Anstellung von ÄrztenWann muss ich Gewerbesteuer zahlen?

Für Hausärzte stellen sich oft rechtliche Fragen. Praxistipps geben Experten des Deutschen Hausärzteverbands im ‚Praktischen Fall‘.

Noch genügend Platz: Vor der Anstellung die Praxisräume in den Blick nehmen

Frage

Hausarzt M. arbeitet bislang in einer Einzelpraxis in einem gesperrten Planungsbereich. Er spielt mit dem Gedanken, seinen Vertragsarztsitz zu teilen und auf der einen Hälfte einen Arzt anzustellen. Doch er hat von einem Kollegen erfahren, dass er hierdurch seinen Status als Freiberufler verliert und daher seinen Praxisgewinn teilweise mit der Gewerbesteuer belegen müsste. Stimmt das und worauf muss M. achten?

Antwort

Grundsätzlich ist ein niedergelassener Arzt Freiberufler und damit auch nicht von der Gewerbesteuer betroffen. Dies kann sich unter Umständen ändern, wenn er in seiner Praxis angestellte Ärzte beschäftigt. Dann verlangt das zuständige Finanzamt nämlich den Nachweis, dass er weiterhin freiberuflich tätig ist. Gelingt ihm dieser Nachweis nicht vollständig, verliert er seinen Status als Freiberufler und der Praxisgewinn ist teilweise oder ganz mit der Gewerbesteuer zu belegen. Doch welche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit ein Arzt trotz Beschäftigung eines angestellten Arztes freiberuflich tätig ist?

Nach Paragraf 18 Einkommenssteuergesetz (EStG) ist ein Angehöriger eines freien Berufs grundsätzlich auch freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient. Dies gilt jedenfalls, wenn er aufgrund seiner eigenen Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird.

Gleiche oder andere Fachrichtung?

Das heißt, auch bei der Unterstützung von angestellten Ärzten ist die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Praxisinhabers erforderlich. Hierbei kommt es nach der Finanzverwaltung auf die Umstände des Einzelfalls an, wobei man die Praxisstruktur, die Praxisabläufe, die individuelle Arbeitskapazität des Inhabers, das Leistungsspektrum und die Qualifikation des angestellten Arztes berücksichtigt.

Die weitere freiberufliche Tätigkeit bei der Anstellung von Ärzten setzt also grundsätzlich zunächst voraus, dass der Praxisinhaber in ausreichendem Maße über eigene Fachkenntnisse für das gesamte Leistungsspektrum der Praxis verfügt.

Cave: Das bedeutet, dass die Beschäftigung eines angestellten Arztes aus einem anderen Fachgebiet stets zur Gewerblichkeit der Einkünfte führt, da dem Praxisinhaber mangels entsprechender Fachkenntnis die Übernahme der fachlichen Verantwortung und in der Regel auch die Überwachung des angestellten Arztes nicht möglich sind.

Praxischef muss Anlaufstelle bleiben

Wie die Sach- und Rechtslage zu bewerten ist, wenn Praxisinhaber und Angestellter zwar derselben Fachgruppe angehören, allerdings unterschiedliche Schwerpunkte haben, beantworten Finanzverwaltung und Rechtsprechung nicht einheitlich. Daher sollte man im Einzelfall Rücksprache mit der zuständigen Finanzbehörde halten.

Die leitende Tätigkeit des Praxisinhabers erfordert darüber hinaus, dass er die Grundzüge für die Organisation der Praxis und die Durchführung der Tätigkeiten verbindlich festlegt und regelmäßig überwacht. Er muss aufgrund seiner Fachkenntnisse durch regelmäßige und eingehende Kontrollen auf die Behandlung jedes einzelnen Patienten Einfluss nehmen. So muss er an der praktischen Arbeit in ausreichendem Umfang persönlich teilnehmen. Hierin spiegelt sich das Verständnis der Rechtsprechung vom Berufsbild des Arztes wider, das durch den persönlichen, individuellen Dienst am Patienten geprägt ist.

Weiterhin muss er für jede Leistung, die in seiner Praxis erbracht wird, die personale, rechtliche, fachliche und ethische Verantwortung tragen. Der Praxisinhaber muss also Bezugsperson und Anlaufstelle des Patienten bleiben. Im Bewusstsein des Patienten muss eine bestimmte Praxis einem bestimmten Arzt zugeordnet sein.

Cave: Kritisch wird dies, wenn sich der Praxisinhaber ausschließlich auf die Behandlung schwieriger Fälle beschränkt, die “einfachen Fälle” ohne fachliche Überprüfung der Arbeitsergebnisse dem angestellten Arzt überlässt und somit gegenüber dem Patienten nicht mehr in Erscheinung tritt.

Das kann etwa geschehen, wenn die Praxis zu groß wird und sich gewisse Patientenkreise um die angestellten Ärzte herum “verselbstständigen”. Hier stellt sich die Frage: Würde bei Fachrichtungen mit hoher Patientenzahl und kurzzeitigen Kontakten zwischen Arzt und Patient nicht der Sinn und Zweck der Möglichkeit der Anstellung von Fachpersonal ausgehebelt, wenn letztlich der Inhaber jeden Patienten selbst untersuchen und den Behandlungsablauf festlegen müsste? Praxen mit hohem Patientenaufkommen sollten sich daher über mögliche gewerbesteuerliche Risiken aufklären lassen.

Keine genaue Grenze für Praxisgröße

Eine genaue Grenze der Gewerblichkeit bezüglich der Größe einer Praxis ist aus steuerlicher Sicht nicht normiert und wird im Einzelfall von Finanzgerichten entschieden. Fraglich ist, ob man die arztrechtlich normierte Grenze mit höchstens drei angestellten Ärzten (Paragraf 14a BMV-Ä) steuerrechtlich übertragen kann. Es kommt hierbei auch auf die Fachrichtung und die Praxis an. Unabhängig vom Umfang der Praxis und der Mitarbeiterzahl muss in jedem Fall der Inhaber den Angestellten im täglichen Arbeitsablauf beaufsichtigen können.

Cave: Arbeitet der Angestellte allein in einer räumlich getrennten Filiale (Zweigpraxis) ohne Aufsicht eines anderen Arztes, kann dieser unter Umständen nicht überwacht werden. Hierdurch kann die gesamte Praxis gewerblich werden.

Auch bei einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft (ÜBAG) liegen nur dann freiberufliche Einkünfte vor, wenn alle Gesellschafter die Kriterien der Freiberuflichkeit erfüllen und ausschließlich freiberufliche Tätigkeiten ausgeführt werden. Für ÜBAG gelten also die gleichen Grundsätze der Freiberuflichkeit wie bei der Anstellung von Ärzten.

Praxistipp

Bereits vor der Einstellung eines angestellten Arztes sollte geprüft werden, ob die vorhandenen Praxisgegebenheiten es ermöglichen, mit einem angestellten Arzt weiterhin freiberuflich tätig zu sein. Insoweit ist eine anwaltliche und steuerliche Beratung unerlässlich. Insbesondere bei der Gestaltung des Anstellungsvertrags sind die aufgeführten Kriterien besonders zu beachten.

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