Virale Atemwegsinfektionen in den ersten sechs Lebensmonaten sind mit einem erhöhten Risiko für Typ-1-Diabetes assoziiert. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München in einer Studie (doi: 10.1001/jama.2016. 2181).
Dafür untersuchten sie anonymisierte Daten von fast 300.000 Kindern, die zwischen 2005 und 2007 in Bayern geboren wurden, also 85 Prozent der Neugeborenen in Bayern. Diese werteten sie im Hinblick auf Infektionen und das spätere Auftreten von Typ-1-Diabetes aus. Die Infektionen wurden aufgeschlüsselt nach der Lokalisation der Symptome (wie etwa Haut, Augen, Magen-Darm-Trakt oder Atemwege), den Ursachen (Bakterien, Viren oder Pilze) und dem Lebensalter (vierteljährlich ab Geburt).
Die daraus resultierenden Zusammenhänge fasst Erstautor Dr. Andreas Beyerlein zusammen: "Unsere Ergebnisse zeigen, dass virale Atemwegserkrankungen innerhalb der ersten sechs Lebensmonate das Risiko für Kinder, an Typ-1-Diabetes zu erkranken, signifikant erhöhen." Infektionen, die später oder an anderen Organen auftraten, waren nicht mit einem signifikant höheren Risiko verbunden. Für die Forscher ist diese Erkenntnis ein weiterer Baustein auf dem Weg, die Entstehung von Typ-1-Diabetes zu verstehen, bei der das Zusammenspiel von Genetik und Umweltfaktoren noch weitgehend unklar ist.
Bisher gab es für den Einfluss von Infektionen nur relativ inkonsistente Hinweise aus Studien von Kindern mit genetisch erhöhtem Risiko für Typ-1-Diabetes. "Wir konnten dies nun erstmals an einem populationsbasierten Kollektiv von fast 300.000 Kindern bestätigen und fanden insbesondere starke Hinweise für die ersten sechs Monate als besonders empfindliche Lebensphase", erklärt Studienleiterin Prof. Anette-Gabriele Ziegler. "Das deckt sich auch mit anderen Ergebnissen basierend auf Daten von Kindern mit familiär bedingt erhöhtem Risiko, die nahelegten, dass das erste halbe Jahr entscheidend für die Entwicklung des Immunsystems und möglicher Autoimmunkrankheiten wie Typ-1-Diabetes ist."
Künftig wollen die Wissenschaftler herausfinden, ob tatsächlich ein kausaler Zusammenhang besteht, welche Krankheitserreger beteiligt sind und wie sie den Effekt auslösen. Auf dieser Basis könnte man versuchen, eine entsprechende Impfung zu entwickeln.