Hamburg. Eine längere Fesselung von Psychiatrie-Patienten soll in Hamburg künftig nur mit Zustimmung eines Richters möglich sein. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den der Senat am Dienstag (30. Oktober) beschlossen hat. Hamburg reagiere damit auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juli, erklärte Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD). Wenn eine Fixierung absehbar länger als eine halbe Stunde dauere, müsse das Krankenhauspersonal vom 1. Januar 2019 an einen richterlichen Eildienst informieren. Der Richter müsse dann in die Klinik fahren und sich vor Ort ein Bild machen, ob die Fixierung an Armen, Beinen, Bauch und manchmal auch an Brust und Stirn gerechtfertigt ist.
Auch im Straf- und Maßregelvollzug sowie Abschiebehaft soll die neue Regel gelten. Justizsenator Till Steffen (Grüne) kündigte an, jeweils zwölf Stellen für neue Richter und Servicemitarbeiter bei den Amtsgerichten zu schaffen. Der Eildienst soll jeden Tag von 6 bis 21 Uhr erreichbar sein. Notfälle in der Nacht müssen rückwirkend genehmigt werden. Die Betroffenen müssen über ihre Rechte informiert werden, wie Steffen erklärte. Hamburg sei nach Rheinland-Pfalz das zweite Land, dass auf das Urteil des Verfassungsgerichts reagiere.
Prüfer-Storcks betonte, dass auch bislang schon zwangseingewiesene Patienten “nur im alleräußersten Ausnahme- und Notfall” fixiert würden. Das sei im vergangenen Jahr 690 Mal vorgekommen, im Jahr davor 589. Im Zuständigkeitsbereich der Justizbehörde kam es 2017 zu 18 Fixierungen, 2016 zu 10 Fesselungen dieser Art.
Als milderes Mittel gilt in der Psychiatrie die Medikamentengabe gegen den Willen des Patienten, also etwa eine Beruhigungsspritze. Auch das muss in Hamburg dokumentiert werden. 2016 gab es 161 derartige Fälle. Für 2017 nannte die Senatorin keine Zahl. Allerdings gab es über die 690 Fixierungen hinaus noch 281 andere Zwangsmaßnahmen. Strafgefangene können auch in Arrest- und Sicherungszellen gesperrt werden. Die Bürgerschaft muss dem Gesetz noch zustimmen.
Quelle: dpa/lno