Nicht alle Neugeborenen profitieren, wenn ihre Mütter während der Schwangerschaft zusätzlich Vitamin D nehmen. So die MAVIDOS-Studie: Für das Gesamtkollektiv zeigte sich kein Einfluss von Vitamin D auf den Ganzkörper-Mineralgehalt (BMC), hingegen war dieser bei den „Winter-Babies“ signifikant höher (63,0 g vs. 57,5 g, p=0,04). Bei den Müttern der „Winter-Babies“ war der Vitamin-D-Spiegel von der 14. bis zur 34. SSW in der Plazebogruppe abgefallen, bei Vitamin-D-Gabe hingegen angestiegen.
Kommentar
Vitamin D erhalten Neugeborene im 1. Lebensjahr zur Rachitisprophylaxe. Die Frage des Nutzens von Vitamin D für den Knochen im Embryonalstadium ist nach MAVIDOS differenziert zu beantworten: In der Studie fand sich im Gesamtkollektiv der Schwangeren mit niedrigen bis niedrigeren Ausgangsspiegeln kein Effekt auf das Knochenwachstum. Bei den im Winter geborenen Kindern wurde hingegen unter Vitamin D ein höherer Ganzkörper-Mineralgehalt gemessen. Die Nachbeobachtung über Jahre wird nun zeigen müssen, ob der Effekt anhält.
In der ALSPAC-Studie [2] hatte sich kein Zusammenhang zwischen den Vitamin-D-Spiegeln in den tiefgefroren konservierten Blutproben von 4.000 Schwangeren und der Knochendichte ihrer Kinder im Alter von neun bis zehn Jahren gezeigt.
Ob man Schwangeren generell Vitamin D geben soll, ähnlich wie Jodid oder Folsäure, wird weltweit kontrovers diskutiert. Während das britische NICE und die Pädiatrische Gesellschaft Kanadas eine Vitamin-D-Gabe empfehlen, sah das Amerikanische College für Geburtshelfer und Gynäkologen (ACOG) 2011 und 2015 [3] nicht genügend Evidenzen für eine Empfehlung, alle Schwangeren auf ihren Vitamin-D-Status zu screenen und ggf. zu substituieren; Ausnahmen: Hochrisiko-Patientinnen wie aus Südostasien, dem mittleren Osten oder Veganerinnen.
In Deutschland geben Fachgesellschaften unterschiedliche Ratschläge. Ian R. Reid, Uni Auckland, plädiert in einem Kommentar zu MAVIDOS [1] dafür, Vitamin D nur zu substituieren, wenn der Spiegel von 25(OH)-Vitamin D unter 25 – 30 nmol/L (10 – 12 ng/ml) liege. Man solle wegkommen von einer „Massen-Medikation“ ohne gesicherten Nutzen [4].
Studie
Die MAVIDOS-Studie hat die Gabe von Vitamin D an Schwangere (1.000 IE/Tag) verglichen mit Plazebo untersucht [1]. An der multizentrischen, doppelblinden, ran-domisierten Untersuchung haben sich 1.100 Schwangere beteiligt. Primäres Outcome war der Ganzkörper-Mineralgehalt (BMC), der mit der DXA-Technik erfasst wurde. Dieser ist für alle Neugeborenen ein präspezifiziertes sekundäres Outcome der BMC der im Winter Geborenen (Dezember bis Februar).
Ausgewählt wurden Schwangere mit einem Ausgangs-Vitamin-D-Spiegel zwischen 25 und 100 nmol/L (10 – 40 ng/ml) in der 10. bis 17. Schwangerschaftswoche (SSW), Schwangere darunter oder darüber wurden ausgeschlossen. Vitamin D oder Plazebo wurde etwa ab der 14. SSW bis zur Geburt oral gegeben.
Quelle: Prof. Helmut Schatz, Med. Kurznachrichten der DGE
Literatur
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1 Cyrus Cooper et al.: Maternal gestational vitamin D supplementation and offspring bone health (MAVIDOS): a multicentre, double-blind, randomized placebo-controlled trial. The Lancet Diabetes & Endocrinology published online: 1 March 2016. DOI: http://doi.org/10.1016/S2213-8587(16)00044-9
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2 Helmut Schatz: Vitamin D – Spiegel der Schwangeren ohne Einfluss auf die Knochen ihrer Kinder. DGE-Blogbeitrag vom 23. März 2013
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3 The American College of Obstetricians and Gynecologists: Committee Opinion. http://www.acog.org/Resources-And-Publications/
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4 Ian R. Reid: Towards a trial-based definition of vitamin D deficiency. The Lancet Diabetes & Endocrinology published online: 1 March 2016. DOI: http://dx.doi.org/10.1016/S22213-8587(16)00044-9