Praxis geschlossenKrankheit, Baby, Fortbildung: Tipps rund um die Vertretung

Es gibt einige Gründe, warum Ärztinnen und Ärzte ihrem Arbeitsort eine Zeitlang den Rücken kehren wollen oder gar müssen. Das A und O ist dann die Frage: Wie geht es mit der Arztpraxis weiter? In der Regel muss eine Vertretung organisiert werden. Was ist in solchen Fällen zu beachten und wo finden Ärztinnen und Ärzte Hilfe? Ein Überblick plus Checkliste.

Schon ab einer Woche gibt es für Ärzte Pflichten zur Organisation einer Vertretung und Abwesenheitsmeldung an die KV.

Eine längere Erkrankung oder eine Op mit Reha – auch Ärztinnen und Ärzte müssen mal die Praxistür zusperren. Doch so einfach geht das für mehrere Wochen oder Monate nicht: Schon ab einer Woche greifen nämlich Pflichten zur Organisation einer Vertretung und Abwesenheitsmeldung an die Kassenärztliche Vereinigung (KV).

Die Gründe für eine längere Auszeit können vielfältig sein. Neben einer langwierigen Erkrankung können Mutter- und Elternschaft oder schlicht ein langer Erholungsurlaub Gründe für eine Praxispause sein.

Wann muss die KV eine Vertretung genehmigen?

Innerhalb von 12 Monaten können sich Praxisinhabende bei Krankheit, Urlaub, ärztlicher Fortbildung oder einer Wehrübung bis zu drei Monate vertreten lassen, ohne dass eine Genehmigung der KV erforderlich ist.

Über die drei Monate hinaus ist die Genehmigung allerdings Einzelfallentscheidung der KVen. “Auch für längere Praxisauszeiten braucht es klare Vorgaben und Unterstützung, eine Vertretung zu organisieren”, fordert daher der Hausärztinnen- und Hausärzteverband (siehe Artikel “Längere Abwesenheiten? Fehlanzeige“).

Die Vertretung für die Sprechstunden kann am Stück erfolgen oder in Teilen, die über das Jahr hinweg summiert werden. Ein Sonderfall gilt bei Schwangerschaften: In unmittelbarem Zusammenhang mit einer Entbindung können sich Vertragsärztinnen bis zu 12 Monate vertreten lassen (Weitere Tipps gibt die “Eltern-Serie”: www.hausarzt.digital/tag/familie-und-praxis). Oben beschriebene Regelungen sind im Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) Paragraf 17, Absatz 3 nachlesbar.

Wie und wer ist zu informieren?

Sind Praxisinhabende weniger als eine Woche weg, muss die KV zwar nicht benachrichtigt werden. Informiert werden müssen aber die Patientinnen und Patienten “in geeigneter Weise”, heißt es im BMV-Ä weiter.

Das kann zum Beispiel ein Aushang sein oder eine Ansage auf dem Anrufbeantworter (Tipps: www.hausarzt.link/C3t5F). Hier muss auch erklärt werden, wer die Vertretung übernimmt. Einfach auf den Ärztlichen Bereitschaftsdienst zu verweisen, ist nicht möglich.

Wenn Ärztinnen oder Ärzte mehr als eine Woche weg sind, müssen sie ihrer KV zusätzlich mitteilen, wer die Vertretung übernimmt. Viele KVen bieten dafür auch ein Formular an.

Wer darf vertreten?

Glücklich können sich Ärztinnen und Ärzte schätzen, die in einer Gemeinschaft zusammenarbeiten und sich gegenseitig vertreten können. Denn grundsätzlich darf nur vertreten, wer die Weiterbildung im selben Fachgebiet absolviert hat. Dabei muss keine Kassenzulassung vorliegen. Auch Klinikärzte könnten also vertreten.

Ausnahmen, macht die Kassenärztliche Bundesvereinigung aufmerksam, sind möglich. Manche KVen akzeptierten etwa die Vertretung von einer Ärztin oder einem Arzt, der sich im letzten Abschnitt der Weiterbildung befinde. Aber wie findet man eine geeignete Vertretung?

Vertretung finden

Es gibt zahlreiche Vermittlungsagenturen, die sich auf Ärztinnen und Ärzte spezialisiert haben. Dafür werden aber in der Regel hohe Gebühren fällig. Alternativ bieten manche Landeshausärzteverbände, etwa Bayern oder Baden-Württemberg, eine Praxisbörse im Netz an.

Hier können meist Angebote und Gesuche mit Kontaktdaten, Gebiet und Qualifikation hinterlegt werden. Auch KVen bieten mitunter Listen mit vertretungswilligen Ärztinnen und Ärzten, die mehr oder minder gut gefüllt sind und schwierig in der Handhabe sein können, wie auch Dr. Katharina Kluge-von Laer berichtet (s. Kasten unten).

Was sollte der Vertrag regeln?

Wichtig bei Vertretungen, sagt Julia Barfuß, LL.M. Rechtsanwältin bei der Kölner RiG Rechtsanwaltsgesellschaft, ist immer das Thema Haftung. Bei Behandlungsfehlern haften Ärztinnen und Ärzte persönlich. Bei Regressen stellt sich die Frage, auf welche LANR oder BSNR verordnet wurde. Verschriebene Leistungen und deren Kosten können mit der LANR dem Verordnenden oder BSNR der Praxis zugeordnet werden. Wer im Fall eines Regresses die Verantwortung tragen soll, kann darüber also im Vertretungsvertrag vereinbart werden.

In der Regel rechnet die Vertretung über die LANR/BSNR des Vertretenen ab und im Außenverhältnis (also in Richtung KV) haftet dann der/die Vertretene, erklärt Barfuß weiter. Im Vertrag könne aber die “Inanspruchnahme der Vertretung im sogenannten Innenverhältnis” vereinbart werden: Dann könnte der/die Vertretene die Vertretung in der Höhe des Schadens in Anspruch nehmen.

Für die Vertragsgestaltung können durchaus Musterverträge als Basis dienen, erklärt Barfuß, die dann so konkret wie möglich an den Einzelfall angepasst werden.

Wichtig ist in jedem Fall, dass die Vertretung freiberuflich tätig wird und geregelt wird: Was passiert, wenn die Vertretung erkrankt? Als Verantwortlicher für den Versorgungsauftrag müssen sich Vertragsärztinnen und -ärzte in der Regel um eine erneute Vertretungssuche kümmern. “Es sollte aber vertraglich geregelt werden, dass die verhinderte Vertretung verpflichtet ist, den Vertretenen unverzüglich über seine Verhinderung zu informieren und bestenfalls schon selber eine weitere Vertretung organisieren”, rät die Rechtsanwältin. Darüber hinaus kann eine Schadensersatzformulierung mit aufgenommen werden, dass die verhinderte Vertretung für etwaig anfallende Mehrkosten aufkommt, die durch die notwendige Beschaffung der weiteren Vertretung entstanden sind.

Auch die Themen Scheinselbstständigkeit und Sozialversicherungspflicht kochen bei der Praxisvertretung immer wieder hoch. Um Ärger zu vermeiden, ist der Blick eines Juristen auf den Vertrag empfehlenswert, meint Barfuß.

Letzte Option: Ruhende Zulassung

Soll oder kann eine Praxis länger als drei Monate nicht betrieben und keine Vertretung gefunden werden, kommt das Ruhen der Zulassung infrage. Jedoch laufen die Praxiskosten dabei weiter, mahnt Dr. Nadja Jesswein (s. Kasten unten).

Das Ruhestellen muss beim Zulassungsausschuss der KV beantragt und nachvollziehbar begründet werden. Beispiele für legitime Gründe können etwa eine in absehbarer Zeit heilbare Erkrankung, Elternzeit, eine Weiterbildung oder ein größerer Praxisumbau sein.

Zudem dürfen dem Ruhen keine Gründe der Sicherstellung entgegenstehen. Wenn keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen, soll die Ruhenszeit zwei Jahre nicht überschreiten.

Interessant ist auch, dass das Ruhen der Hälfte oder eines Viertels einer Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung auch möglich sein kann, macht Barfuß aufmerksam.

Was ist zu dokumentieren?

Sämtliche Vertretungen (auch kurzzeitige) sollten intern jeweils gut dokumentiert werden und festgehalten werden, wer wen wie lange und aus welchem Grund vertreten hat, rät Barfuß. Auch die Genehmigung des Zulassungsausschusses sollte aufbewahrt werden.

Quellen:

  1. www.kbv.de/media/sp/BMV-Aerzte.pdf,
  2. Bundesmantelvertrag Ärzte (www.hausarzt.link/Ufasw) und
  3. Zulassung für Vertragsärzte (www.hausarzt.link/rfema)
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