Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse wie die Hashimoto-Thyreoiditis haben in den letzten Jahren zunehmend mehr Aufmerksamkeit erhalten. In Deutschland wird sie mit steigender Häufigkeit festgestellt, dabei auch bei denjenigen, die seit vielen Jahren aufgrund einer Hypothyreose therapiert werden, erklärte PD Dr. med. Joachim Feldkamp vom Klinikum Bielefeld. Dies hängt allerdings damit zusammen, dass inzwischen mehr Dia-gnostik betrieben wird und die Einführung der J1-Untersuchung im Alter von 12 bis 14 Jahren führt dazu, dass die Erkrankung häufiger bereits im Jugendalter erkannt wird.
Immer öfter kommt es außerdem vor, dass Kinder eine Krebserkrankung überleben. Bei ihnen liegt die Inzidenz einer Hypothyreose bei 27 Prozent und die einer Autoimmunthyreoiditis bei 30 Prozent, so Feldkamp. Iatrogen induzierte Autoimmunthyreoiditiden kommen ebenfalls mit zunehmender Häufigkeit vor. Auslöser können zum Beispiel Interferon und antikörperbasierte Tumortherapien sein.
An andere Erkrankungen denken
Die Thyreoiditis kann sowohl zu einer Überwie auch zu einer Unterfunktion führen und sie kann mit einer normal großen Schilddrüse, einer Struma oder einem sich ständig verkleinernden Organ einhergehen. Sie ist somit ein Chamäleon unter den Schilddrüsenerkrankungen. Diagnostisch sind neben Anamnese und Tastbefund auch die Sonografie sowie Laborwerte (Tab. 1) relevant. Feldkamp machte darauf aufmerksam, dass eine Autoimmunthyreoiditis mit anderen Autoimmunerkrankungen assoziert sein kann. Typische Beispiele sind Vitiligo, Zöliakie, die Typ-A-Gastritis mit Vitamin-B12-Mangel, Diabetes mellitus Typ 1, Morbus Addison u.a. Daher sei es wichtig, bei Beschwerden immer „über den Tellerrand zu schauen“ und nicht nur die Schilddrüse im Blick zu haben, so Feldkamp.
Standardtherapie L-Thyroxin
Bei initialer Überfunktion wird zunächst ein nicht kardioselektiver Betablocker verabreicht. Zur Therapie der sich anschließenden Hypothyreose folgt die Gabe von L-Thyroxin. Nur in Einzelfällen hält Feldkamp die Verordnung von Selen für sinnvoll.
Die meisten Patienten erreichen mit L-Thyroxin eine gute Lebensqualität. Dennoch gibt es etwa fünf Prozent der Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis, die weiterhin Beschwerden haben. Hier sei es besonders wichtig, an assoziierte Erkrankungen zu denken und bei der Schilddrüsenhormoneinstellung den individuellen Wohlfühlbereich des Patienten zu finden. Einige wenige Patienten benötigen darüber hinaus neben L-Thyroxin die zusätzliche Gabe von T3, erklärte Feldkamp.
Bezüglich der Ernährung kursieren viele Mythen. Laut Feldkamp können Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis eine normale Ernährung beibehalten, auch der Verzehr von Seefisch und jodiertem Speisesalz sei möglich. Schwangere Frauen sollten für die kindliche Gesundheit zusätzlich Jod und Folsäure einnehmen.
Schilddrüse 2017, Henning-Symposium, Heidelberg, 12. – 14. Oktober 2017