Alzheimer-Forschung aktuell
In Deutschland leben über eine Million Demenz-Patienten mit 244.000 Neuerkrankungen jährlich. Am häufigsten ist die Alzheimer-Demenz. Die neuropathologischen Merkmale der Erkrankung, die aber erst in der Autopsie nachgewiesen werden können, sind die Proteinaggregate, auch Plaques genannt, aus Beta-Amyloid und die Neurofibrillen aus Tau-Protein. Neue Forschungsergebnisse sprechen dafür, dass es sich beim Morbus Alzheimer nicht um eine einheitliche Erkrankung handelt; denn ein Teil der Patienten mit den typischen klinischen Alzheimer-Kriterien zeigt bei der Autopsie keine Alzheimer-typische Gehirnpathologie mit Amyloid- und Tau-Deposition. Die Alzheimer-Diagnostik wird auch dadurch erschwert, dass die klinischen Merkmale und Verläufe sehr unterschiedlich, vor allem im Hinblick auf das kognitive Profil sind.
Nach den Ergebnissen einer neuen Studie leidet jeder fünfte Patient an einer atypischen Form der Alzheimer-Erkrankung, die oft nicht erkannt wird. Patienten mit atypischen Profilen sind jünger, häufiger männlich, die globale Einschränkung der Kognition ist weniger schwer, die Depressivität ist höher, der genetische Alzheimer-Risikofaktor Apolipoprotein-E4 ist seltener, die neuropathologischen Merkmale im Autopsie-Befund sind schwächer ausgeprägt und der kognitive Verfall verläuft langsamer. “Diese Ergebnisse unterstützen die Bedeutung der Diagnosesicherung gerade auch bei jüngeren Demenzpatienten und bei Auftreten untypischer Beschwerden, denn auch dann liegt oft eine Alzheimer-Erkrankung vor”, so Prof. Richard Dobel, Duisburg-Essen.
Ein neues Target für die Alzheimer-Therapie könnte Glutamat sein. Die Symptome beim Morbus Alzheimer werden durch eine Beta-Amyloid-abhängige Nervenzellüberaktivität ausgelöst. Tierexperimentelle Studienergebnisse sprechen dafür, dass diese neuronale Hyperaktivität mit einem gestörten Glutamat-Reuptake beginnt. Mit anderen Worten, Glutamat kann die Alzheimer-Demenz katalysieren. “Diese Studie ist sehr bedeutsam, da sie auf Glutamat als neues Therapietarget zur Behandlung und eventuell Prophylaxe der Alzheimer-Demenz hinweist”, so Dobel.
Neue Therapien bei Migräne
Bei der Therapie von leichten bis mittelschweren Migräne-Attacken sollten primär ASS, Paracetamol oder ein NSAR eingesetzt werden. Für Patienten, die auf eine solche Therapie nicht ausreichend ansprechen oder die unter schweren Attacken leiden, stehen heute Triptane zur Verfügung. Diese sind sehr gut wirksam und können, wenn sie rechtzeitig zu Beginn eines Migräne-Anfalls eingenommen werden, die Schmerzstärke und die Anfallsdauer deutlich reduzieren. Triptane sind kontraindiziert bei Patienten mit einer Angina pectoris bzw. bei Patienten, die bereits einen Herzinfarkt oder Schlaganfall beziehungsweise eine TIA überstanden haben, und auch bei solchen mit verschiedenen vaskulären Risikofaktoren.
Nun wurden zwei neue Substanzklassen entwickelt, die keine vasokonstriktive Eigenschaft haben. In der klinischen Prüfung sind die Gruppe der “Ditane” und der “Gepante”. Bei den Ditanen handelt es sich ebenfalls um 5HT1F-Rezeptor-Agonisten, die aber im Gegensatz zu der herkömmlichen Wirkstoffklasse keine vasokonstriktive Eigenschaft zeigen. Doch diese Substanzen haben unangenehme zentrale Nebenwirkungen wie Benommenheit, Müdigkeit und Schwindel. Bei den Gepanten handelt es sich um kleine Moleküle, die als Antagonisten am CGRP-Rezeptor wirken. Antikörper gegen CGRP oder CGRP-Rezeptoren sind ein wesentlicher Fortschritt im Rahmen der Migräne-Prophylaxe. Für 70 Prozent der ansonsten Therapie-refraktären Patienten stellen solche Substanzen eine effektive Option im Rahmen der Migräne-Prophylaxe dar. (Prof. Hans-Christoph Diener, Essen)