Wirtschaft + Praxis“Als Kredit braucht man mehr als den Kaufpreis”

Vor gut einem Jahr hat Dr. Christian Fleischhauer aus Jena den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt und nicht bereut. Auch wenn es erstmal mehr Risiko bedeutet.

Mit dem Praxiskauf übernimmt man unternehmerisches Risiko. Wie sind Sie damit umgegangen?

Fleischhauer: Das ist sehr wichtig, da man von einem Tag auf den anderen vom Angestellten zum Selbstständigen wird. Als Arbeitgeber muss man sehen, dass Geld verdient wird und die Strukturen passen. Auch an die andere Art des Gehalts muss man sich erst gewöhnen: Die KV zahlt am Anfang des Monats einen Abschlag, die Restzahlung knapp ein halbes Jahr später. Anfangs braucht man also ein Polster, weil das Honorar verzögert kommt.

Hat Sie das vor der Gründung sehr beschäftigt?

Davor hatte ich schon Respekt. Andererseits ist das Schönste an der Selbstständigkeit, dass ich selbst gestalten kann. Natürlich ist das mit mehr eigener Kontrolle verbunden, gerade bei der Abrechnung, die macht man in der Klinik ja nicht selbst. Aber wenn man sich darauf vorbereitet, weiß man, dass es etwa ein Dreivierteljahr dauert, bis sich Honorarzahlung und laufende Kosten einpendeln.

Die Gründung liegt jetzt ein Jahr zurück, fühlen Sie heute "anders"?

Ich bin deutlich entspannter. Die Praxis läuft, wir arbeiten gut zusammen. Es ist schön, von den Patienten viel positive Rückmeldung zu bekommen. Die KV-Abrechnung hat sich eingependelt und mit der HZV können wir die Patienten enger an uns binden, was versorgungstechnisch wichtig ist.

Sie haben die Praxis Ihrer Mutter gekauft. Wie haben Sie sich geeinigt, was die Praxis wert ist?

Ich hatte mich mit einigen niedergelassenen Kollegen ausgetauscht, sodass ich wusste, was andere in etwa gezahlt hatten. Beim Existenzgründer und Praxisabgebertag von KV, Ärztekammer und apoBank haben wir gute Hinweise bekommen. Letztlich haben wir uns am Bewertungsverfahren orientiert, das die Bundesärztekammer empfiehlt. Es berücksichtigt Umsatz, Ausstattung, aber auch den ideellen Wert. Wir haben uns schnell geeinigt und brauchten keinen Gutachter. Transparenz ist dabei wichtig: Für den Abgeber ist der Verkauf ein Teil der Altersvorsorge und der Übernehmer muss wissen, worauf er sich einlässt.

Was haben Sie im Kaufvertrag geregelt?

Das hat ein Rechtsanwalt übernommen. Der Vertrag legt die Übernahme – Datum, Preis, Übergang auf den neuen Inhaber – fest, aber auch die Übernahme des Personals. Wir mussten über den Praxisinhaberwechsel informieren und jeder Mitarbeiter konnte entscheiden, ob das Arbeitsverhältnis mit zu mir als neuem Inhaber übergeht. Ebenfalls sollte der Übergang des Inventars und der Altakten vertraglich geregelt werden.

Meist braucht es einen Kredit, Ihr Tipp für die Verhandlung?

Man muss wissen, wie man die Praxis weiterentwickeln will, nur dann kennt man die nötige Kreditsumme. Man sollte also mehr als den Kaufpreis aufnehmen, weil man Spielraum für Investitionen braucht. Die laufenden Kosten am Anfang zahlt man meist eher aus einem Kontokorrentkredit des Praxiskontos.

Zudem sollte man sich über Förderungen informieren. Ich habe den IHK-Existenzgründerpass beantragt. Dabei bekam ich Beratungsleistungen und konnte so einen Teil meiner Beratungen durch Rechtsanwalt und Steuerberater zahlen.

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