Empfehlungen der EULARGesunde Lebensweise von Rheumapatienten fördern

Welche Ratschläge kann man geben, wenn Rheuma-Patienten nach adäquater Ernährung oder einer passenden sportlichen Aktivität fragen? Eine Arbeitsgruppe der Europäischen Rheuma-Liga (EULAR) hat dezidierte Empfehlungen erarbeitet, die das Gespräch mit den Patienten erleichtern.

Sport bei rheumatischen und muskuloskelettalen Erkrankungen? Zahlreiche Studien zeigen positive Effekte.

Für einen gesunden Lebensstil der Allgemeinbevölkerung sind die Empfehlungen der WHO eine gute Anleitung, doch für Patienten mit rheumatischen und muskuloskelettalen Erkrankungen (RMD) fehlten bisher spezielle Hinweise, welche Lebensstil-Veränderungen ein Fortschreiten der Erkrankung beeinflussen könnten.

Um dies zu ändern, fand sich eine EULAR-Arbeitsgruppe zusammen, bestehend aus 19 Mitgliedern aus 11 europäischen Ländern unterschiedlicher Fachrichtungen, darunter z.B. Rheumatologen, Geriater, Epidemiologen, Experten für Ernährung und Bewegung sowie Rheuma-Kranke.

Sie fassten die bis dato verfügbare Evidenz zum Lebensstil bzw. geeigneten Verhaltensänderungen für die sieben häufigsten RMD zusammen: Osteoarthritis (OA), rheumatoide Arthritis (RA), axiale Spondyloarthritis (AxSpA), Psoriasis-Arthritis (PsA), systemischer Lupus Erythematodes (SLE), systemische Sklerose (SSc) und Gicht [1].

Allgemeingültige Kernsätze

Die Arbeitsgruppe einigte sich auf folgende fünf Kernsätze, welche in erster Linie die Expertenmeinung widerspiegeln: Lebensstil-Verbesserungen ergänzen die medikamentöse Therapie, ersetzten sie jedoch nicht. Die Verbesserung des Lebensstils ist ein wesentlicher Bestandteil der RMD-Behandlung und trägt zur allgemeinen Gesundheit bei. Die Empfehlungen der WHO für einen gesunden Lebensstil [2-6] gelten auch für Menschen mit RMD.

Welche individuellen Empfehlungen zur Lebensführung geeignet sind, hängen von Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, einer möglichen Schwangerschaft sowie von Begleiterkrankungen der Betroffenen ab. Ärzte sollten relevante Lebensstilfaktoren regelmäßig mit ihren Patienten besprechen.

Inaktivität vermeiden

Die Empfehlungen der Arbeitsgruppe basieren auf einer umfassenden Überprüfung der Literatur und sind daher größtenteils evidenzbasiert. Sie betreffen die Bereiche: sportliche Aktivität, Ernährung, Gewicht, Alkohol, Rauchen und Erwerbstätigkeit.

Dass Patienten mit RMD Sport treiben sollten, steht außer Frage, denn zahlreiche Studien zeigen positive Effekte auf Schmerzen, Funktion, Fatigue und Lebensqualität. Die Evidenz bezieht sich dabei vor allem auf kurzfristige Effekte von 6 bis 12 Monaten. Eine krankheitsmodifizierende Wirkung ist z.B. für AxSpA belegt, allerdings in kleinem Umfang.

Ärztinnen und Ärzte sollten ihre Patienten ermutigen, gemäß ihren Fähigkeiten, körperlich aktiv zu sein und gemeinsam besprechen, welche Art der Bewegung geeignet ist. Empfehlenswert ist Krafttraining zweimal wöchentlich sowie aerobes Training, wie etwa Nordic Walking, Joggen, Radfahren oder Schwimmen für mindestens 150 Minuten pro Woche. Dabei ist eine mittlere Trainingsintensität anzustreben (64-76 Prozent der maximalen Herzfrequenz).

Ein adäquater Sport ist auch für Rheumapatienten sicher und es ist nie zu spät, damit zu beginnen – selbst wenn die Betroffenen vorher wenig aktiv waren. In Studien traten nur wenige oder keine sportbedingten Nebenwirkungen auf.

Alleine oder in Gruppen – beides ist möglich, wobei es Hinweise gibt, dass angeleitetes Training und die Unterstützung einer Gruppe etwas effektiver ist als alleine zu trainieren. Das sollte den Einzelnen jedoch nicht davon abhalten, für sich zu üben und die Betätigung auszuwählen, die den persönlichen Vorlieben entspricht.

Insbesondere Patienten mit OA oder AxSpA sollten zum Training ermuntert werden, denn sie profitieren in besonderem Maße. In Studien zeigte sich eine starke, anhaltende Wirkung auf die Schmerzreduktion sowie eine verbesserte Funktion.

Keine spezielle Diät

Rheuma-Patienten sollten dazu angehalten werden, weniger hochkalorische Nahrungsmittel mit einem hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren, Transfetten oder Zucker zu essen. Dagegen sollte der Speiseplan mehr Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte enthalten.

Spezielle Diäten oder ausgewählte Nahrungsmittel/Nährstoffe scheinen Rheuma-Patienten keinen Vorteil zu bringen. In Studien zu Vitamin D bei OA oder Omega-3-Fettsäuren bei RA fanden sich nur geringe Effektstärken, die wohl kaum klinisch relevant sind.

Den EULAR-Leitlinien zufolge sollten Gicht-Patienten zuckerhaltige Getränke, schwere Mahlzeiten und den übermäßigen Verzehr von Fleisch und Meeresfrüchten vermeiden und lieber fettarme Milchprodukte bevorzugen.

“Gesundes Gewicht” anstreben

Ein “gesundes Gewicht” ist für jeden Patienten individuell und abhängig von Alter, Geschlecht, zugrundeliegender Erkrankung, Komorbiditäten und Allgemeinzustand. Eine starke Gewichtszunahme oder -abnahme kann die Justierung von Medikamenten erforderlich machen (Dosierung, Frequenz).

Übergewichtige oder adipöse Patienten (BMI ≥25 kg/m2 bzw. ≥30 kg/m2) sollten zusammen mit Ärzten/Therapeuten besprechen, wie mittels gesunder Ernährung und mehr körperlicher Aktivität eine kontrollierte Gewichtsabnahme zu erreichen ist. Denn Übergewicht und Adipositas sind mit schlechteren RMD-spezifischen Ergebnissen assoziiert, die sich durch Gewichtsabnahme verbessern lassen.

Geringe Mengen an Alkohol scheinen sich nicht negativ auf die rheumatische Erkrankung auszuwirken. Allerdings gibt es Ausnahmen: Etwa der Beginn einer Methotrexat-Therapie oder die Behandlung mit Leflunomid sowie eine Lebererkrankung.

Bei Patienten mit RA ist zu bedenken, dass Alkoholkonsum ein erhöhtes Risiko für Schübe und die Entwicklung von Begleiterkrankungen darstellt. Bei Gicht-Patienten kann auch ein moderater Alkoholkonsum das Schubrisiko erhöhen.

Zum Rauchstopp ermutigen

Rauchen hat bei RMD-Patienten einen negativen Einfluss auf die Krankheitsaktivität, die Funktion, die Progression sowie das Auftreten von Komorbiditäten. Zudem gibt es Hinweise, dass rauchende RA-Patienten schlechter auf DMARDs (disease modifying anti-rheumatic drug) ansprechen.

Ärzte sollten die Betroffenen auf diese Gefahren hinweisen und Unterstützung bei der Entwöhnung anbieten und besprechen.

Literatur

  1. Gwinnutt JM et al. Annals of the Rheumatic Diseases 2023; 82:48-56
  2. WHO. Diet, nutrition and the prevention of chronic diseases. Report of the joint WHO/FAO expert consultation, 2002. www.who.int/publications/i/item/924120916X
  3. WHO. Global recommendations on physical activity for health, 2010. www.who.int/publications/i/item/9789241599979
  4. WHO Obesity and overweight, 2024 www.who.int/en/news-room/fact-sheets/detail/obesity-and-overweight
  5. WHO report on the global tobacco epidemic, 2023 www.who.int/publications/i/item/9789240077164
  6. WHO. Global status report on alcohol and health, 2018 www.who.int/publications/i/item/9789241565639
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