Lange hat sich in Sachen RSV-Prävention nicht besonders viel getan. Zugelassen war bisher der monoklonale Antikörper Palivizumab (und das schon seit 1999) zur Prävention einer durch das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) ausgelösten schweren Erkrankung der unteren Atemwege bei Frühchen und Kindern unter 2 Jahren mit bestimmten Vorerkrankungen. Der Antikörper muss während des Zeitraums eines erhöhten RSV-Infektionsrisikos in der Bevölkerung einmal im Monat injiziert werden.
Seit November 2022 ist nun der monoklonale Antikörper Nirsevimab in der EU zugelassen, aber noch nicht erhältlich („Der Hausarzt“ berichtete). Der Antikörper ist langwirksam und wird vor Beginn der RSV-Saison oder bei Kindern, die während der RSV-Saison geboren werden, möglichst rasch nach der Geburt einmalig i.m. injiziert. Verabreicht werden kann Nirsevimab Säuglingen, darunter auch Frühgeborenen und Neugeborenen mit bestimmten Grunderkrankungen.
Bei beiden Optionen handelt es sich also um eine passive Immunisierung. In der Pipeline befinden sich aber auch mehrere Impfstoffkandidaten, vor allem für Menschen über 60 Jahre, aber auch für Schwangere, außerdem ein weiterer monoklonaler Antikörper für Säuglinge und Kleinkinder bis 1 Jahr. Ein Überblick über die vielversprechendsten – wobei die Daten bisher nur von den Herstellern selbst veröffentlicht wurden:
- GSK-3844766A, ein Impfstoffkandidat von GSK für über 60-Jährige, befindet sich Angaben des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa) zufolge seit Oktober 2022 im beschleunigten Zulassungsverfahren der EMA. Im Herbst dieses Jahres könnte er zugelassen werden. Bei der Vakzine handelt es sich um einen proteinbasierten Impfstoff mit einem gentechnisch hergestellten Protein-Antigen (das Präfusions-RSV-F-Glykoprotein) und einem Adjuvans. Angaben des Herstellers zufolge, die im Oktober des vergangenen Jahres bekannt gegeben wurden, erzielte der Impfstoff in Phase-III-Studien eine Schutzwirkung vor RSV-bedingten Erkrankungen der unteren Atemwege von 82,6 Prozent.
- PF-06928316: Auch für diesen RSV-Impfstoffkandidaten für Schwangere wurden zuletzt positive Phase-III-Daten vorgelegt. Es handelt sich um eine proteinbasierte Vakzine des Herstellers Pfizer, die ebenfalls das Präfusions-RSV-F-Glykoprotein (sowohl vom Virus-Subtyp A als auch vom Virus-Subtyp B) als Antigen enthält. Schwangeren kann die Vakzine im zweiten oder dritten Trimester verabreicht werden. Der Nestschutz vor schweren Erkrankungen der Atemwege beim Kind liegt dadurch bei 81,8 Prozent in den ersten 90 Lebenstagen und bei 69,4 Prozent in den ersten sechs Lebensmonaten. Das berichtete der Hersteller im November 2022 und will nun die US-Zulassung beantragen. Erprobt wird die Vakzine auch für Senioren. Hier hatte Pfizer im August 2022 Zwischenergebnisse der Phase-III-Studien vorgelegt. Die Schutzwirkung vor RSV-assoziierten Erkrankungen der unteren Atemwege (definiert durch zwei oder mehr Symptome) lag demnach bei über 60-Jährigen bei 66,7 Prozent. Auch hier plant der Hersteller in Kürze einen Zulassungsantrag in den USA.
- mRNA-1345, ein mRNA-Impfstoff des Herstellers Moderna für Menschen über 60 Jahre, wird ebenfalls bereits in Phase-III-Studien geprüft. Und auch hier wurden erst kürzlich Daten vorgelegt: Die Vakzine, die die Information zur Herstellung des Präfusions-RSV-F-Glykoproteins enthält, erreicht laut Herstellerangaben eine Schutzwirkung von 83,7 Prozent vor RSV-assoziierte Erkrankungen der unteren Atemwege (auch hier definiert durch zwei oder mehr Symptome).
Weitere RSV-Impfstoffe, die laut vfa in Phase-III-Studien geprüft werden, von denen zuletzt aber weniger zu hören war:
- ResVax (für Schwangere, Hersteller: Novavax),
- MVA-BN RSV (für Menschen ab 60 Jahre, Hersteller: Bavarian Nordisc),
- Ad26.RSV.preF (für Menschen ab 65 Jahre, Hersteller: Janssen) und
- GSK-3888550A (für Schwangere, Hersteller: GSK, Rekrutierung nach Angaben des vfa derzeit unterbrochen).
Außerdem wird ein weiterer monoklonaler Antikörper geprüft:
- Clesrovimab (für Säuglinge und Kinder bis 1 Jahr, Hersteller: MSD)
Mit etwas Glück wird es in der kommenden RSV-Saison also vermutlich deutlich mehr Optionen zur RSV-Prävention geben – sowohl für Senioren als auch für Kinder.