Kardiovaskuläres RisikoG-BA senkt Statingrenze

Künftig können Ärztinnen und Ärzte schon bei einem niedrigeren Zehn-Jahres-Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall Lipidsenker verordnen. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss jetzt entschieden. Zudem hat er neue Ausnahmegruppen definiert.

Der G-BA senkt die Risikoschwelle für eine Lipidtherapie auf zehn Prozent in zehn Jahren.

Berlin. Ärztinnen und Ärzte können lipidsenkende Arzneimittel wie Statine bald bereits früher auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen verschreiben. Liegt bei einer Person das Risiko, in den nächsten zehn Jahren einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden, bei mindestens zehn Prozent, können Lipidsenker verordnet werden. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am Donnerstag (19.12.) einstimmig beschlossen. Bislang gilt hierfür eine Risikoschwelle von 20 Prozent.

Der Beschluss wird nun vom Bundesgesundheitsministerium geprüft und tritt nach der Nichtbeanstandung in Kraft. Da das Ministerium mit dem Gesundes-Herz-Gesetz aber sogar eine noch niedrigere Verordnungsschwelle von 7,5 Prozent angestrebt hatte, ist davon auszugehen, dass es die G-BA-Entscheidung durchwinkt.

Wichtig: Die G-BA-Richtlinie schafft lediglich die Grundlage für die Kostenübernahme durch die Krankenkassen. Ob tatsächlich im Einzelfall ein Lipidsenker verschrieben wird, entscheiden Ärzte und Patienten im gemeinsamen Austausch.

Neue Ausnahmegruppen

Grundsätzlich verordnungsfähig – also ohne Bestimmung durch einen Risikorechner – sind Lipidsenker bei Menschen mit

  • Diabetes mellitus Typ 1 mit Mikroalbuminurie oder
  • familiärer Hypercholesterinämie.

Zudem hat der G-BA eine neue Ausnahmegruppe gebildet. Hier ist eine Verordnung möglich, wenn das Zehn-Jahres-Risiko unter zehn Prozent liegt, aber eine das Risiko verstärkende Erkrankung vorliegt, die im Rechner nicht adäquat berücksichtigt ist. Dies gilt bei Menschen mit

  • Autoimmunerkrankungen wie systemischer Lupus erythematodes oder systemische Entzündungserkrankungen mit vergleichbarem kardiovaskulärem Risiko,
  • HIV-Infektion oder
  • Schizophrenie, bipolare Störungen und Psychosen mit vergleichbarem kardiovaskulärem Risiko.

In der Diskussion machte G-BA-Vorsitzender Prof. Josef Hecken deutlich, dass man im letzten Punkt nicht generell auf psychische Erkrankungen abstellen will, um eine möglichst genaue Entscheidungsgrundlage für Ärztinnen und Ärzte in der Praxis zu schaffen. Daher wurde der Beschluss kurzfristig nochmals auf „Psychosen mit vergleichbarem kardiovaskulärem Risiko“ konkretisiert.

Erst Lebensstil ändern, dann Arzneitherapie

Darüber hinaus betonte Hecken erneut, dass die Änderung des Lebensstils (Rauchstopp, mehr Bewegung, gesunde Ernährung) immer Vorrang vor der Arzneitherapie haben sollte, da diese „keine Fruchtgummis“ seien. „Bei einem hohen Risiko, das man beispielsweise anhand von Alter, Geschlecht oder auch einer familiären Vorbelastung gut abschätzen kann, kann ein angepasster Lebensstil alleine aber in manchen Fällen nicht ausreichen. Die Absenkung der Risikoschwelle bewirkt, dass in diesen Fällen Versicherte von den vorbeugenden Effekten von Lipidsenkern profitieren werden“, erklärte Hecken.

Im Stellungnahmeverfahren wurden eine Risikoschwelle von zehn und 7,5 Prozent gegenübergestellt. Bis auf zwei Arzneimittelhersteller hätten sich hier alle für die zehn Prozent ausgesprochen, selbst die Fachgesellschaften für Kardiologie und Pädiatrie, die beim Gesunde-Herz-Gesetz noch anders argumentiert hatten, berichtete der G-BA-Vorsitzende.

ESC-Leitlinien taugen dem G-BA nicht

Mit seinem Beschluss stützt sich der G-BA maßgeblich auf die Leitlinie des britischen NICE sowie einer Metaanalyse von Chou (doi: 10.1001/jama.2022.12138). In der Zusammenfassung des Stellungnahmeverfahrens führt der G-BA unter anderem aus, dass er die Empfehlungen der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) als „keine adäquate Grundlage“ erachtet, da die Literarturrecherche nicht genüge. „Diese Leitlinien werden deshalb regelmäßig nicht in den Verfahren des Gemeinsamen Bundesausschusses berücksichtigt.“

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) und die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (DEGAM) hatten zusätzlich auf die fehlende Evidenz für eine Statintherapie bei unter 40-Jährigen und über 75-Jährigen hingewiesen. Hierzu merkt der G-BA an, dass der Einbezug des Alters in die Entscheidung für oder gegen eine Behandlung den therapierenden Ärztinnen und Ärzten obliege.

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