Hans Jakob Mattern hat seine Schulbildung mit dem Abitur auf einem humanistischen Gymnasium abgeschlossen und nahm anschließend das Studium der Medizin an den Universitäten Heidelberg und Freiburg auf. Die Bestallung als Arzt erhielt er 1939 und wurde 1942 in Heidelberg zum Dr. med. promoviert. Seine Weiterbildung absolvierte er an der Psychiatrisch-Neurologischen Klinik der Universität Heidelberg, an der chirurgischen und gynäkologischen Abteilung des städtischen Krankenhauses in Elbing, wohin er durch den Wehrdienst verschlagen wurde.
Im Auguste-Viktoria-Krankenhaus in Berlin arbeitete er in der Inneren Abteilung – Radiologie und Neurologie – und übernahm dann die kommissarische Führung einer chirurgischen Fachpraxis mit einer privaten Belegklinik. Mit Kriegsbeginn wurde er zum Wehrdienst einberufen und musste bis 1944 als Sanitätsoffizier am Russland-Feldzug teilnehmen. Dann wurde er in den Stab des Generaloberstabsarztes der Heeresgruppe Süd versetzt und geriet 1945 in amerikanische Gefangenschaft, in der er die chirurgische Abteilung eines Lazarettes des Kriegsgefangenen-Lagers übernehmen musste. Man verlegte ihn anschließend nach Deutschland in ein US-amerikanisches Kriegsgefangenen-lager, aus dem er 1947 entlassen wurde. Im gleichen Jahr ließ er sich als praktischer Arzt in Heidelberg nieder. Wie viele Hausärzte der ersten Stunde nach dem Krieg war Mattern in seiner Praxis aufgrund der Weiterbildung in Kriegslazaretten auch chirurgisch tätig.
Mitbegründer der Allgemeinmedizin
In den Gremien der Ärzteschaft in Baden-Württemberg engagierte er sich dafür, die Qualifikation der Praktischen Ärzte vor der Niederlassung zu verbessern. Beim Deutschen Ärztetag setzte er sich dann dafür ein, den Facharzt für Allgemeinmedizin zu etablieren. Später überzeugte er mehrere Professoren der Universität Heidelberg und die Medizinische Fakultät davon, dass Medizinstudierende in außerklinischer praktischer Medizin unterrichtet werden müssen. Dadurch wurde er zum Mitbegründer der Allgemeinmedizin in Lehre und Forschung an der Universität Heidelberg. Im Wintersemester 1970/71 erhielt er formell einen der ersten Lehraufträge für Allgemeinmedizin in Deutschland an der Universität Heidelberg und wurde 1976 von der Medizinischen Fakultät zum Honorarprofessor ernannt. Er war Mitgestalter der Heidelberger Gespräche zur Förderung der praktischen Medizin und später der Allgemeinmedizin. Insbesondere ging es dabei um die Verbesserung der Weiterbildung der Hausärzte vor der Niederlassung und um ein wissenschaftlich- anthropologisches und psychosomatisches Fundament der Medizin des Hausarztes, wie es später im Konzept des Murrhardter Kreises der Bosch-Stiftung formuliert wurde.
In der Deutschen Akademie für Allgemeinmedizin e.V. war Mattern aktiv und er gründete die Internationale Gesellschaft für Allgemeinmedizin (SIMG) mit. Mehr als 100 Veröffentlichungen und Buchbeiträge zu allgemeinmedizinischen, psychosomatischen und auch philosophischen Themen stammen aus seiner Feder, wobei er an die Arbeiten von Karl Jaspers, Victor von Weizsäcker, Alexander Mitscherlich und anderen anknüpfte. Hansjakob Mattern erhielt für sein Lebenswerk viele Auszeichnungen und genoss wegen seiner Reden unter anderem vor dem Deutschen Ärztetag, wegen seiner Vorlesungen und der Förderung vieler Studenten und Kollegen hohe Anerkennung. Die Landesärztekammer Baden-Württemberg ehrte ihn 1979 mit der Albert Schweitzer Medaille. 1983 wurde er mit der Hippokrates Medaille und 1984 vor dem Deutschen Ärztetag mit der Paracelsus Medaille der deutschen Ärzteschaft ausgezeichnet. Er starb im Alter von 90 in seiner Geburtsstadt, der er zeitlebens die Treue hielt und deren Universität als Folge seines Wirkens bis heute ein Zentrum der deutschen Allgemeinmedizin ist.