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E-Rezept in der Praxis: Knackpunkt Zeit

Das E-Rezept als ein Baustein aus Lauterbachs Digitalgesetz ist in den Praxen angekommen – begleitet von zahlreichen technischen Ärgernissen. Wo genau es hapert, was im Praxisalltag die größten Zeitfresser sind und wie Praxen eine zeitnahe Übertragung unterstützen können. Plus: Eine neue Praxishilfe erleichtert die Zusammenarbeit mit den Apotheken.

Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft McKinsey wurde im Januar bereits jedes zweite Rezept digital ausgestellt.

Wenn Dr. Mohammad Ahmadi in seinem Sprechzimmer sitzt, ist das E-Rezept sein ständiger Begleiter. Der Hausarzt aus Mainstockheim (Bayern) arbeitet dazu mit zwei Bildschirmen: Auf dem einen hat er die Patientenakte im Praxisverwaltungssystem (PVS) geöffnet, auf dem anderen seinen “Signierordner”, den er nach dem Patientenkontakt per Komfortsignatur abarbeitet. So kann jedes E-Rezept direkt eingelöst werden – zumindest in der Theorie.

Damit lebt Ahmadi eine Vorgabe des Mitte Dezember beschlossenen Gesetzes zur Beschleunigung der Digitalisierung im Gesundheitswesen, kurz Digitalgesetz. Es zielt darauf ab, elektronischer Patientenakte und Co zum Durchbruch zu verhelfen (siehe Tabelle unten) – und macht dafür auch das E-Rezept zum “verbindlichen Standard in der Arzneimittelversorgung”.

Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft McKinsey wurde im Januar bereits jedes zweite Rezept digital ausgestellt, in der zweiten Jahreshälfte wird es demnach der überwiegende Großteil sein. [1]

Wichtig in der Praxis: Die Umstellung auf das E-Rezept betrifft zunächst nur gesetzlich Versicherte, Privatversicherte folgen erst im Laufe des Jahres. Für Heime greifen andere Vorgaben. Dabei war der 1. Januar zwar per Gesetz ein wichtiger Stichtag – viele Praxen haben jedoch schon deutlich länger Erfahrung mit dem E-Rezept.

Praxen haben sich gut vorbereitet

“Wir haben uns schon sehr frühzeitig damit auseinandergesetzt und bereits seit Juni mit einzelnen Patienten getestet”, sagt auch Ahmadi, der im Bayerischen Hausärzteverband aktiv ist. Auch die nahe Apotheke hatte so die Chance, gemeinsam mit der Praxis zu üben.

Essenziell sei gewesen, das Team zu schulen, wie beispielsweise Rezepte vorbereitet und schließlich die Patienten informiert werden können. “Das hat geholfen, Hürden – etwa mit Blick auf Wissen und Bürokratie – abzubauen.”

Nichts ändern kann die gute Vorbereitung jedoch an den anhaltenden Technik-Ärgernissen, die die Theorie des E-Rezepts von der Praxis unterscheidet: In einer Umfrage des Ärztlichen Nachrichtendienstes (änd) zum flächendeckenden Start des E-Rezepts berichteten 50 Prozent von Problemen mit der Telematikinfrastruktur (TI). [2]

Dem McKinsey-Report zufolge klagten sogar 69 Prozent der Hausarztpraxen über wöchentliche bis tägliche TI-Störer. [1]

TI und PVS: Regelhaft Ärger

Häufig gibt es aber auch Probleme mit der eigenen Praxissoftware: der änd-Umfrage zufolge in 29 Prozent der Fälle [2], bei einer Umfrage des Zi berichtete jüngst gar ein Viertel der Praxen von wöchentlichen PVS-Abstürzen bei der Umsetzung digitaler Anwendungen [3].

“Ob das E-Rezept in der Praxis gut umsetzbar ist oder zu Ärger führt, ist in hohem Maße vom eigenen PVS abhängig”, beobachtet auch Dr. Kristina Spöhrer, Mitglied im Bundesvorstand des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes sowie Leiterin dessen Arbeitsgruppe Digitales. “Hier gibt es sehr unterschiedliche Erfahrungen.”

Eine davon teilt Bundesvorsitzender Dr. Markus Beier: In seiner Praxis in Erlangen (Bayern) hat die Software kurz nach dem Jahreswechsel aufgefordert, das E-Rezept wieder abzuschalten – “obwohl wir schon bei 100 Prozent E-Rezepten waren”. Anfang Februar bestand das Problem noch immer.

Auch bei den Apotheken machen TI-Probleme (16 Prozent) und die Software (8 Prozent) Umfragungen im Januar zufolge die größten Ärgernisse im Alltag aus [4].

Darüber hinaus berichteten Praxen der Redaktion von “Der Hausarzt” gegenüber, dass viele Patienten nicht über die Umstellung informiert gewesen seien und das Praxisteam viel Zeit für Erklärungen habe aufbringen müssen. So monierte unter anderem die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) Ende Januar eine fehlende Kommunikation gegenüber den Bürgern.

Essenziell: Praktikabilität im Alltag

Mit Blick auf diese Fehlerursachen zeigt sich ein Knackpunkt, an den der Hausärztinnen- und Hausärzteverband immer wieder erinnert hat: die Praktikabilität digitaler Anwendungen in der Praxis. Diese dürften nicht zum Zeitfresser werden.

Doch nach wie vor klagen viele über lange Ladezeiten, die die Arbeitsabläufe beeinträchtigen, weiß Spöhrer. Gerade bei einer Massenanwendung wie dem E-Rezept sei das ein “Unding”, unterstreicht Bundesvorsitzende Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth. Aus der eigenen Praxis beziffert sie die nötige Zeit für die Signatur eines E-Rezeptes mit 15 Sekunden – deutlich länger als die analoge Unterschrift.

Aus der Sicht von Spöhrer ergibt sich der zusätzliche Zeitaufwand auch durch die nötige Beratung: “Viele benötigen Erklärungen und zusätzliche Gesprächszeit”, berichtet sie. In ihrer Gemeinschaftspraxis in Winsen (Niedersachsen) hat man daher nach und nach im laufenden Betrieb auf das E-Rezept umgestellt. Zusätzlich erinnert sie an die Zeit, die Kollegen bei eben solchen Störungen mit Hotlines und Co verbringen.

“Es kann nicht sein, dass wir für die Fehlersuche und -behebung zuständig sind”, kritisiert sie. Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband setzt sich daher dafür ein, dass in diesen Fällen auch die Hersteller in die Haftung genommen werden müssen.

Häufige Rückläufer aus der Apotheke

Zudem scheint der Übermittlungsprozess aus der Praxis in die Apotheke im Praxisalltag ein Knackpunkt zu sein – denn nicht selten dauert dieser so lang, dass Patienten bereits vor dem E-Rezept in der Apotheke ankommen, gerade wenn diese im gleichen Haus liegt.

Ein daraus resultierendes Problem: “Ärzte berichten immer wieder, dass Patienten aus den Apotheken in die Praxis zurückgeschickt würden, um sich einen Ausdruck geben zu lassen”, beobachtet die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Ein Problem, das auch Spöhrer und Ahmadi kennen: “Wir haben immer wieder Rückläufer aus der Apotheke, deren Ursache wir uns nicht erklären können”, sagen beide unisono.

Zur Erinnerung: Zur Übertragung des E-Rezeptes von der Arztpraxis in die Apotheke bestehen drei Wege:

  • per elektronischer Gesundheitskarte (E-GK),
  • als Papierausdruck des E-Rezepts mit einem QR-Code (Token) oder
  • per Smartphone mit App.

Sowohl Berichte aus Hausarztpraxen als auch eine Umfrage des Apothekerverbandes Nordrhein [5] zeigen: Über 80 Prozent der E-Rezepte werden über die E-GK eingelöst, die Gematik-App ist in nur einem Prozent der E-Rezept-Fälle genutzt worden.

Denn: Beim Einlösen per E-GK müssen Versicherte ihre Karte nur in ein Lesegerät einstecken; zur Nutzung der App sind die Hürden mit Authentifizierung und PIN der Kasse sowie NFC-fähigem Mobiltelefon deutlich höher.

Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband hatte an verschiedenen Stellen angemahnt, dass eine Umsetzung nutzerfreundlich sein müsse, ansonsten hapere es an der Akzeptanz – so wie es aktuell bei der Gematik-App der Fall ist.

Komfortsignatur “empfohlen”

Unabhängig vom Übertragungsweg gilt: Erst mit der Signatur werden die Infos aus der Verordnung auf den Server der TI übertragen, sodass die Apotheke die Daten dort abrufen kann. Um E-Rezepte zu signieren, haben Hausärzte drei Möglichkeiten: Einzel-, Komfort- und Stapelsignatur.

Laut KBV ist die Einrichtung der Komfortsignatur “empfehlenswert”. [6] Denn: So können Ärzte mit ihrem elektronischen Heilberufsausweise (eHBA) über den Tag verteilt bis zu 250 Dokumente digital signieren. Dazu geben sie nur einmal ihre PIN ein; der eHBA bleibt im Kartenterminal gesteckt. E-Rezepte werden dann “live” unterschrieben.

Zwar besteht auch die Möglichkeit der Stapelsignatur, die bei der E-Krankschreibung von Vorteil sein kann. Aber: In diesem Fall werden mehrere vorbereitete E-Rezepte mit einmaliger PIN-Eingabe gleichzeitig signiert und vorher auch nicht versendet. In der Apotheke ist es damit nicht sofort abholbereit.

Tipp aus der Praxis: Werden Rezeptwünsche gezielt “en bloc” abgearbeitet (etwa vom Anrufbeantworter), kann es hilfreich sein, Patienten darüber zu informieren. Ausstellungs- und Signaturdatum müssen in diesem Fall übereinstimmen!

Ein Knackpunkt: Praxisberichten zufolge sind noch immer nicht alle PVS in der Lage, die Komfortsignatur – komfortabel oder überhaupt – umzusetzen. “Es gibt Hersteller, die das sehr gut gelöst haben, und es gibt PVS, die das sehr kompliziert machen”, weiß Ahmadi aus dem Austausch mit Kollegen.

Hinzu kamen laut ihm und Spöhrer zeitweise Abstürze und “Blockaden” des Systems, wenn die Komfortsignatur im Hintergrund mit der TI kommunizierte oder E-AU- und E-Rezept-Vorgänge zeitgleich liefen. Auch sei unterschiedlich gut umgesetzt, inwiefern PVS die Vorbereitung von Rezepten durchs Team unterstützen.

Viele PVS hinken hinterher

Doch auch wenn das PVS offiziell die Komfortsignatur unterstützt, kam es laut KBV zuletzt “ab und zu” vor, dass die Verordnung in der Apotheke nicht sofort abrufbar war. Ende Januar stand die KBV dazu eigenen Angaben zufolge im Austausch mit der Gematik.

Für Spöhrer zeigt sich hier eine essenzielle Forderung: “Die Praktiker vor Ort müssen bei der Entwicklung digitaler Anwendungen einbezogen werden.” Dies sei nicht zuletzt mit Blick auf weitere Bausteine des Digitalgesetzes wie die E-PA wichtig. “Da liegt noch viel Arbeit vor uns.”

Fazit

  • Der flächendeckend verbindliche Start des E-Rezepts zum 1. Januar ist seither begleitet von regelmäßigen TI-Ausfällen sowie Problemen mit den PVS, was Ärgernisse im Praxisalltag bedeutet.
  • Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband kritisiert solche Zeitfresser seit Jahren und mahnt eine praxistaugliche Umsetzung digitaler Anwendungen an.
  • Ein Problem: Die Umsetzung des E-Rezepts in den verschiedenen PVS ist unterschiedlich gelöst und erschwert Abläufe teils zusätzlich.

Quellen:

1. „E-Health Monitor“, Unternehmensberatung McKinsey & Company, Januar 2024, zuletzt aufgerufen am 14.2.2024

2. Umfrage des änd, 4.-5.1.2024, n = 913, www.presseportal.de/pm/61299/5684952, zuletzt aufgerufen am 14.2.2024

3. Umfrage des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) mit dem Ärztenetzwerk Berlin, 31.3.-3.7.2023, zuletzt aufgerufen am 14.2.2024

4. Umfrage der DAZ, 8.-15.1.2024, n = 1281, https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2024/01/17/grosse-daz-umfrage-so-lief-die-erste-woche-mit-e-rezept, zuletzt aufgerufen am 14.2.2024

5. Umfrage des Apothekerverbandes Nordrhein, 4.-5.1.2024, n = 450, https://www.av-nr.de/die-apotheke/aktuelles/meldung/avnr-blitzumfrage-fast-alle-e-rezepte-werden-ueber-die-elektronische-gesundheitskarte-in-der-apothek/, zuletzt aufgerufen am 14.2.2024

6. https://www.kbv.de/media/sp/Praxisinformation_eRezept.pdf, zuletzt aufgerufen am 14.2.2024

7. Arztumfrage im Praxisnewsletter des DeutschenArztPortals vom 23.-28.1.2024, n = 480

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