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Praxis Wissen7 Tipps, um Eskalation zu vermeiden

Erleidet ein Patient einen Schaden, kann die Kommunikation zwischen Arzt und Patient entscheiden, wie der Konflikt verläuft. Die Vorbeugung beginnt für den Arzt schon beim Aufklärungsgespräch, zeigte ein Workshop auf dem DEGAM-Kongress.

Fehler in der Kommunikation mit ­Patienten können fatale Folgen haben. Dies betrifft die rechtlichen Aspekte, die Patientenaufklärung als auch die Art der Gesprächsführung. Das Patientenrechtegesetz stellt den informierten Patienten in den Mittelpunkt. Deshalb ist der Behandelnde verpflichtet, dem Patienten in verständlicher Weise sämtliche für die Behandlung wesentlichen Umstände zu erläutern, insbesondere die Diagnose, die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung, die Therapie und zu ergreifende Maßnahmen. Zudem muss der Behandelnde den Patienten vor einer medizinischen Maßnahme/einem Eingriff über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände einschließlich der nicht beherrschbaren Risiken mündlich aufklären (s. Liste 1 und Notiz).

Darf ich meine Haftung rechtlich anerkennen?

Nach einem Schadenfall scheuen viele ­Ärzte ein Gespräch mit ihrem Patienten – sie fürchten, hierdurch ihren Versicherungsschutz zu verlieren. Dabei sind wahrheitsgemäße Erklärungen zum Behandlungsverlauf durchaus gestattet und Gespräche in der Regel wünschenswert. Denn vielen Patienten geht es in erster Linie um Mitgefühl. Ein Gespräch, in dem Ärzte Verständnis für die Situation der Patienten zeigen, kann Frieden stiften und vielleicht sogar ein langes und kräftezehrendes Verfahren verhindern.

Problematisch wird es nur, wenn der Arzt ein Haftungsanerkenntnis abgibt, etwa mit der Formulierung: „Ich bin an Ihrem Schaden schuld und komme für die ­finanziellen Folgen auf.“

Dieses Anerkenntnis ist eine wirksame Verpflichtung gegenüber dem Patienten, die ­neben der Haftung zusätzlich besteht. Es bindet die Haftpflichtversicherung aber nur, wenn der Anspruch auch ohne Anerkenntnis bestanden hätte. Deshalb sollte man auf ein Anerkenntnis ohne Abstimmung mit dem Versicherer verzichten.

Beispiel: Ein Arzt verabreicht eine Injektion, die unerwünschte Folgen hat. Da ihm dies unangenehm ist, gibt er dem Patienten gegenüber ein Haftungsanerkenntnis ab. Ist der Arzt nun tatsächlich haftbar – etwa, weil er durch eine fehlerhafte Cortison-­Injektion eine Fettgewebsnekrose verursacht hat – tritt die Haftpflichtversicherung trotz Anerkenntnis ein. Besteht dagegen keine Haftung, etwa im Falle eines Spritzenabszesses trotz korrekter Injektion und steriler Kautelen, bleibt der Arzt aus dem Anerkenntnis im Obligo; die Haftpflichtversicherung ­dagegen ist nicht eintrittspflichtig.

Im Beispielfall hätte der Arzt etwa sagen können: „Wir lassen durch meine Haftpflichtversicherung zeitnah klären, ob mir ein Fehler unterlaufen ist. Sollte ich den Schaden verschuldet haben, wird meine Versicherung natürlich für diesen aufkommen.“

Wie kann ich deeskalieren?

Oft hat es der Behandelnde in der Hand, die Weiche Richtung Konflikt oder Befriedung zu stellen. Dies erklärt die verschiedenen Wege, die Schadenfälle manchmal nehmen. Auf der einen Seite landen Fälle vor Gericht oder in den Medien, ohne dass es eine ­Rolle spielt, ob ein Vorwurf gerechtfertigt ist oder nicht. Auf der anderen Seite werden Behandlungsverhältnisse vertrauensvoll fortgeführt, obwohl ein ärztliches Fehlverhalten feststeht.

Fakt ist: Ein Patient, der sich verstanden fühlt, zeigt nicht nur eine höhere Therapieadhärenz. Er ist auch zugänglicher bei Eintritt eines unerwünschten Ereignisses oder gar eines Behandlungsfehlers. Leider gehören beide zur Versorgungswirklichkeit. Ein einfühlsames, informierendes Gespräch zeigt dem Patienten medizinische und rechtliche Perspektiven wie Behandlungsstrategien oder die Einschaltung der Gutachter- und Schlichtungsstelle. Gerichtliche Klagen, Strafverfahren und die Einschaltung der ­Medien lassen sich so oft vermeiden. Hier ist das „Wie“ (Liste 2) der Kommunikation ebenso wichtig wie das „Was“.

Wie wichtig empathische ­Kommunikation und Soft Skills sind, zeigt die Forderung des Bundesärztekammer-Präsidenten Frank ­Ulrich Montgomery nach einer ­gesetzlichen Regelung, nach der Medizinstudierende künftig in Assessment-Centern auf ihre Eignung zum Arztberuf getestet werden [1]. Die Konflikt- und die Kommunikationsfähigkeit werden regelmäßig in Assessment-Centern geprüft – bisher meist von großen Unternehmen zur Mitarbeiterauswahl und -entwicklung [2]. Die in entsprechenden Rollen­spielen entscheidenden Kriterien gelten analog für das Konfliktgespräch mit dem ­Patienten: Sorgt der Arzt für einen angemessenen Gesprächsrahmen und dafür, dass das Gespräch nicht gestört wird? Sind die Redeanteile ausgeglichen oder monologisiert der Arzt? Ermuntert er seinen ­Gesprächspartner sich frei zu äußern? Gibt er Zeichen des Zuhörens und des Interesses durch ­Nachfragen oder Wiederholung des Gehörten? Geht er in Verteidigungshaltung oder agiert er aus ­einer souverän-sachlichen Position? Gießt er durch persönliche Vorwürfe Öl ins Feuer? Bricht er das Gespräch ab oder zeigt er einen Lösungsweg auf?

Fazit

Während die rechtlichen Rahmenbedingungen der Kommunikation mit dem Patienten im Wesentlichen normiert sind, prägt das persönliche Verhalten die tatsächlichen Bedingungen. Dieses können Ärzte steuern. Mit Konflikten gut umzugehen, setzt voraus, dass

  • der Arzt sich bewusst ist, dass er als der Stärkere wahrgenommen wird,

  • echt Kommunikation nur im Dialog erfolgt und

  • dass der Arzt Perspektiven aufzeigt.

Liste 1: Grundsätze der Patientenaufklärung

  • Der Behandelnde ist verpflichtet, den Patienten über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände aufzuklären. Dazu gehören insbesondere Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Diagnose oder die Therapie. Bei der Aufklärung ist auch auf Alternativen zur Maßnahme hinzuweisen, wenn mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Methoden zu wesentlich unterschiedlichen Belastungen, Risiken oder Heilungschancen führen können.

  • Die Aufklärung muss mündlich durch den Behandelnden oder durch eine Person erfolgen, die über die zur Durchführung der Maßnahme notwendige Ausbildung verfügt; ergänzend kann auch auf Unterlagen Bezug genommen werden, die der Patient in Textform erhält. Und die Aufklärung muss verständlich sein und so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann.

  • Der Behandelnde hat die Risikoaufklärung des Patienten und dessen Einwilligung nachzuweisen, zum Beispiel durch Eintrag in die Behandlungsunterlagen. Bei größeren Maßnahmen ist eine Unterschrift des Patienten auf einem Aufklärungsbogen sinnvoll.

  • Wichtig: Bögen ersetzen nicht das Aufklärungsgespräch. Sie können der „ Spickzettel“ des Gesprächs sein und dem Patienten zusätzlich zum Lesen gegeben werden. Der Patient sollte den Bogen nicht nur unterschreiben, sondern der Aufklärende sollte Anmerkungen oder Skizzen machen, die ein individuelles Gespräch erkennen lassen.

  • Der Behandelnde kann sich nicht damit exkulpieren, dass der Aufklärungsbogen ein bestimmtes Risiko nicht erwähnt oder verharmlost. Die Aufklärung muss gegebenenfalls über die Schilderung der im Vordruck befindlichen Risiken hinausgehen.

Notiz: Aufklärung und Sprachbarriere

„Die Aufklärung muss für den Patienten verständlich sein.“ (Paragraf 630e Abs. 2 S 3 BGB) Kann der Patient nicht folgen, weil er der deutschen Sprache nicht mächtig ist, liegt keine ordnungsgemäße Aufklärung vor und eine Einwilligung ist unwirksam.

Die Lösung liegt im Beiziehen eines Übersetzers, etwa ein Dolmetscher oder ein Angehöriger oder Bekannter, wenn der Arzt sicher ist, dass dieser die deutsche Sprache ausreichend beherrscht. Die Kosten für einen Dolmetscher muss nach der Begründung des Patien tenrechtegesetzes der Patient tragen. Um Streit zu vermeiden, sollte der Arzt situationsbezogen mit dem Patienten vereinbaren, dass der Patient die Dolmetscherkosten trägt und/oder die Kostenübernahme mit der zuständigen Behörde (etwa Sozialamt) schriftlich klärt.

Liste 2: Leitsätze für den Umgang mit Patientenvorwürfen

    1. Lassen Sie ein vom Patienten gewünschtes Gespräch zu und steuern Sie es.
    1. Verinnerlichen Sie, dass der Patient Sie immer als den Stärkeren wahrnimmt.
    1. Deshalb haben Sie im Falle von Vorwürfen keine Verteidigungsreaktion nötig!
    1. Zeigen Sie Empathie. Vergessen Sie nicht die wichtige Fragen „Wie geht es Ihnen?“ und „Kann ich etwas für Sie tun?“.
    1. Bieten Sie dem Patienten eine Lösung an, schlagen Sie zum Beispiel vor „Wir könnten durch die Gutachterkommission und Schlichtungsstelle für Sie kostenfrei klären lassen, ob meine Behandlung korrekt war“, oder „Ich melde den Sachverhalt meiner Haftpflichtversicherung. Diese wird sich kurzfristig mit Ihnen in Verbindung setzen und den Fall prüfen“.
    1. Geben Sie kein Haftungsanerkenntnis („Ich bin schuld und komme für die finanziellen Folgen auf“) ab, sondern formulieren Sie bei Bedarf „Wenn sich herausstellt, dass ich schuld bin, wird meine Haftpflichtversicherung Schadenersatz leisten“.
    1. Beachten Sie die allgemeinen Regeln: Verweigern Sie dem Patienten nicht die Einsicht in seine Behandlungsunterlagen oder die Herausgabe von Kopien, zeigen Sie dem Versicherer drohende Schadenersatzforderungen an, wahren Sie die Fristen von Mahnbescheid oder Klage.

Quelle: Workshop „Arzthaftpflicht – die rechtssichere Kommunikation“ des Autors, DEGAM-Kongress, Düsseldorf, 23.9.17

Litertur:

    1. www.aerztezeitung.de vom 11.4.2017
    1. Der Autor hat vieljährige Erfahrung in der Gestaltung und Durchführung von Assessment-Centern als ausgebildeter „Beobachter“
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