Lebererkrankungen sind keine Seltenheit. Wichtig ist, deren Einfluss auf die Wirkung von oralen Antikoagulanzien zu berücksichtigen. "Der Hausarzt" gibt einen Überblick der erlaubten Wirkstoffe.
Lebererkrankungen sind bei 25- bis 45-jährigen Patienten die häufigste Todesursache. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Leberzirrhose, deren Häufigkeit in den letzten Jahren stetig gestiegen ist. Momentan wird von einer Inzidenz von 350.000 Zirrhosekranken (1 von 240 Einwohnern) in Deutschland ausgegangen. Die durch Lebererkrankungen verursachten volkswirtschaftlichen Schäden werden auf etwa 5 Milliarden Euro pro Jahr veranschlagt [1].
Diagnostik
Zur Suche auf Lebererkrankungen werden die Alanin-Aminotransferase (ALT), die Gamma-Glutamyltransferase (GGT) und die Pseudocholinesterase (CHE) empfohlen. Die Erhöhung der ALT dient als Marker eines Paren- chymschadens, die Erhöhung der GGT als Indikator für toxische und cholestatische Leberschädigungen und die Verminderung der CHE als Hinweis auf eine Reduzierung der funktionstüchtigen Leberzellmasse.
Auskunft zur Schwere der Zellschädigung gibt die Bewertung der Höhe der AST in Relation zur ALT in Form des De-Ritis-Quotienten AST/ALT. Ein Quotient unter 1 zeigt an, dass der Leberschaden eher leichten Grades ist, insbesondere handelt es sich hier um akute, reversible, entzündliche Lebererkrankungen oder eine akute Virushepatitis. Ein Quotient über 1 kennzeichnet einen Leberschaden als schwergradig und zum Nekrosetyp gehörig [2].
Mit dem Child-Pugh-Score schätzt man Komplikationen und das Mortalitätsrisiko bei einer Leberzirrhose für einen individuellen Patienten ab. Die Klassifizierung berücksichtigt 5 Variablen: Serumalbumin und -bilirubin, die Prothrombinzeit (Quickwert oder INR) sowie das Vorliegen von Enzephalopathie bzw. Aszites (Tabelle 1). Der Child-Pugh-Score ist das am häufigsten verwendete Kriterium zur Beurteilung einer Dosierung oder Kontraindikation von Arzneistoffen [3].
Produktion von Gerinnungsfaktoren
Die Leber ist das zentrale Organ bei der Synthese der plasmatischen Gerinnungsfaktoren. Bei Hepatopathien kommt es neben Blutungskomplikationen, durch die mangelnde Syntheseleistung der Leber für Gerinnungsfaktoren, häufig auch zu paradoxen prokoagulatorischen Zuständen. Des Weiteren kann die hepatische Elimination von Medikamenten erheblich gestört sein. Zusätzlich können eine portale Hypertonie, gesteigerte Fibrinolyse, Thrombozytopenie oder endotheliale Dysfunktion die Gerinnungsproblematik beeinflussen [4].