Hausarzt MedizinRund um die Phytotherapie

Einige Patienten schwören auf pflanzliche Präparate. Oft versprechen sie sich eine Heilmethode, die ihre Beschwerden natürlich und sanft lindert. Doch nur selten sind Phytotherapeutika verordnungsfähig. Was Sie dazu wissen sollten, erklärt Dr. Dr. med. Peter Schlüter.

Was versteht man unter Phytotherapie?

Phytotherapie ist die Heilung, Linderung und Vorbeugung von Krankheiten und Beschwerden durch Arzneipflanzen, durch deren Teile und Inhaltsstoffe oder durch Zubereitungen aus Arzneipflanzen. Dabei kommen keine isolierten Einzelstoffe zur Anwendung. Es handelt sich stets um eine Kombination der verschiedensten Inhaltsstoffe einer Pflanze, die immer als Stoffgemisch im menschlichen Körper wirken. Die moderne Pflanzenheilkunde folgt den Grundsätzen der naturwissenschaftlich begründeten Medizin, indem sie von einer Dosis-Wirkungs-Beziehung ausgeht.

Der Begriff Phytotherapie­ wurde zum ersten Mal von dem französischen Arzt Henri Le­clerc (1870 – 1955) verwendet. Sie gehört zu den ältesten Therapieverfahren, die sich als volksheilkundliche Behandlungsmaßnahme hauptsächlich auf überlieferte Erfahrungen stützen.

Wann werden Phyto­therapeutika eingesetzt?

Der Einsatz von Phytotherapeutika­ lässt sich verallgemeinernd in zwei Bereiche einteilen. Die Phytotherapie ist zum einen dort indiziert, wo die Schulmedizin keine befriedi­genden Behandlungsoptionen zur Verfügung stellt. Hier wäre beispielsweise die lange Liste der Erkältungskrankheiten zu nennen.

Zum anderen ist sie indiziert, wenn ein pflanzliches Präparat bei geringeren Nebenwirkungen und besserer Akzeptanz mindestens den gleichen Erfolg zeigt wie ein synthetisch hergestelltes Medikament, zum Beispiel bei mäßig schweren Depressionen, Angstzuständen, aber auch bei Gelenkbeschwerden, Bewegungsschmerzen, Rückenschmerzen und nervösen Befindlichkeitsstörungen.

Sind Phytotherapeutika verordnungsfähig?

Beim Einsatz von Phytotherapeutika bei Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist die Arzneimittelrichtlinie ­(AM-RL) zu beachten. Demnach sind Phytotherapeutika zur Behandlung von Erkältungskrankheiten nicht zu Lasten der GKV verordnungsfähig.

Was ist die Arzneimittel-Richtlinie?

Die Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) soll Vertragsärzten beim Verordnen von Medikamenten helfen und ihnen eine therapie- und preisgerechte Arzneimittelauswahl ermöglichen. Nicht alle Arzneimittel sind für gesetzlich Krankenversicherte verordnungsfähig, dürfen also zu Lasten der Krankenkassen verordnet werden. Dies betrifft vor ­allem nicht apothekenpflichtige Arzneimittel sowie apothekenpflichtige, nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel. Eine Ausnahme gibt es für Kinder bis 12 Jahren und Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis 18 Jahren.

Darüber hinaus können verschreibungspflichtige Arzneimittel zur Anwendung bei geringfügigen Gesundheitsstörungen (Bagatell-Arzneimittel) und die so genannten „Lifestyle-Arzneimittel“ nicht zu Lasten der GKV verordnet werden.

Was sind OTC-Arzneimittel?

Die Abkürzung OTC steht für „over the counter“ und bedeutet „über den Tresen“, womit der Tresen der Apotheke gemeint ist. OTC-Arzneimittel sind solche, die zwar apothekenpflichtig, aber nicht verordnungsfähig sind. OTC-Arzneimittel sind – außer für Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr und Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr – grundsätzlich nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnungsfähig. Zusätzlich gibt es eine weitere­ Ausnahmeregelung. Diese gilt für jene OTC-Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten und die vom G-BA auf die OTC-Ausnahmeliste aufgenommen wurden.

Was bewirken ­Phytotherapeutika bei Erkältungen?

Aus Pflanzen und Pflanzenteilen werden verschiedenste Inhaltsstoffe isoliert, die zur Herstellung von Phytopharmaka weiterverwendet werden. Die in Pflanzen und Pflanzenteilen enthaltenen Stoffe, zum Beispiel ätherische Öle, Schleimstoffe, Saponine, Alkaloide und andere mehr, wirken bei vielen Atemwegs- und Erkältungskrankheiten (Tab. 1). Diese sind oft nach schulmedizinischen Kriterien nicht ursächlich zu behandeln. Es gibt lediglich die Möglichkeit, die Symptome zu lindern. Gerade das leistet auch die Phytotherapie – die Behandlung mit pflanzlichen Arzneimitteln – die sich vorwiegend gegen die entsprechenden Symptome richtet. Sie kann erhebliche Linderung bringen und die Dauer der Erkrankung verkürzen.

Was ist bei der Phytotherapie zu beachten?

Die Phytotherapie, die Behandlung mit ­pflanzlichen Wirkstoffen, ist als wirkungsvolle und ­sanfte Heilmethode ­anzusehen. Doch sind auch bei der ­Anwendung von Phytotherapeutika ­medizinische Grundregeln (z.B. die richtige Dosierung und die richtige Dauer der Anwendung) einzuhalten, da es sonst zu unerwünschten ­Wirkungen kommen kann. Auch die Beachtung der ­therapeutischen ­Breite kann bei einigen ­Präparaten sehr wichtig sein, um die ­gewünschte Wirkung zu ­erzielen.

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