WirtschaftlichkeitsprüfungKassen kündigen Rahmenvorgaben

Vor nicht einmal einem Jahr haben Ärzte und Kassen neue Rahmenvorgaben für die Wirtschaftlichkeitsprüfung verabschiedet - um Ärztinnen und Ärzte besser vor Regressen zu schützen. Nun kündigt der GKV-Spitzenverband überraschend den Vertrag, die KBV spricht von einer "Blutgrätsche". In der Praxis ist vor allem die Kündigungsfrist relevant.

Nicht mehr in die gleiche Richtung: Die Kassen haben die Rahmenvorgaben Wirtschaftlichkeitsprüfung - erst im Mai 2020 mit der KBV geschlossen - aufgekündigt.

Berlin. Mitten in der Corona-Pandemie habe der GKV-Spitzenverband “Knall auf Fall” die Rahmenvorgaben für die Wirtschaftlichkeitsprüfung gekündigt. Das hat Dr. Stephan Hofmeister, Vize-Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), am Freitag (26. März) vor der Vertreterversammlung mitgeteilt – und diese „Blutgrätsche“ und „instinktloses und unverschämtes“ Verhalten der Kassen scharf kritisiert.

Erst im Mai 2020 hatten KBV und Kassen die Vorgaben geschlossen.

Beim Vortrag der scharfen Kritik an der Kündigung sei diese noch ganz frisch gewesen: Erst am Vortag sei diese eingetrudelt, ein unkommentierter „Einzeiler“, wie Hofmeister vor Journalisten unterstrich. Für eine Nachfrage nach den Hintergründen war der GKV-Spitzenverband am Freitagnachmittag nicht zu erreichen. Medienberichten zufolge bestätigte die Kassenseite die Kündigung jedoch, deutete vor dem Stichtag zum 31. Oktober jedoch an, dass noch ausreichend Zeit für Gespräche mit der KBV bliebe.

Vorgaben sollten vor Regressen schützen

Zum Hintergrund: Die Aktualisierung der Rahmenvorgaben war insbesondere aufgrund des 2019 in Kraft getretenen Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) notwendig geworden. Denn das Gesetz sieht unter anderem vor, dass bei Regressen für verordnete Leistungen nicht mehr die gesamten Kosten der als unwirtschaftlich erachteten Leistung erstattet werden müssen, sondern nur noch der Differenzbetrag zwischen unwirtschaftlicher und wirtschaftlicher Leistung.

Für Hausärztinnen und Hausärzte war das eine wichtige Klarstellung im Kampf gegen Regresse. Durch die Verkürzung der Frist für Wirtschaftlichkeitsprüfungen von vier auf zwei Jahre sollten sie außerdem mehr Planungssicherheit bekommen. „Auch das möchten die Krankenkassen und der GKV-Spitzenverband bei Einzelfallprüfungen offensichtlich nicht mehr zugestehen“, kritisierte Hofmeister.

Die Kündigung wird Medienberichten zufolge zum 31. Oktober 2021 wirksam, sodass Hausärztinnen und Hausärzte nicht unmittelbar Konsequenzen drohen.

Regionale Krankenkassen als Treiber?

Die regionalen Krankenkassen hätten die im Mai 2020 abgeschlossenen Rahmenvorgaben ohnehin „offen missachtet, konterkariert und unterlaufen“, so Hofmeister.

Möglicherweise, spekuliert er zu den Hintergründen, sei der Spitzenverband nun getrieben vom Verhalten der regionalen Kassen – was jedoch Fragen bezüglich der Verlässlichkeit und Notwendigkeit eines Spitzenverbandes aufwerfe.

Weiteres Thema: Impfen in den Praxen

Darüber hinaus betonte der KBV-Vorstand am Freitag vor der Vertreterversammlung einmal mehr, dass das Impfen für Praxen tägliche Routine sei. “Es wird so getan, als sei das Impfen in Zentren der Normalzustand und das Impfen in Praxen eine Besonderheit. Dabei ist es in Deutschland doch genau anders herum!“, so Hofmeister.

Nur durch schnelleres Impfen in den Haus- und Facharztpraxen sieht KBV-Chef Dr. Andreas Gassen die Chance, “aus dem Pandemie-Modus zurück zur ersehnten Normalität zu kommen”.

Damit unterstreicht die KBV die seit Wochen vom Deutschen Hausärzteverband und seinen Landesverbänden vorgetragene Forderung, die Impfungen schnellstmöglich in die Praxen zu holen, um die Geschwindigkeit der Impfungen zu erhöhen.

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