Serie "Cochrane-Evidenz für die Hausarztpraxis"Hilft Colchicin bei Gicht?

Internationale Leitlinien empfehlen Colchicin bei akuter Gicht, die Evidenz dafür ist jedoch begrenzt. Cochrane hat die vorhandenen Studien gesichtet.

Wenn der Harnsäurespiegel im Körper zu hoch ist, können sich Harnsäurekristalle bilden.

Gicht ist eine der häufigsten Gelenkerkrankungen weltweit. Die Prävalenz steigt mit dem Alter an und ist bei Männern höher als bei Frauen. Die Gelenkentzündung geht mit einer Ablagerung von Harnsäurekristallen in den Weichteilen einher.

Betroffene Gelenke zeigen oft eine Rötung und/oder Schwellung – manchmal fehlen diese typischen Symptome aber auch. Obwohl Colchicin in internationalen Leitlinien als eine der Erstlinientherapien zur Behandlung von akuter Gicht genannt wird, ist die Evidenz für seinen Nutzen und Schaden relativ begrenzt. Cochrane hat die verfügbare Evidenz geprüft [1].

Fazit für die Hausarztpraxis

Colchicin ist im Vergleich zu Placebo eine wirksame Behandlung: Es bessert den Schmerz, dabei besteht die Gefahr von unerwünschten Wirkungen. Sein Nutzen ist vergleichbar mit einem NSAR. Sind NSAR kontraindiziert, ist Colchicin eine mögliche Alternative.

Eine hochdosierte Therapie mit Colchicin wird nicht mehr empfohlen: Die hohe Dosierung bringt im Vergleich zur niedrigen Dosierung kaum Vorteile, jedoch mehr unerwünschte Wirkungen. Laut Cochrane gab es keine Studien, in denen Colchicin mit Glukokortikoiden verglichen wurde.

Die DEGAM-Leitlinie zur akuten Gicht in der hausärztlichen Versorgung empfiehlt weiterhin Prednisolon jeweils als Einmalgabe in absteigender Dosierung über vier Tage [3]. Zusätzlich empfiehlt sie die Gabe von NSAR.

Colchicin wirkt laut DEGAM langsamer und wird bei Kontraindikationen gegen Cortison und NSAR empfohlen, mit dem Hinweis, dass in internationalen Leitlinien Colchicin auch als Mittel der ersten Wahl eingesetzt wird [3]. Diese Leitlinie der DEGAM zur akuten Gicht in der hausärztlichen Versorgung wird allerdings im Moment aktualisiert und es könnte eine Anpassung erfolgen.

Bezüglich häufiger Gichtanfälle und chronischer Gicht gibt es eine noch gültige Leitlinie der DEGAM. Diese weist darauf hin, dass Colchicin und NSAR beide keine Zulassung für die Behandlung zur Anfallsprophylaxe zu Beginn einer harnsäuresenkenden Therapie haben. Obwohl dies ein internationaler medizinischer Standard ist, sei diese Indikation somit formal als “Off-Label-Use” einzuschätzen [4]. Dies ist in der hausärztlichen Praxis zu beachten.

In der Zwischenzeit hat die Zulassung die Leitlinie teilweise überholt: So sind Colchicinpräparate in der Dosis 0,5mg seit über einem Jahr in der Indikation „Prävention eines Gichtanfalls während einer Einleitung einer Urat-senkenden Therapie“ zugelassen. (Hinweis eines Lesers am 4.10.22)

Interessenkonflikte: Die Autoren sind die Verfasser des Buchs “Evidenz für die Hausarztpraxis”.

Literatur:

  1. McKenzie BJ, Wechalekar MD, Johnston RV, Schlesinger N, Buchbinder R. Colchizine for acute gout. Cochrane Database of Systematic Reviews 2021, Issue 8. Art. No.: CD006190. DOI: 10.1002/14651858.CD006190.pub3. Accessed 07 July 2022.
  2. Schmidt-Haghiri M, Schelling J. Evidenz für die Hausarztpraxis. Elsevier, 2021.
  3. DEGAM S1-Handlungsempfehlung: Akute Gicht in der hausärztlichen Versorgung. www.hausarzt.link/f9bRD
  4. DEGAM S2e-Leitlinie: Häufige Gichtanfälle und chronische Gicht. www.hausarzt.link/PwB1m
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