, Herpes Simplex oder auch andere Pockenvirus-Infektionen in Betracht.
Laborauftrag auf Muster 10
Es handelt sich nach Paragraf 6 Abs. 1 Nr. 5 Infektionsschutzgesetz (IfSG) um eine meldepflichtige Erkrankung. Praxen mit Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf eine Affenpocken-Infektion können die Laboruntersuchung auf Muster 10 beauftragen. Als Untersuchungsmaterial dient ein trockener Abstrich aus offenen Hautläsionen, Vestikelflüssigkeit oder Krustenmaterial.
In der Regel heilt die Erkrankung innerhalb von zwei bis vier Wochen aus. Gefährdet für schwerere Verläufe sind neben Immungeschwächten vor allem jüngere Menschen und Kinder. Bei Schwangeren kann eine Infektion zu einer Fehlgeburt führen. Affenpocken können auch tödlich verlaufen, wobei der Anteil weltweit mit zwei bis zehn Prozent beziffert wird.
Die Behandlung zielt meist auf das Lindern der Symptome oder das Verhindern bakterieller Sekundärinfektionen ab. Mit Tecovirimat steht neuerdings ein in den USA entwickeltes Medikament gegen Affenpocken zur Verfügung, das bereits im Januar 2022 in der Europäischen Union zugelassen wurde.