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Hausarzt MedizinFlüchtlinge: Auch seltene Infektionen im Blick?

Während die für Asylbewerber gesetzlich vorgeschriebene Erstuntersuchung fast immer in den Aufnahmelagern stattfindet, leisten die Basisversorgung danach auch niedergelassene Ärzte. Besonderheiten sind vor allem beim Abklären von akut auftretendem Fieber und beim Schließen von Impflücken zu beachten.

Den Rahmen für die Erstuntersuchung nach der Einreise gibt das Asylverfahrensgesetz (AsylVfG, Paragraf 62 Gesundheitsuntersuchung) vor. Dieser Check hat ausschließlich zum Ziel, übertragbare Krankheiten zu erkennen. Er umfasst ein Screening auf Tuberkulose, HIV und Hepatitis B sowie Stuhluntersuchungen auf Bakterien der TPER-Gruppe (bakterielle Typhus-, Paratyphus-, Enteritis- und Ruhrerreger) und je nach Herkunftsregion auf Darmparasiten.

Wieviel Medizin steht Flüchtlingen zu?

Der Zugang für Flüchtlinge zur weiteren medizinischen Versorgung wird im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) geregelt. Darin heißt es unter anderem:

  • Zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sind die erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen zu gewähren. Eine Versorgung mit Zahnersatz erfolgt nur, soweit dies im Einzelfall aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist.

  • Werdenden Müttern und Wöchnerinnen sind ärztliche und pflegerische Hilfe und Betreuung, Hebammenhilfe, Arznei-, Verband- und Heilmittel zu gewähren.

  • Die zuständige Behörde stellt die ärztliche und zahnärztliche Versorgung einschließlich der amtlich empfohlenen Schutzimpfungen und medizinisch gebotenen Vorsorgeuntersuchungen sicher.

Flüchtlinge, die aus einem dieser Gründe ärztliche Behandlung benötigen, müssen sich einen Berechtigungsschein besorgen und dann einen Arzt oder ein Krankenhaus aufsuchen. Ohne Deutsch- und Ortskenntnisse ist das eine oft schwer überwindbare Hürde. Mit dem Ziel, in Aufnahmelagern eine medizinische Versorgung aufzubauen, haben engagierte Ärztinnen und Ärzte Vereine und Initiativen gegründet – oft lange bevor die staatlichen Stellen aktiv wurden. Zwei Beispiele unter vielen sind der Verein „Refudocs“, der den ärztlichen Dienst an der Bayernkaserne in München aufgebaut hat, oder die Initiative „Hinsehen statt Wegschauen“ in Erlangen. Für Refudocs arbeiten unter anderem pensionierte Hausärzte auf freiwilliger Basis und halten regelmäßig Sprechstunden ab.

Nach der Erstaufnahme werden Flüchtlinge früher oder später in andere Kommunen weitergeleitet. Spätestens dann werden sie vermehrt den Weg in die Hausarztpraxen finden. Kollegen, die Sprechstunden in Aufnahmeeinrichtungen abhalten, berichten, dass sie dort grundsätzlich mit den gleichen akuten Krankheitsbildern wie in der üblichen Sprechstunde konfrontiert werden, etwa Atemwegsinfektionen, Schmerzen im Bewegungsapparat oder im Abdominalbereich, Verletzungen oder Hautsymptomen. Auffallend häufig sind Zahnprobleme, Depressionen sowie Angst- und Erschöpfungszustände.

Was kann hinter Fieber stehen?

Wenn Flüchtlinge mit akut einsetzendem Fieber und/oder Effloreszenzen zum Arzt kommen, ist die Diagnostik aufwendiger als in der Normalsprechstunde. Informationen zu akut behandlungsbedürftigen Infektionen, die in Deutschland ungewöhnlich sind und bei Asylsuchenden auftretenden können, hat das Robert Koch-Institut (RKI) herausgegeben (Epidemiologisches Bulletin 38/2015, Seite 413–414, siehe Tab. 1 im PDF).

Obwohl die meisten bei Flüchtlingen auftretenden Infektionen hier erworben werden, ist immer an Erkrankungen zu denken, die aus dem Herkunftsland mitgebracht wurden oder mit denen sich die Migranten auf der Fluchtroute angesteckt haben.

Um die Ursache von Fieber bei Flüchtlingen abzuklären, müssen daher – neben den Routinefragen nach möglichen hiesigen Infektionsquellen – das Herkunftsland ermittelt und die Fluchtroute eruiert werden. Anhand von Tabellen zum Verbreitungsgebiet und zur Inkubationszeit lässt sich dann der Kreis der auszuschließenden Erkrankungen einengen. So kann z. B. eine Infektion, die nach mehr als drei Wochen Aufenthalt in Deutschland einsetzt, kein viral bedingtes hämorrhagisches Fieber (VHF, z.B. Ebola) sein.

Morbilliforme Exantheme sollten an das Sekundärstadium einer Syphilis denken lassen. Roseolen am Bauch sind ein Warnzeichen für Typhus abdominalis, aber nur wenige Patienten mit dieser Infektion weisen das charakteristische Exanthem auf. Eine schnelle Erkennung von Typhus ist wichtig, weil die hohe Kontagiosität von Salmonella Typhi eine rasche Ausbreitung in Massenunterkünften begünstigt. Auch die Gefahr von Masern- und Windpockenausbrüchen besteht in Flüchtlingslagern. Ein Grund sind die niedrigen Impfraten bei Flüchtlingen. Zudem treten Windpocken in heißeren Gegenden viel häufiger erst im Erwachsenenalter auf, sodass der Anteil der Menschen ohne schützende Antikörper hoch ist.

Impfungen für Flüchtlinge

In seinem Epidemiologischen Bulletin 14/2015 vom 12. Oktober hat das RKI Empfehlungen für frühzeitige Impfungen bei Asylsuchenden nach der Ankunft in Deutschland veröffentlicht (Tab. 1). Ziele dieses Programms sind neben dem individuellen Schutz von Asylsuchenden die Begrenzung oder Verhinderung von Ausbrüchen impfpräventabler Erkrankungen. Außerdem soll verhindert werden, dass sich eine später schwer erreichbare Bevölkerungsgruppe mit unzureichendem Impfschutz entwickelt.

Die in Tabelle 2 (siehe PDF) zusammengestellten Impfungen sind als Vorgabe für ein Mindest-Impfangebot für ungeimpfte Asylsuchende bzw. solche mit unklarem Impfstatus (= kein Impfpass vorhanden) gedacht, wenn sich die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) nicht vollständig umsetzen lassen.

Das RKI weist darauf hin, dass auch die Mitarbeiter von Einrichtungen und freiwillige Helfer geimpft sein sollten. Falls Impfstoffe nicht in ausreichender Menge zur Verfügung stehen – einige Mehrfachvakzinen sind bereits knapp geworden – sind Kinder bevorzugt zu impfen.

Das RKI rät darüber hinaus, die Grippeimpfung nicht nur den in Tabelle 2 genannten Risikopersonen anzubieten, sondern generell für alle. Damit soll verhindert werden, dass es in den Gemeinschaftsunterkünften zu schwer beherrschbaren Ausbrüchen von Influenza kommt. Keinesfalls vernachlässigt werden dürfen die Aufklärung über die zu verhütende Krankheit und die geplante Impfung sowie das Einholen der Einverständniserklärung der Eltern bei Minderjährigen. Zu einigen Impfungen stellt das RKI Informationsmaterial in mehreren Sprachen zur Verfügung (www.rki.de/impfen).

Verständigungshilfen

Die Sprachbarriere lässt sich oft nur durch kreative nonverbale Kommunikation überwinden. Neben den Impfinformationen auf der Seite des RKI werden online verschiedene Kommunikationshilfsmittel zur Verfügung gestellt. Beispiele sind die Seiten www. armut-gesundheit.de sowie www.tipdoc.de. Der Verein „Armut und Gesundheit“ hat Anamnesebögen in 14 Sprachen entwickelt, der setzer verlag stellt neben einem Gesundheitsheft für Asylsuchende ebenfalls Anamnesebögen sowie Therapiepläne und Informationen zu weiteren Erkrankungen (darunter auch Hepatitis B und C sowie HIV) zur Verfügung.

Die "Hausarzt"-Redaktion sammelt online Praxismaterialien in verschiedenen Sprachen für Sie.

Epidemiologisches Bulletin 38/2015

Epidemiologisches Bulletin 41/2015

Impfinformationen in verschiedenen Sprachen

www.tipdoc.de Gesundheitsheft für Asylsuchende

www.armut-gesundheit.de Anamnesebögen

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