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AusbildungVERAH®-Studium: Neues Wissen für die Praxis

Keine Zeit für Langeweile: Lisa Janssen ist MFA, Mutter und neuerdings Studentin. Seit September ist sie im neuen "VERAH®-Studium" eingeschrieben. Mit diesem hebt der Deutsche Hausärzteverband die erfolgreiche VERAH®- Weiterbildung auf ein neues Level – und schafft neue Entlastung für die Praxis, wie ein Blick nach Bad Oeynhausen zeigt.

Das VERAH®-Studium erhöht die Attraktivität des Berufsbildes.

Als ihre Chefin sie vor einigen Monaten auf das neue “VERAH®-Studium” angesprochen hat, musste Lisa Janssen nicht lange überlegen. “Ich lerne immer gern Neues dazu”, sagt die 26-Jährige, die seit drei Jahren in der Hausarztpraxis von Anke Richter-Scheer im nordrhein-westfälischen Bad Oeyenhausen arbeitet. “Und ich finde es klasse, Wissen aus mir völlig neuen Bereichen – etwa dem Management – zu gewinnen und in der Praxis anwenden zu können.”

Heute ist Lisa Janssen eine von rund 100 Studierenden im Studiengang “Primärmedizinisches Versorgungs- und Praxismanagement”. An drei Standorten – Dortmund, Mannheim, München – haben sie sich zum 1. September eingeschrieben, um noch mehr Wissen für den Praxisalltag zu gewinnen. Was sie eint: Sie alle sind Medizinische Fachangestellte (MFA), die “mehr” wollen.

Akademischer Grad für die VERAH®

Die Hochschule FOM bietet das Studium in Kooperation mit dem Deutschen Hausärzteverband an, der das Curriculum mit entwickelt hat. Es ist quasi ein neues Level für die VERAH®-Weiterbildung, mit der der Verband seit Jahren erfolgreich zur Entlastung von Hausarztpraxen beiträgt.

Mit dem berufsbegleitenden Studium können Versorgungsassistenzen in der Hausarztpraxis (VERAH®) und Nichtärztliche Praxisassistenzen (NäPA) nun auch den akademischen Grad Bachelor of Science (B.Sc.) erwerben.

Das erfreute sich gleich zum Start einer so großen Nachfrage, dass das Studium ab 2023 auf zwei weitere Standorte ausgerollt wird.

Mit dem Praxisalltag zu vereinen

Dass das Studium berufsbegleitend ausgerichtet ist, ist dabei essenziell. Ihre Kommilitoninnen sieht Lisa Janssen in erster Linie auf dem Bildschirm: Der Großteil des Studiums findet digital statt. “Für mich ist das sehr praktisch”, unterstreicht sie.

Für einzelne Vorlesungen oder auch eine Prüfung ins rund 150 Kilometer entfernte Dortmund zu pendeln, wäre nicht machbar. Stattdessen begibt sich die Studentin zwei- bis dreimal pro Woche virtuell in den Hörsaal. Einmal im Semester findet zusätzlich eine Woche Präsenzunterricht statt.

Dieses Modell ermöglicht VERAH® bundesweit die Teilnahme. “Es studieren auch MFA, die aus Schleswig-Holstein kommen, also nicht aus der Nähe einer der Hochschul-Standorte”, weiß Lisa Janssen. Auch darüber hinaus freut sie sich über eine bunte Mischung im “Hörsaal”: Zwischen Mitte 20 und Mitte 50 seien alle Altersstufen vertreten, erzählt sie von den ersten Vorlesungen am PC.

Die berufsbegleitende Ausrichtung zeigt sich auch mit Blick auf die Vorlesungszeiten: Mittwochabend und Freitagnachmittag stehen Lerninhalte auf dem Programm, zudem an zwei Samstagen im Monat.

Das ist ohne Frage zeitintensiv. Lisa Janssen ist die Entscheidung fürs Studium trotzdem leicht gefallen – auch wenn ihr mit ihrem Arbeitsalltag und dem gerade ein Jahr alt gewordenen Sohn auch ohne Studium nicht langweilig zu werden drohte, wie sie lachend sagt. “Aber ich sehe das Studium als Chance und eine solche ergibt sich vielleicht nicht wieder, daher habe ich sie beim Schopfe gepackt.”

Ihre Familie unterstützt sie dabei: Während der Vorlesungen passen ihr Mann oder ihre Schwiegereltern auf den Sohn auf und geben ihr somit Freiraum fürs Pauken.

Praxis stärkt den Rücken

Unterstützung erhält sie zudem von ihrer Arbeitgeberin: Für den einwöchigen Präsenzunterricht etwa müsse sie keinen Urlaub einreichen, sagt Lisa Janssen. Freitags habe sie ohnehin frei. “Doch auch bei Kommilitoninnen, deren Praxen freitags länger geöffnet haben, finden sich im Gespräch mit den Chefs gute Lösungen”, beobachtet sie.

Denn: Auch die Arbeitgeber profitieren vom Studium der Arbeitnehmerin. “Ein gut eingespieltes, kompetentes und engagiertes Team ist mit eine Voraussetzung, eine Praxis erfolgreich zu führen”, weiß Anke Richter-Scheer, Chefin von Janssen und Vorsitzende des Hausärzteverbandes Westfalen-Lippe.

Dass sie ihre MFA im Studium unterstützt – etwa mit Blick auf den Dienstplan in Prüfungszeiten oder auch der Übernahme der Studiengebühren –, habe daher nie zur Debatte gestanden. Im Gegenteil: Den Anstoß zum Studium hat sie selbst gegeben.

“Der Bedarf nach hausärztlicher Versorgung ist bereits heute hoch und wird künftig eher mehr als weniger. Eine Antwort darauf muss die Weiterqualifikation unserer Mitarbeitenden sein, die unter unserer Leitung mehr Verantwortung übernehmen und uns so den Rücken stärken”, erklärt Dr. Markus Beier, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes, die Grundidee. “. Die Teampraxis wird damit zum Gegenbild einer weiteren Zersplitterung der Versorgung.”

Darüber hinaus erhöht der Studiengang die Attraktivität des Berufsbildes der MFA – was in Zeiten des Fachkräftemangels immer wichtiger wird. “Ich könnte mir sogar vorstellen, dass einige die VERAH®-Weiterbildung machen, nur um sich damit für das Studium zu qualifizieren”, meint Studentin Lisa Janssen. Sie selber sieht die Chance für sich, aufgrund des Studiums innerhalb des Teams in Zukunft Leitungsfunktionen übernehmen zu können.

Erste Prüfungen im Januar

Für Lisa Janssen eröffnet sich mit dem Studium letztlich ein völlig neuer Lebensweg: Nach dem Besuch des Gymnasiums bis zur elften Klasse hatte sie sich ursprünglich gegen das Abitur und für eine Ausbildung mit einem Realschulabschluss entschieden. “Ein Studium, dachte ich damals, sei nichts für mich”, schmunzelt sie heute. Und auch wenn sie die Ausbildung zur MFA nie bereut habe – so sei es doch schön, nun noch einmal das Leben als Studentin kennenzulernen.

Mit einer Prise Nervosität blickt sie nun schon in den Januar: Dann stehen die ersten Prüfungen an. “Aber die Dozenten machen uns Mut”, sagt sie optimistisch – und freut sich auf die Herausforderung. Immerhin wird es nur ein weiterer Nachweis ihres neu erlangten Wissens für den Praxisalltag sein.

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