Wir kennen es; Sie kennen es sicher auch: Viele Hausärztinnen und Hausärzte fühlen sich bisweilen unsicher im Umgang mit erwachsenen Menschen mit seelischen, geistigen, körperlichen oder Mehrfachbehinderungen.
Die Einschätzung, was für die Einzelne oder den Einzelnen der individuelle Normalzustand ist und was eine (therapiebedürftige) Abweichung darstellt, fällt oft ebenso schwer wie die anschließende Behandlung dieser Patientengruppe.
Die Erklärung dafür, dass es an den einschlägigen Erfahrungen mangelt, ist ebenso simpel wie erschütternd: Inklusive Medizin ist im Medizinstudium schlichtweg nicht enthalten (siehe Artikel “Inklusive Medizin: Im Studium leider nicht inklusive“).
Wollen Hausärztinnen und Hausärzte mehr Kompetenz erwerben, Menschen zu versorgen, die eine angeborene oder im frühen Kindesalter erworbene Störung haben – beispielsweise Zerebralparese, Down-Syndrom oder fetale Alkoholembryopathie –, müssen sie selbst Initiative ergreifen und sich aus- oder weiterbilden.
Die AG Inklusive Medizin des Bayerischen Hausärzteverbandes sieht hier dringenden Änderungsbedarf und hat ein entsprechendes Positionspapier erarbeitet. So sollen bestimmte Basiskompetenzen bei der Behandlung von erwachsenen Menschen mit geistiger oder komplexer Behinderung zukünftig bereits im Studium vermittelt werden – allen voran die Kommunikation mit Menschen mit Intelligenzminderung und die Schmerzerkennung bei Menschen ohne oder mit deutlich reduzierter Verbalsprache.
Diese Lücke im Curriculum muss geschlossen werden; deshalb unterstützen wir die Forderungen nachdrücklich.
Mit kollegialen Grüßen
Dr. Markus Beier und Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth
Bundesvorsitzender und Bundesvorsitzende Hausärztinnen- und Hausärzteverband e. V.