Auf Arzneirezepten müssen Ärzte ab 1. Oktober entweder die Dosierung angeben oder kennzeichnen, dass der Patient einen Medikationsplan oder eine schriftliche Dosieranweisung erhalten hat. Das sieht die 18. Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) vor. Kassenärztliche Bundesvereinigung und GKV-Spitzenverband haben aufgrund dieser und anderer gesetzlicher Änderungen den Anforderungskatalog für Praxissoftware (PVS) erweitert. Die Dosierung muss auf dem Rezept hinter der verordneten Arznei am Ende der Verordnungszeile stehen. Alternativ kann dort ein Kürzel für den Medikationsplan/Dosieranweisung eingetragen werden.
Wann ein erneutes Rezept erlaubt ist
Neu ist auch, dass Ärzte ein Medikament erneut verschreiben können (“Ersatzverordnung”), wenn Patienten aufgrund eines Rückrufs oder einer Behördenmeldung zur eingeschränkten Verwendung ein neues Rezept brauchen. Patienten müssen dann keine Zuzahlung leisten. Eingeführt wurde diese Ersatzverordnung mit dem Gesetz zur Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV). Sie kommt bereits ab 1. Juli in die Praxis.
Bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung fallen diese Verordnungen für Ärzte nicht ins Gewicht, weil sie als Praxisbesonderheit gelten. Dafür müssen Ärzte eine Ersatzverordnung aber entsprechend kennzeichnen. Die erneute Verordnung einer Arznei oder eines vergleichbaren Medikaments muss deshalb auf einem separaten Rezept erfolgen. Das PVS bedruckt das Rezept dann mit “Ersatzverordnung gemäß Paragraf 31 Abs. 3 S. 7 SGB V”. Zusätzlich wird das Statusfeld der Personalien des Patienten automatisch gekennzeichnet.
E-Rezept rüstet sich für den Start
Zudem haben KBV und Kassen begonnen, die Voraussetzungen im PVS für elektronische Verschreibungen (E-Rezept) zu schaffen. Dies hatte ihnen das Digitale-Versorgung-Gesetz (DGV) bis 31. März auferlegt. Künftig können Ärzte im PVS beide Verordnungen – E-Rezept und Papier-Rezept – gegenüberstellen. Bei E-Rezepten müssen die Medikationsdaten strukturiert übertragen werden. Das unterstützt Ärzte dabei, eine Verordnung korrekt auszustellen, indem die Software bei der Rezeptausstellung die nötigen Angaben abfragt.
Ebenso bietet das PVS Verordnungen von Rezepturen (Arzneimittel, die in der Apotheke im Einzelfall auf Grund einer Verschreibung hergestellt werden) in strukturierter Form an. Hier können Ärzte künftig Bestandteile mit Mengenangaben und Gebrauchsanweisungen in separaten Feldern erfassen. Bei Wirkstoffverordnungen liefert das PVS Informationen wie Wirkstoff, Wirkstärke, Darreichungsform und Packungsgröße. Das erleichtert die eindeutige Ausstellung von Rezeptur-Verordnungen. Weiter möglich bleiben Freitextverordnungen – auch für Rezeptur- und Wirkstoffverordnungen.
Mit Ausnahme der Ersatzverordnung treten die neuen Anforderungen für das PVS am 1. Oktober in Kraft. Die nötigen Pflichtfunktionen für E-Verordnungen werden KBV und Kassen noch vereinba-ren, wenn die gesetzlichen Grundlagen dafür vollständig vorliegen.
Ab Juli informiert PVS zur Nutzenbewertung
Diese drei Neuerungen sind in Verbindung mit dem neuen Arztinfosystem innerhalb des PVS zu sehen, das ab 1. Juli startet (“Der Hausarzt” 2 und 8/20). Ärzte sollen damit besser über die Ergebnisse der frühen Nutzenbewertung von neuen Arzneimitteln informiert werden.
Bei der Anzeige eines Medikaments wird in den Suchergebnissen oder Vergleichslisten dann ein Hinweis angezeigt, wenn ein entsprechender Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vorliegt, der etwa einer Verordnung entgegensteht.
Zusätzlich muss die Software Recherchen nach dem Arzneimittel, dem Wirkstoff sowie dem zugelassenen Anwendungsgebiet ermöglichen. Bei Auswahl eines Medikaments, für das ein oder mehrere Beschlüsse zur frühen Nutzenbewertung vorliegen, kann man eine Beschlussübersicht mit den bewerteten Anwendungsgebieten aufrufen. Liegt in der Software ein ICD-10-GM-Kode eines Patienten vor, werden nur Beschlüsse für diesen ICD-Kode angezeigt. Die weiteren Beschlüsse kann man mit einer zusätzlichen Aktion einsehen.
Nach Auswahl eines Beschlusses für ein Medikament, dessen Nutzenbewertung nach dem 20. Juni 2020 erfolgte, werden die relevanten Inhalte angezeigt, zum Beispiel die Patientengruppen jeweils mit Ausmaß des Zusatznutzens gegenüber der Vergleichstherapie. Ältere Beschlüsse werden innerhalb von sechs Monaten ergänzt. Zudem können Ärzte über den ICD-Kode nach einem Arzneimittel suchen, für das eine Nutzenbewertung vorliegt.
Künftig können “positiv bewertete” Arzneimittel bereits in den Übersichtslisten durch Symbole und Grafiken hervorgehoben werden. Neu ist auch, dass im aktuellen Anforderungskatalog Rote-Hand-Briefe und Informationsbriefe der jeweiligen Bundesoberbehörden sowie Schulungsmaterial mit dem Blaue-Hand-Logo explizit als Vorschläge abgebildet sind.
Darüber hinaus hat das GSAV festgelegt, dass der G-BA bei Arzneimitteln mit bedingter Zulassung oder bei Orphan Drugs (zur Behandlung seltener Erkrankungen) anwendungsbegleitende Datenerhebungen veranlassen kann. Er kann also festlegen, dass diese Medikamente nur Ärzte verordnen dürfen, die an der begleitenden Datenerhebung teilnehmen.
Fazit
Die Neuerungen sollen die Gefahr eines Arznei-Regresses für Vertragsärzte senken. Dies ist aber nur möglich, wenn man sich genau an die Vorgaben hält. Der Verwaltungsaufwand in den Praxen steigt damit erneut und letztlich nimmt die Regressgefahr eher zu, wenn man die Hinweise nicht beachtet. In solchen Fällen können Kassen dann Einzelprüfungen beantragen, ohne dass vorher eine Beratung stattfinden muss. Auch wenn nach der neuen Prüfvereinbarung nur die Differenz zwischen wirtschaftlicher und unwirtschaftlicher Verordnung als Regress kassiert werden kann, ist das nur ein schwacher Trost!