Die Information, dass es beim elektronischen Heilberufsausweis (eHBA) zu Lieferschwierigkeiten kommt, hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zurückgewiesen. „Ich kann Sie nur bitten: Besorgen Sie sich den eHBA“, appellierte er am Dienstag (4. Mai) auf dem digitalen 124. Deutschen Ärztetag an die Ärzte. Es werde aktuell deutlich weniger bestellt als die Produktionskapazität hergebe.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hatte jüngst auf die „größte Baustelle“ der Digitalisierung hingewiesen und Ärzte vor dem Hintergrund mehrwöchiger Lieferzeiten aufgerufen, den eHBa – als Nachfolger des Arztausweises aus Papier – lieber früher als später zu bestellen. Er ist unter anderem für die Qualifizierte Elektronische Signatur und damit zahlreiche nahende Anwendungen der Telematikinfrastruktur (TI) nötig, etwa zum Befüllen der elektronischen Patientenakte (ePA).
Auch Dr. Klaus Reinhardt, Chef der Bundesärztekammer (BÄK), sagte im Ärztetags-Livestream, der „Bearbeitungsstau“ mache eine Vollausstattung der Ärzte und damit eine Betriebsbereitschaft zum 30. Juni „schlichtweg unmöglich“. Dann soll – Stand heute – die ePA – bundesweit starten.
E-Rezept und E-AU verschieben – zugunsten von anderen
Reinhardt forderte daher, Anwendungen, die nicht primär der Versorgung dienen – konkret E-Rezept und E-AU – zu verschieben. Medizinisch dienliche Anwendungen wie Notfalldaten, E-Medikationsplan und E-Patientenakte hingegen müssten „endlich von der Industrie praxistauglich umgesetzt“ werden.
Deutlich mahnte Reinhardt ein Ende oder zumindest Aussetzen der Sanktionen an, die aktuell wie ein Damoklesschwert über den Praxen schwebten. “Sanktionen bringen weder Vertrauen noch Motivation”, unterstrich er eine Forderung auch des Deutschen Hausärzteverbandes. Die Hausärztinnen und Hausärzte hatten erst kürzlich bei ihrer Frühjahrstagung einmal mehr unterstrichen, dass die Digitalisierung in praxistauglichen Dosen voranschreiten müsse und keine Sanktionen vorsehen dürfe.
Überraschende Zustimmung Spahns
Vor allem Sanktionen, “die an die Verfügbarkeit notwendiger Ausstattungen anknüpfen, aber bereits heute erkennbar ohne Verschulden der Ärzteschaft nicht zu den gesetzlich vorgesehenen Terminen zur Verfügung stehen werden“, müssten umgehend beendet werden, so Reinhardt. Die vom Gesetzgeber beschlossenen Fristen zur Digitalisierung seien schon ohne Pandemie zu eng getaktet, zumal sich technische Probleme nach wie vor häuften.
Das von Reinhardt kritisierte überhöhte Tempo der Digitalisierung wies Gesundheitsminister Spahn zwar zurück – ließ sich in der von Jürgen Zurheide moderierten Diskussion mit Reinhardt jedoch auf eine Zustimmung festnageln: “Da, wo Vorgaben objektiv nicht geleistet werden können, soll es keine Sanktionen geben”, pflichtete Spahn bei.
Zu den möglichen Fristverschiebungen machte er keine Aussage.
Beschlüsse zum Thema folgen
Während des 124. Deutschen Ärztetags, der am Dienstag und Mittwoch digital tagt, werden zwei Beschlüsse abgestimmt, die sich gegen das Tempo und die drohenden Sanktionen stemmen. “In zu schneller Taktung gibt der Gesetzgeber die Einführung digitaler Anwendungen der Telematikinfrastruktur vor und verbindet diese teilweise mit Sanktionen“, heißt es darin.
Weiteres Thema wird die Neuregelung der Sterbehilfe sein.
Zur Eröffnung des Ärztetags am Dienstagmorgen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Ärztinnen und Ärzten für ihr Engagement in der Corona-Pandemie gedankt.