© Axel Kock - Fotolia Für ca. 80 Prozent der Zystitis-Infektionen ist Escherichia coli verantwortlich.
Eine antibiotische Therapie führt zu einer Reduktion der Krankheitsdauer, sodass in einem aufklärenden Gespräch mit der Patientin gemeinsam über die Therapieform entschieden werden sollte. Alternativ zur antibiotischen Behandlung kommt eine rein symptomatische Therapie mit nichtsteroidalen Antirheumatika wie zum Beispiel Ibuprofen in Betracht. In Studien konnte gezeigt werden, dass eine Therapie mit pflanzlichen Präparaten der antibiotischen Therapie nicht unterlegen ist, sondern ein wichtiges Instrument in der Reduktion der Antibiotikaverschreibungen und weiteren Verschlechterung der Resistenzlage der auslösenden Erreger darstellt. Antibiotika der ersten Wahl bei Zystitis sind Fosfomycin-Trometamol, Nitrofurantoin, Nitroxolin und Pivmecillinam. Cephalosporine, Fluorchinolone sollten aufgrund der vermehrten unerwünschten Arzneimittelwirkungen sowie Kollateralschäden in Form von Resistenzentwicklungen nicht eingesetzt werden.
Rezidivierende Zystitis
Bei ≥ 3 HWI in 12 Monaten und ≥ 2 HWI in 6 Monaten spricht man von rezidivierenden Harnwegsinfektionen. Hier sind besondere Diagnostik- und Therapieregime zu beachten. Bei jedem Akutereignis sollte eine Urinkultur angelegt und, falls klinisch vertretbar, das Ergebnis vor der antibiotischen Behandlung abgewartet werden.
Bei ≥ 3 HWI in 12 Monaten und ≥ 2 HWI in 6 Monaten spricht man von rezidivierenden Harnwegsinfektionen.
Zur Diagnostik gehören neben einer ausführlichen Anamneseerhebung, die mikrobiologische Untersuchung und urologische Sonographie ebenso eine gynäkologische Evaluation zum Ausschluss eines vaginalen Vorfalls oder eines Hormonmangels.
Als Allgemeinmaßnahme empfiehlt sich eine ausreichende, aber nicht übermäßige Trinkmenge, es sollte eine Urinmenge von ca. 1,5 Liter pro Tag erzielt werden. Eine übertriebene Intimhygiene ist zu vermeiden, diese schädigt das lokale und produktiv wirkende Milieu von Laktobazillen und antimikrobiellen Peptiden. Die Rezidivrate der HWI korreliert mit der Rate an Genitalkontakten, somit kann eine sexuelle Abstinenz im Einzelfall protektiv wirken. Studien belegen eine Wirksamkeit der Immuntherapeutika (z. B. OM -89, StroVac) welche inaktivierte pathogene Erreger enthalten. Unterschiedliche Empfehlungen gibt es zu Cranberry-Produkten und D-Mannose. Einigkeit herrscht über die Wirksamkeit einer lokalen Östrogenbehandlung. Diese führt sowohl bei post- als auch bei prämenopausalen Frauen zu einer signifikanten Reduktion der Rezidivrate. Im Falle der Ineffektivität all dieser Maßnahmen kann eine antibiotische Prophylaxe erwogen werden, diese kann als Langzeitprävention oder als postkoitale Einmalgabe erfolgen.
Unkomplizierte Pyelonephritis
Die obere HWI (Pyelonephritis) zeigt ein zusätzliches Auftreten von Fieber, Flankenschmerzen und/oder meist einseitigem Nierenlagerklopfschmerz. Schwere Infektionen treten mit Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen und Kreislaufinstabilität auf. In diesen Fällen sollte eine sofortige intravenöse antibiotische Therapie eingeleitet werden. Mildere bis mittelschwere Formen können ambulant und mit einer oralen Antibiotikagabe behandelt werden. Eine Therapiedauer von 7 – 14 Tagen ist in der Regel ausreichend. Es stehen sowohl zur oralen als auch zur intravenösen Therapie Fluorchinolone und Cephalosporine zur Verfügung.
Komplizierte HWI
Komplizierte HWI sind sehr heterogen und durch eine begleitende relevante, anatomische funktionelle oder metabolische Störung definiert. Hierzu gehören Fremdkörper (z. B. Katheter) sowie Abflussstörungen, Niereninsuffizienz, Störungen des Immunsystems und eine schlecht eingestellte diabetische Stoffwechsellage. Das Erregerspektrum der komplizierten HWI variiert je nach Genese der Infektion, es können hier neben den typischen Erregern der unkomplizierten HWI auch andere Enterobacteriacae und Pseudomonas aeruginosa vorliegen.
Bei Männern betrifft eine HWI häufig parenchymatöse Organe wie die Prostata oder die Nebenhoden. Daher sollte bei Männern nahezu ausschließlich eine Einteilung zu den komplizierten HWI erfolgen. Eine Urinkultur sowie die digital-rektale Untersuchung der Prostata und eine klinische Untersuchung des Skrotums sind obligat.
Die Therapie kann dann nach wie vor mit Fluorchinolonen erfolgen. Diese gewährleisten eine ausreichend hohe Antibiotikakonzentration im Urin, Ejakulat, sowie im Prostatagewebe und im Prostatasekret. Die Therapiedauer von mindestens 2 bis 4 Wochen bei begleitender Prostatitis und 1 bis 2 Wochen bei der Epididymitis ist einzuhalten, um Komplikationen wie Abszessbildung oder Chronifizierung vorzubeugen.
Die Entscheidung zu einer intravenösen antibiotischen Therapie sollte sich nach dem Allgemeinzustand des Patienten, seinem Risikoprofil, und den Entzündungs- bzw. Retentionsparametern richten. Aufgrund des Erregerspektrums der komplizierten HWI ist es zwingend erforderlich, vor Beginn der Therapie eine mikrobiologische Diagnostik mit Erstellung eines Antiprogramms vorzunehmen. Nach Erhalt der Testergebnisse sollte die Therapie in jedem Fall testgerecht angepasst werden. Nach Abklingen des Fiebers sollte die Behandlung noch 3-4 Tage fortgesetzt werden.
Asymptomatische Bakteriurie
Eine klinisch symptomatische Harnwegsinfektion wird von einer asymptomatischen Bakteriurie unterschieden. Der Begriff “asymptomatische Harnwegsinfektion” soll nicht verwendet werden. Eine asymptomatische Bakteriurie ist, mit Ausnahme des Auftretens bei schwangeren Frauen und vor operativen Eingriffen am Urogenitaltrakt, auch nicht behandlungsbedürftig. Die Gesamtprävalenz der asymptomatischen Bakteriurie bei Frauen beträgt 3,5 Prozent. Die Diagnose der asymptomatischen Bakteriurie sollte nicht durch den alleinigen Einsatz eines Streifentests gestellt, sondern durch eine mikrobiologische Untersuchung validiert werden.
Fluorchinolone
Derzeit herrschen aufgrund des Rote-Hand-Briefs des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 08.04.2019 große Ressentiments bei der Verschreibung von Fluorchinolonen – sowohl bei Ärzten, als auch bei Patienten. Diese Antibiotika sollen nicht mehr verordnet werden bei unkomplizierter Zystitis, nichtbakterieller Prostatitis sowie zur Antibiotikaprophylaxe bei urologischen Eingriffen. Leitliniengemäß können sie aber bei Infektionen des oberen Harntraktes, komplizierten Infektionen, akuter bakterieller Prostatitis und Epididymitis eingesetzt werden und sind hier auch weiterhin unverzichtbar.
Fazit
Die asymptomatische Bakteriurie ist in der Regel nicht behandlungsbedürftig, bei der unkomplizierten Zystitis ist eine Urinkultur nicht zwingend erforderlich.
Eine symptomatische oder phytotherapeutische Behandlung der Zystitis ist möglich und sollte erwogen werden, eine antibiotische Therapie sollte bevorzugt testgerecht und mit Antibiotika mit niedrigem Kollateralschaden erfolgen.
Zur Diagnostik der rezidivierenden Zystitis gehört neben einer ausführlichen Anamnese, der mikrobiologischen Untersuchung und urologischen Sonographie auch eine gynäkologische Untersuchung.
Epididymitis, Prostatitis, Pyelonephritis und komplizierte Infektionen haben ein breites bakterielles Spektrum und sollten risikoadaptiert behandelt werden, Fluorchinolone haben hier immer noch ihren Stellenwert.
Mögliche Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.
Literatur: Interdisziplinäre S3-Leitlinie Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei Erwachsenen Aktualisierung 04/2017, AWMF-Register-Nr. 043/044