VideosprechstundeAU per Video möglich, aber nicht für jeden

Was während der Corona-Pandemie schon zeitlich befristet möglich war, bleibt nun dauerhaft in der Praxis: Patienten können auch ohne den persönlichen Gang zum Arzt krankgeschrieben werden. Allerdings nur per Video - nicht am Telefon.

Krank? Künftig können Ärztinnen und Ärzte dies auch nach einem "Treffen" am Bildschirm bescheinigen.

Berlin. Hausärztinnen und Hausärzte können ihnen bekannte Patienten künftig auch nach einer Videosprechstunde krankschreiben. Dafür hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am Donnerstag (16. Juli) die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie entsprechend geändert, wie der Ausschuss mitteilte. Zudem setzt die Video-AU voraus, dass sich die Erkrankung des Patienten allein per Video ärztlich abklären lässt.

Dabei ist die erstmalige Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (AU) auf einen Zeitraum von sieben Kalendertagen begrenzt. Eine Folgekrankschreibung über Videosprechstunde ist nur zulässig, wenn die vorherige Krankschreibung aufgrund unmittelbarer persönlicher Untersuchung ausgestellt wurde.

Wichtig: Ausgeschlossen bleibt eine Krankschreibung per Videosprechstunde, wenn der oder die Versicherte in der Arztpraxis bislang noch nie persönlich vorstellig geworden ist, sowie die Feststellung einer AU ausschließlich auf Basis eines Online-Fragebogens, einer Chat-Befragung oder eines Telefonats.

Hinweis: Quasi passend dazu hat die Bundesärztekammer jüngst neue telemedizinische Abrechnungsmöglichkeiten in der GOÄ beschlossen – teils in Kombination mit zeitlich begrenzten Corona-Sonderregelungen.

Hintergrund: Lockerung der Musterberufsordnung

Die Änderung der AU-Richtlinie jedoch steht explizit „nicht im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie“, betont der G-BA. Anlass der Richtlinienänderung sei vielmehr die Tatsache, dass der Deutsche Ärztetag 2017 das Verbot der ausschließlichen Fernbehandlung gekippt hatte und die Musterberufsordnung mittlerweile entsprechend geändert wurde. „Mit der getroffenen Regelung greift der G-BA die Vorgaben der Musterberufsordnung auf und trägt ihnen in der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie Rechnung“, heißt es.

Zuvor hatte der G-BA bereits allerhand Sonderregelungen für die Versorgung in der Pandemie verabschiedet; in diesem Zuge war auch immer wieder über ein Bleiben der Videosprechstunde nach dem Ende der Pandemie spekuliert worden. Die Zahl der erteilten Genehmigungen zur Abrechnung einer Videosprechstunde war im Vergleich zu Ende 2019 zuletzt signifikant gestiegen.

Neuerung gilt nur für Video – nicht für Telefon

Viele Hausärzte kritisieren dabei, dass die Krankschreibung künftig nach einer Videokonsultation, nicht jedoch nach einem Telefongespräch möglich sein wird. Auch hierüber war an verschiedenen Stellen spekuliert worden; während der Corona-Pandemie hatte es eine entsprechende Ausnahmeregelung zur Telefon-AU gegeben. Diese ist jedoch mittlerweile wieder aufgehoben.

Der Deutsche Hausärzteverband steht einer Pandemie-unabhängigen Möglichkeit der Telefon-AU aufgeschlossen gegenüber. So hatte sich der Verband schon früh für leichtere Bedingungen eingesetzt und wiederholt eine Verlängerung der Tele-AU durchsetzen können. Zentral war dabei auch die Frage, warum Bedingungen für die Videosprechstunde gelten sollten, die für eine Beratung und Versorgung per Telefon nicht gelten.

Auch die Bundesärztekammer (BÄK) hatte in einem jüngst vorgelegten Forderungskatalog die “dauerhafte Möglichkeit der Bescheinigung einer Arbeitsunfähigkeit über Telefon- und Videokontakt für Bestandspatienten von Haus- und Kinderärzten” gefordert.

Hausärztinnen und Hausärzte, darunter die Abrechnungsexperten der “Rauchenden Köpfe”, betonen, dass die Videosprechstunde gegenüber dem Telefonat nicht so viele Vorteile biete, als dass dies den technischen Mehraufwand rechtfertigen würde. Ob in einer weiteren Anpassung auch eine Krankschreibung per Telefon möglich gemacht werden könnte, hat der G-BA auf Anfrage am Donnerstag zunächst unbeantwortet gelassen.

Darüber hinaus hat der G-BA in seiner jüngsten Sitzung in der AU-Richtlinie verankert, dass die Krankschreibung ab 2021 aus der Praxis digitial an die Krankenkasse übermittelt werden muss. 

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