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Wirtschaft + PraxisWieviel ist die Praxis wert?

Oft haben Verkäufer und Käufer einer Hausarztpraxis unterschiedliche Vorstellungen, wieviel die Praxis wert ist. Denn hier treffen Kennzahlen, ideeller Wert und zukünftige Erfolgsaussichten aufeinander.

Den tatsächlichen Kaufpreis einer Hausarztpraxis zu schätzen ist nicht einfach, weil der Wert nicht unbedingt dem geforderten Preis entspricht. Es ist durchaus verständlich, dass zwei Ärzte – der Veräußerer einer Praxis und der potenzielle Käufer – zu völlig abweichenden Urteilen gelangen können, weil ihre Vorstellungen, welchen "Wert" die Praxis hat, völlig auseinander gehen. Bei der Bewertung wird der potenzielle Preis ermittelt. Der Wert ergibt sich aus dem Standort der Praxis, dem Leistungsangebot, der Qualität des Personals, der Praxisorganisation, dem Qualitätsmanagementsystem, dem Ruf der Praxis, der Konkurrenzsituation im Umfeld, der Kaufkraft am Praxisort, bestehenden Kooperati-onen und dem Patientenstamm.

Besonders die vertragsärztliche Zulassung kann einen erheblichen Wert darstellen. So ermöglicht sie am Anfang des Berufslebens stehenden Ärzten in zulassungsbeschränkten Planungsgebieten überhaupt erst eine tragfähige Praxis aufzubauen. Zusätzlich spielen das Inventar und die Ausstattung bei der Festlegung des Kaufpreises eine Rolle.

Ohne Verständnis für das betriebswirtschaftliche Zahlenwerk und die Kenntnis darüber, aus welchen Bestandteilen sich der Praxiswert zusammensetzt, bleiben zu viele Fakten im Dunkeln. Vor allem sollten Sie vor dem Kauf immer darauf achten, dass Sie vollständig und umfassend informiert und die Daten und Kennzahlen der Praxis nicht zu optimistisch ausgelegt werden.

Eine Arztpraxis setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Hierzu gehören das medizinische Gerät, das Inventar, die häufig über viele Jahre aufgebaute Bindung von Patienten zur Praxis und in den meisten Fällen auch die Zulassung als Vertragsarzt.

Letztlich geht der Kaufpreis aus dem Verhandlungsergebnis hervor. Ein rechtlich präzise ausgestalteter Kaufvertrag ist das A und O einer für Verkäufer und Käufer transparenten und risikoarmen Praxisübergabe. Dabei ist darauf zu achten, dass er auf den konkreten Einzelfall passt, dass die aktuelle Rechtsprechung berücksichtigt und wichtige Fragen geregelt werden.

Ermittlung des Praxiswerts

Würde das Ausrechnen von Zahlen und Ziffern und das Vergleichen von Kennzahlen genügen, um eine vielversprechende Praxis ausfindig zu machen, so wären Bewertungssysteme völlig überflüssig und ein Computer könnte die Arbeit für Sie erledigen. Dem ist jedoch nicht so. Die durch die Auswertung der Zahlen gewonnenen Erkenntnisse geben nämlich immer nur Rückschlüsse darauf, wie sich eine Praxis bisher entwickelt hat. Sie sagen nichts über den tatsächlichen Wert aus. Wenn Sie eine Praxis erwerben möchten, sollten Sie deshalb vor allem wissen, was diese wert ist. Diese Bewertung übernimmt ein Gutachter.

Der Sachverständige für Praxisbewertung muss sachverständig sein in der Theorie und in der Praxis der Bewertungsmethodik sowie über viel Branchenwissen und -erfahrung verfügen. Die Verträge für den Erwerb sollte ein kompetenter Jurist erstellen. Bei der Bewertung stellen sich viele Fragen, etwa:

  • Nach welcher Methodik sollte eine Praxisbewertung erfolgen, damit sie betriebswirtschaftlich und juristisch einwandfrei ist?

  • Wie setzt sich der Wert der Praxis zusammen, und welche Inhalte sind bei der Bewertung einer Arztpraxis maßgeblich?

  • Welche juristischen Fragen sind vorab zu klären, und wie müssen die Verträge gestaltet werden, damit die Praxisübertragung rechtssicher ist?

Es gibt unterschiedliche Verfahren zur Bewertung von Praxen, seit einigen Jahren scheint sich jedoch das sogenannte modifizierte Ertragswertverfahren zunehmend durchzusetzen. Der Grundgedanke der sich hinter dem Ertragswertverfahren verbirgt, ist die Frage nach den künftigen Erfolgsaussichten eines Unternehmens. Das bedeutet für eine Praxis, dass sie mit Blickrichtung in die Zukunft bewertet wird, da die künftig zu erwartenden Erträge für den Praxiswert relevant sind.

Während bei der Bewertung von Wirtschaftsunternehmen von einem unbegrenzten Ermittlungszeitraum für die künftigen finanziellen Überschüsse ausgegangen wird, ist dieser unbegrenzte Ermittlungszeitraum für Arztpraxen nicht gegeben. Dies wird unter anderem mit der Personengebundenheit begründet, wobei der Praxisnachfolger die Chance hat, das Vertrauen der Patienten, welches diese gegenüber dem ausscheidenden Arzt haben, für sich zu gewinnen. Hierdurch kann er die Erfolge des Kollegen, der die Praxis veräußert, weiterführen. Diese Chance ist jedoch zeitlich begrenzt. Ändert der neue Arzt das medizinische Angebot und die Struktur der Praxis und erwirbt sich daher das Vertrauen der Patienten erst zu einem späteren Zeitpunkt, so sind die hierdurch erzielten Erfolge ausschließlich durch seine eigene Tätigkeit entstanden und können deshalb auch nicht kaufpreisrelevant sein. Zunehmend favorisiert auch die aktuelle Rechtsprechung das Konzept der modifizierten Ertragswertmethode.

Hinter jeder Praxisgründung steht prinzipiell immer ein unternehmerisches Risiko, welches Sie auch dann tragen müssen, falls sich die Dinge nicht so entwickeln wie geplant. Und es macht für Sie finanziell einen erheblichen Unterschied, ob Sie eine Praxis neu gründen oder ob Sie eine bereits etablierte Praxis mit deren Patientenstamm in einem für die Niederlassung gesperrten Stadtbereich übernehmen wollen. Dieser Vorteil hat aber seinen Preis.

Eine Garantie, dass alles auf Dauer nach Ihrem Plan funktionieren wird, kann Ihnen keiner geben. Auch wenn Sie vorher noch so genau analysieren. Sie haben keine letzte Sicherheit, dass nicht genau Ihnen gegenüber nach einem Jahr eine weitere Praxis eröffnet und Sie völlig umdenken müssen. Ebenso können Änderungen der gesetzlichen Bestimmungen oder finanziellen Vergütung und vieles Weitere mehr die gesamte bisherige inhaltliche und finanzielle Planung Ihrer Praxis infrage stellen. Vermeiden Sie den großen Fehler, sich zu früh auf eine bestimmte Praxis zu fokussieren, ohne mehrere Optionen geprüft zu haben. Wichtig ist, dass Sie die für Sie richtige Praxis finden und sich mit deren Zukunftserwartung auseinandersetzen – dann können Sie auch deren "Wert" besser beurteilen.

Praxisübernahme und Kaufpreis

Bei der Praxisübernahme zahlt der Übernehmer einen Kaufpreis an den Abgeber. Dieser Preis setzt sich aus dem ideellen Wert der Praxis (Goodwill) und dem tatsächlichen Substanzwert (Inventar inklusive der medizinischen Geräte) zusammen.

Buchtipp

Die verschiedenen Methoden zur Praxisbewertung erklärt Dr. Matthias Frank in seinem Buch. Der Routenplaner für den Weg in die Selbstständigkeit: Mit Checklisten, Tipps und Fallbeispielen.

*Praxisgründung & Praxismanagement, Schattauer, 39,99 Euro, ISBN 978-3-7945-3075-5 (print), 978-3-7945-6882-6 (eBook)

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