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Arbeitsunfähigkeit per VideoVideo-AU: Richtige Aufklärung ist essenziell

Eine Arbeitsunfähigkeit kann ab sofort auch ohne persönlichen Arzt-Patientenkontakt ausgestellt werden. Der Gebührenordnungsexperte Dr. med. Zimmermann bespricht an zwei Fallbeispielen die Möglichkeiten der Video-AU.

Eine Arbeitsunfähigkeit (AU) kann ab sofort auch ohne persönlichen Arzt-Patientenkontakt (APK) ausgestellt werden: In Paragraf 4 Absatz 5 Satz 2 der AU-Richtlinie wurde jüngst geregelt, dass ein in der Praxis bekannter Patient auch per Videosprechstunde krankgeschrieben werden darf – sofern die Krankheit dafür “geeignet” ist und die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit auf diesem Weg damit “hinreichend sicher” beurteilt werden kann (s. Der Hausarzt” 14/2020 “Video-AU: Neue “Freiheit” mit Fallstricken”). Zur Erinnerung: Eine Krankschreibung ausschließlich auf Basis eines Telefonats, einer Chat-Befragung oder eines Online-Fragebogens ist weiterhin nicht möglich.

In Fallbeispiel 1 wäre eine Video-AU vor dem Hintergrund der in “Der Hausarzt” 14 dargestellten Fallstricke ohne arbeits- und sozialrechtliche Bedenken uneingeschränkt möglich.

Wichtig: Aus haftungsrechtlichen Gründen sollten Hausärzte ihre Patienten im Vorfeld der Videosprechstunde über die hier eingeschränkten Möglichkeiten der Befunderhebung zum Zwecke der Feststellung der AU bei einer Videosprechstunde aufklären. Hier geht es weniger darum, ob die Erkrankung grundsätzlich aus medizinischer Sicht über eine Videosprechstunde behandelt werden kann, sondern vielmehr um die Frage, ob die Möglichkeiten einer Videosprechstunde konkret ausreichen, um zu vermeiden, dass unmittelbar gefährliche Verläufe nicht erkannt werden.

Hier liegt sicher ein nicht unerhebliches Haftungsrisiko, das Ärztinnen und Ärzte unbedingt rechtsverbindlich durch eine solche, ausdrücklich im Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgesehene Aufklärung der Patienten vermeiden sollten. Als juristisch denkbare Vorgehensweise käme hier die Erklärung gegenüber dem Patienten in Anwesenheit einer MFA in Betracht.

Eine solche (besondere) Aufklärung wäre in Fallbeispiel 2 erforderlich. Dem Patienten müsste mitgeteilt werden, dass eine psychosomatische Komponente der Beschwerden zwar naheliegt, im Hinblick auf die vorhandenen Risikofaktoren aber eine organische (z. B. kardiale) Ursache per Videosprechstunde nicht ausgeschlossen werden kann.


Fallbeispiel 1

Eine 36-jährige Patientin mit Hypertonie als chronische Erkrankung wird per Videosprechstunde wegen einer Lumbago nach Verhebetrauma behandelt, weil sie wegen der schmerzhaften Verspannung nicht in die Praxis kommen kann. Es wird Wärmeanwendung empfohlen, ggf. die Einnahme eines zuhause vorhandenen antiphlogistisch wirksamen Analgetikums. Die Patientin erhält eine AU-Bescheinigung für sieben Tage mit der Maßgabe, sich in der Praxis vorzustellen, falls die Beschwerden sich innerhalb der folgenden drei bis vier Tage nicht bessern.


Fallbeispiel 2

Ein 46-jähriger Patient mit Hypertonie und Diabetes mellitus wird auf eigenen Wunsch per Videosprechstunde wegen zuletzt häufiger Panikattacken und Spannungsgefühl in der Brustgegend behandelt. Er führt eine Eigenmessung des Blutdrucks und des Blutzuckerwerts am Beginn der Sitzung durch. Die Werte liegen im Normbereich. Der Patient berichtet allerdings, dass er schon seit mehreren Wochen Probleme am Arbeitsplatz hat. Nach einem psychosomatisch-therapeutischen Gespräch erhält er eine AU-Bescheinigung für sieben Tage mit der Maßgabe, sich am Ende der AU nochmals in der Praxis vorzustellen.


37300 EBM auch als Vertreter erlaubt?

Leserin M. fragt: Ich bin Hausärztin und habe die Zusatzbezeichnung Palliativmedizin. Ich vertrete im Urlaub Kollegen, deren Patienten in dieser Zeit eine palliative Situation entwickeln und eine intensive Betreuung erfordern. Darf ich dann die 37300 EBM ect. auf Vertreterschein abrechnen?

Hat das Folgen für die Abrechenbarkeit des Kollegen nach seinem Urlaub für diese Ziffern? Denn nicht jeder Patient stirbt in der Zeit der Vertretung.

Dr. Gerd Zimmermann: Die Voraussetzungen zur Abrechnung von Leistungen des Abschnitts IV.37 des EBM regelt Anlage 30 zum Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä). Nach EBM und Anlage 30 ist eine Berechnung dieser Leistungen im Vertretungsfall nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Aus dem Anlage-Text könnte eine (“böse”) KV allerdings ableiten, dass die Berechnung eine kontinuierliche hausärztliche Versorgung voraussetzt.

Es wäre dann eine ähnliche Situation gegeben wie bei dem Ansatz der Chronikerzuschläge nach 03220/03221 EBM. Auch die sind im Vertretungsfall nicht ausgeschlossen, werden aber von vielen KVen dort nicht anerkannt, selbst wenn die dort richtungsweisende 4-3-2-1 Regelung erfüllt ist.

Auf die Abrechnung des vertretenen Hausarztes wirkt sich dies nicht aus, da dieser bei fehlender besonderer Palliativ-Qualifikation die nahezu gleich bewerteten Palliativleistungen des Abschnitts IIIa 3.2.5 im Hausarztkapitel berechnen kann.

Ich empfehle daher die Leistung abzurechnen und abzuwarten, was die zuständige KV (ggf. mit welcher Begründung) macht.


Welche Laborleistungen umfasst die 32125 EBM?

Leserin T. fragt: Die 32125 EBM wirft für mich Fragen auf. Kommt ein Patient zur präoperativen Vorbereitung, muss ich dann das Labor komplett selbst tragen und darf bis 40 Jahre 32125 EBM ansetzen? Was ist mit den Gerinnungsziffern?

Dr. Gerd Zimmermann: Die Komplexgebühr nach 32125 EBM umfasst die in der Regel vor einer Anästhesie oder Operation erforderlichen Laborparameter und ist fakultativer Bestandteil der präoperativen Untersuchungskomplexe nach Abschnitt 31.1., die nur Hausärzte berechnen dürfen. Daher kommt der Ansatz durch Hausärzte für diesen Untersuchungskomplex meist nicht infrage.

Auch die Überweisung an eine Laborpraxis auf Muster 10 oder die Anforderung in der Laborgemeinschaft auf Muster 10a ist dann nicht zulässig. Die Leistung ist mit dem präoperativen Komplexhonorar abgegolten. Wenn zusätzliche Parameter erforderlich sind, können diese gesondert berechnet oder per Überweisung veranlasst werden.


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