Kontrazeption: Woran scheitert die hormonelle Verhütung für den Mann?
Die Entwicklung hormoneller Verhütungsmethoden für den Mann ist offensichtlich nicht besonders attraktiv: Zumindest haben in den USA und Europa viele Pharmafirmen kürzlich ihre Forschungsaktivitäten auf diesem Sektor eingestellt und auch die WHO hat entsprechende Programme reduziert, berichtete Dr. Paul Piette, forschender Pharmazeut bei Besins Healthcare, Brüssel, Belgien. Und das obwohl eine aktuelle Studie eigentlich vielversprechende Ergebnisse lieferte. In der weltweiten von der WHO unterstützten Studie mit 320 Männern und ihren Partnerinnen wurde die kontrazeptive Wirkung einer Kombination von Testosteron Undecanoat und Norethisteron Enantat getestet [4]. Die Männer im Alter zwischen 18 und 45 Jahren erhielten alle acht Wochen intramuskuläre Injektionen. In der 26-wöchigen Suppressionsphase sollte die Spermienproduktion soweit unterdrückt werden, dass die Konzentration auf eine Million Spermien pro ml sank. Diese Zahl sei in der Regel zu gering für eine Befruchtung, erklärte Piette. In der anschließenden Wirksamkeitsphase wurden die Injektionen bis zu 56 Wochen lang fortgesetzt und die Paare hatten ungeschützten GV. Die Injektionen konnten Schwangerschaften wirksam verhüten: Die geforderte Suppression der Spermienproduktion erreichten 95,9 Prozent der Männer (95 Prozent CI, 92,8–97,9) und nur vier von insgesamt 266 Partnerinnen der behandelten Männer wurden bis zum Abbruch der Studie schwanger (1,57 pro 100 Anwendern) – dies entspricht einem Pearl-Index von 2,18. Die kontrazeptive Wirkung war damit relativ gut, so Piette. Die Suppression der Spermatogenese war reversibel, so dass 52 Wochen nach der Behandlung 95 Prozent der Männer wieder eine normale Spermienzahl zeigten. Trotz der positiven Ergebnisse wurde die Studie vorzeitig beendet. Das Komitee für Datensicherheit und Monitoring (DSMC) hatte nach Begutachtung der Interimsdaten zunächst grünes Licht für die Fortsetzung der Studie gegeben. Ein externer Ausschuss bewertete jedoch Nebenwirkungen wie Stimmungsschwankungen, Schmerz an der Einstichstelle und gesteigerte Libido als riskant und beschloss den Studienabbruch, erklärte Piette. „Theoretisch gab es keinen Grund die Behandlung abzubrechen“. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Akne (45,9 Prozent), gesteigerte Libido (38,1 Prozent) und Gemütsstörungen (31,7 Prozent; davon 16,9 Prozent emotionale Störungen, 2,8 Prozent Depression).
Erstaunlich positiv fiel das Fazit der Studienteilnehmer aus: Von 273 befragten Männern waren 83,5 Prozent zufrieden oder sehr zufrieden mit der Verhütungsmethode und 81,7 Prozent gaben an, sie weiterhin zur Kontrazeption nutzen zu wollen.
Quelle: International Congress on Men´s Health (ICM) der Postgraduate International School of Men’s Health (PRISM) vom 3.-5. November 2016 in Berlin.