Neue und klassische Erreger im ÜberblickHautmykosen breiten sich aus

Das Spektrum der Mykosen der Haut und ihrer Erreger ist heute bunter und breiter gefächert denn je. Zur Verbreitung tragen Tourismus, Migration und Tierhandel bei. Wir stellen die wichtigsten Arten vor, verbunden mit der Botschaft, dass alle Mykosen heilbar sind.

Ein aufkommender Dermatophyt: T. erinaciei bei afrikanischen Weißbauchigeln. Der Erreger ist auf den Menschen übertragbar.

Neben den klassischen Erregern wie T. rubrum rücken immer mehr neue Pilze aus aller Welt in den Fokus der hausärztlichen Praxis. Das gilt insbesondere für Dermatophyten, die Hautpilze. Sie stammen aus drei Gattungen: Trichophyton, Microsporum, Epidermophyton. Einige von ihnen sind hochkontagiös, mitunter hoch virulent, andere wiederum können Eiter bilden [2].

Trichophyton soudanense

Der aprikosen-farbige Erreger ist ein Paradebeispiel dafür, dass es heute keine geografisch streng lokalisierten Dermatophyten mehr gibt. Betroffen sind vor allem Kinder von Migranten aus Afrika.

Sporadische Infektionen gab es jedoch bereits in der DDR, was zeigt, dass auch Pilzerreger keine Mauern kennen [3] und der Keim aufgrund der mikrobiellen Globalisierung nicht mehr nur in Ländern wie im Sudan zu Hause ist, woher sein Name stammt (Abb. 1a unten).

T. violaceum

Der violett-farbige Pilz gilt als Zwillingsbruder von T. soudanense. Denn genetisch sind beide Spezies nahezu identisch, weshalb sie zwischenzeitlich zu einer Spezies vereint wurden. Eindrucksvoll anders ist jedoch ihr Phänotyp (Abb. 1b unten).

Auch dieser Keim befällt bevorzugt Kinderköpfe und stammt heute überwiegend aus Afrika. Einst siedelte er am Mittelmehr, gelangte von dort im Zuge der Migration vieler Millionen Italiener bis zwischen 1876-1915 nach Lateinamerika und Eritrea [4], um von dort an seinen Ursprung zurückzukehren [5]. Grenzen der weltweiten Verbreitung von Hautpilzen existieren nicht mehr, was auch der folgende Erreger beweist.

T. tonsurans

Aus klinischer Sicht ist der Erreger ein Multitalent. Von der Onychomykose bis zum Kopf kann er alle Formen einer Tinea auslösen. Neben dem klassischen Bild einer Tonsur, die dem Erreger den Namen gab, kann er auch eitrige Infektionen auslösen (Abb. 2 unten).

Ebenso vielseitig sind die Wege seiner Übertragung. Ursprünglich wanderte er als “Mattenpilz” und Erreger der “Tinea corporis gladiatorum” aus den USA nach Deutschland ein, wo er bis heute in allen Kampsportarten zu Hause ist [6].

Aktuell gelangt er verstärkt durch Zuwanderer aus Afrika zu uns. Inzwischen begegnet man ihm auch in Friseursalons, wie einige eigene Fallbeispiele belegen. Größere Sorgen bereiten Epidemien in Kitas und Schulen [7].

Microsporum audouinii

Der Erreger der anthropophilen Tinea corporis et capitis microsporica ist in Deutschland noch als Erreger der “Waisenhauskrankheit” in Erinnerung. Er wurde weitgehend verdrängt, kehrt jedoch infolge von Migration ebenfalls zu seinem Ursprung zurück [8].

Auch dieser Erreger kann durch Scheren übertragen werden. Da der Erreger hoch ansteckend ist, kommt es wieder häufiger zu größeren Ausbrüchen, wie in Bonn zwischen 2015–2018 [9]. Obwohl für Mykosen keine Meldepflicht besteht [10], sollte die Mikrosporie selbst im Einzelfall dem Gesundheitsamt gemeldet werden, was auch für den folgenden Erreger gilt.

M. canis

Auch der Erreger der zoophilen Tinea corporis et capitis microsporica erlebt eine Renaissance. Er wird vornehmlich aus Südeuropa als Mitbringsel von Urlaubern nach Straßenbekanntschaften mit streunenden Katzen mitgebracht.

Den Tieren sieht man den Befall meist nicht an. Für Menschen ist M. canis jedoch obligat pathogen, das heißt, jeder Kontakt mit einem infizierten Tier führt zur Infektion, die sich rasch am ganzen Integument ausbreiten kann (Abb. 3 unten).

Der Erreger wird auch von Mensch zu Mensch weitergegeben. So kam es unter anderem zu Ausbrüchen durch unbehandeltes Personal auf Neugeborenstationen [11]. Die Infektkette endet beim Menschen zudem nicht blind.

Es können sich zu Hause gebliebene Katzen beim Rückkehrer sehr leicht infizieren. Auch einheimische Streuner wurden als Träger identifiziert [12], was kürzlich in Berlin zu einer Katzenschutzverordnung führte [13]. Erwähnt sei eine Microsporum-Art, die aus der Erde stammt und jetzt Nannizzia gypsea heißt. Tab. 1 führt die wichtigste Dermatophyten-Arten mit Angabe ihrer Quelle auf.

T. schoenleinii

Der Keim genießt in der Mykologie Kultstatus. Der von Johann Lucas Schönlein zuerst entdeckte Krankheitserreger der Medizingeschichte ist auch über das Fach hinaus bekannt. Die Entdeckung, dass eine Krankheit wie der Favus (“Erbgrind”) einen Erreger als Ursache hat, gilt als Geburtsstunde der medizinischen Mikrobiologie [14].

Der Favus ist eine Sonderform der Tinea capitis und war Mitte des 19. Jahrhunderts in Europa eine der häufigsten Erkrankungen. Schönleins Assistenten Robert Remak gelang die Anzucht des Erregers auf Apfelscheiben. Er benannte den Pilz nach seinem Lehrer [15].

Über lange Zeit schien es, als sei der Favus in Mitteleuropa ausgestorben. Nur wenige Herde in Westfalen und Göttingen waren nie ganz erloschen, die von Einwanderern aus Russland stammten [4]. Mit der Wiedergeburt von T. schoenleinii in Europa muss gerechnet werden. In Nordafrika klopft er schon an die Tür [16].

T. rubrum

Der “Rote Pilz” wurde 1911 von Castellani auf Ceylon entdeckt [17]. Heute ist er mit einer Prävalenz von einer Milliarde Menschen der mit Abstand wichtigste globale Dermatophyt und damit einer der bedeutendsten Krankheitserreger unserer Zeit [18].

Er besitzt widerstandsfähige Sporen, erzeugt keine Immunität und ist somit ideal an die menschliche Zivilisation angepasst [19]. Daher war es wohl kein Zufall, dass er die beiden bis zum 2. Weltkrieg dominierenden Spezies auf dem Gebiet der Mykosen der Haut, T. interdigitale und Epidermophyton floccosum, nahezu komplett verdrängt hat [20].

T. rubrum ist Erreger gleich zweier Volkskrankheiten: Fuß- und Nagelpilz, was seine Häufigkeit mit erklärt. Neu ist seine zunehmende Resistenz gegenüber Terbinafin [21]. Der “Weiße Pilz” T. interdigitale wurde 1914 von Marie Kaufmann-Wolf an der Charité entdeckt [22]. E. floccosum war als Erreger der “Epidermophytie” bis Ende des 19. Jahrhunderts etwa ebenso häufig wie der Favus.

Erregerwandel

Insgesamt kam es somit zu einem großen Erregerwandel in der Mykologie. Auch im Spektrum der Erkrankungen. Bespiele sind die massive Rückkehr der Tinea capitis und neue Mykosen bei Kindern, wie der Nagelpilz [2, 23], wozu bestimmte Umstände wie die Corona-Maßnahmen mit beigetragen haben [24, 25].

Beschleunigend wirkten vor allem häusliche Isolation und Einsamkeit. So stieg die Anzahl von Haustieren im ersten Corona-Jahr um eine auf 35 Millionen Exemplare [26], darunter viele Meerschweinchen, bei denen überwiegend Kinder Trost suchten. Davon profitierten die beiden folgenden Erreger, die zu schweren Infektionen im Gesicht und am behaarten Kopf führen können (Abb. 4 links). Doch auch diese Mykosen sind stets heilbar.

T. benhamiae und T. mentagrophytes

T. benhamiae wurde ursprünglich durch “Skinny pigs” aus Japan eingeschleppt. Ihre Aufzucht ist äußerst fragwürdig, ein Vergehen an der Natur, da solche Tiere auch sehr infektionsanfällig sind. Binnen kurzer Zeit entwickelte sich der Erreger zum häufigsten zoophilen Dermatophyten bei Kindern [27].

Rasch eroberte der Pilz auch die einheimischen Meerschweinchen-Zuchten [28]. Verdrängt hat er den bis dahin dominanten einheimischen Nagetier-Erreger T. mentagrophytes nicht, womit dieses Keimreservoir heute gleich zwei, für Kinder obligat pathogene, Hautpilze beherbergt. Zu den Kuscheltier-Dermatomykosen gehört auch die Kälberflechte (Abb. 5a unten).

T. verrucosum

Seitdem Kälber nicht mehr gegen Rinder-Trichophytie geimpft werden und der Bauernhof ein immer beliebteres Urlaubsziel wurde, erlebt auch dieser Erreger einen rasanten Aufschwung. In der DDR war er aufgrund der damaligen Impfflicht nahezu ausgerottet, ein probates Mittel, um speziell diesen Erreger zurückzudrängen.

Denn er wächst als einziger Dermatophyt bei 37°C, dringt tiefer ins Gewebe ein, aktiviert damit das Immunsystem, wodurch diese Impfung ausgesprochen sinnvoll und nachhaltig ist. Zu spät erkannt können die Folgen bei einer solchen Trichophytie gravierend sein, mit Fieber, Lymphknoten-Schwellungen und Narbenbildung [29].

Bei dem Jungen auf Abb. 5b wurde trotz positiver Bauernhof-Anamnese nicht an eine Mykose gedacht. Er wurde mehrfach operiert. Leider sind solche Eingriffe keine Seltenheit. Wohl auch, weil die Mykologie noch immer ein Stiefkind der Infektiologie ist.

T. erinacei und T. equinum

Auch diese zoophilen Erreger bereichern das aktuelle Erregerspektrum, vor allem durch den Handel mit Tieren. Insbesondere die afrikanischen Weißbauchigel erfreuen sich immer größerer Beliebtheit (T. erinacei).

Ebenso Ponys und andere Reittiere, die von einem besonders sehenswerten Pilzerreger befallen sein können (Abb. 6 unten).

T. mentagrophytes Typ VII (Thailandpilz)

Von einer besonderen Region der Welt stammt der gleichnamige “Thailandpilz”, ein neuer Erreger mit ungewöhnlich hoher klinischer Virulenz [30]. Wer ihn aufgrund seiner starken Klinik einmal sah, wird ihn nie vergessen (Abb. 7 unten).

Da er überwiegend durch sexuelle Kontakte übertragen wird, gehört er inzwischen als erster Dermatophyt zur Kategorie STD [31]. Insbesondere aufgrund der Zunahme von illegaler Prostitution während der Corona-Pandemie blühte der Erreger regelrecht auf.

T. indotineae (vormals T. mentagrophytes Typ VIII)

Schon vor der Corona-Pandemie traf ein weiterer neuer Erreger, aus Indien kommend, bei uns ein (Abb. 8 unten). Im Ursprungsland ist er der mit Abstand häufigste Dermatophyt. Er zeichnet sich durch großflächige, hartnäckige und nicht leicht zu behandelnde Hauterscheinungen aus [32].

Ebenso markant ist seine Resistenz gegenüber Terbinafin [33]. Auch dieser Erreger ist in Deutschland inzwischen heimisch und bereichert das Erregerspektrum.

Diagnostik

Alle Dermatophyten vereint, dass sie trotz ihrer bisweilen starken Virulenz, hohen Kontagiosität und Hartnäckigkeit besser denn je heilbar und diagnostizierbar sind. Dank moderner diagnostischer Verfahren wie der PCR und einfacher, sehr gut verträglicher, universeller und an die Biologie der Erreger angepassten Therapiekonzepte (Tab. 2 unten).

Das Prinzip ist denkbar einfach. Wie alle anderen Täter hinterlassen auch Pilzerreger am Ort der Infektion eine Genspur, ihre DNA: Im Nagel, an Haaren oder in Hautschuppen. Die PCR ist nicht nur präzise und schnell. Im Unterschied zur Kultur, die in etwa der Hälfte aller Nagelproben falsch negativ ausfällt, überzeugt die PCR durch eine hohe Sensitivität, da sie auf dem Gennachweis beruht und unabhängig von der Anzucht des Erregers ist [34].

Therapie

Das Konzept der Therapie hat sich vereinfacht und ist für alle Mykosen prinzipiell gleich [2]. Das Fundament ist die lokale Behandlung mit hoch und breit wirksamen Antimykotika wie Ciclopirox, Bifonazol oder Sertaconazol. Für jede Mykose gibt es ideale Formulierungen, vom wasserlöslichen Nagellack bis zum Shampoo.

Revolutionär verändert hat sich die systemische Therapie, sowohl in der Galenik als auch in der Art der Anwendung mit nur einer Gabe pro Woche, bis zur klinischen und mikrobiologischen Heilung [35]. Bei Itraconazol ist durch das Einbringen in ein stabiles Polymer der größte pharmazeutische Fortschritt gelungen. Es hat auch das breiteste Wirkspektrum gegenüber allen Erregern, was im Falle einer sofort notwendigen empirischen Therapie von Vorteil ist.

Das in Tabelle 2 vorgestellte Schema gilt für alle Mykosen, für die eine systemische Therapie in Frage kommen könnte: Onychomykose (Erreger: Dermatophyten), Pityriasis versicolor (M. furfur), Intertrigo, chronischer Windelsoor, rezidivierende Vaginal-Kandidosen (meist C. albicans), Tinea corporis und Tinea faciei (Dermatophyten).

Obligatorisch ist die systemische Therapie bei der Tinea capitis, die durch eine Vielzahl der hier vorgestellten Dermatophyten ausgelöst wird, auch wenn diese Infektion fast ausschließlich Kinder betrifft [36]. In diesen Fällen kann das neue Itraconazol aus der Kapsel herausgenommen und mit etwas Schmackhaftem vermischt werden [25].

Fazit

  1. Es rücken immer mehr neue Pilze aus aller Welt in den Fokus der hausärztlichen Praxis. Das gilt insbesondere für die Hautpilze. Sie stammen aus 3 Gattungen: Trichophyton, Microsporum, Epidermophyton. Sie sind hochkontagiös, mitunter hoch virulent oder können Eiter bilden.
  2. Bei korrekter Diagnose sind alle Mykosen heilbar, unabhängig vom Erreger und dessen Virulenz – auch in der hausärztlichen Praxis.

Mögliche Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.

Literatur

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