Serie "Testverfahren in der Hausarztpraxis"Blutzucker, oGTT, HbA1c

In unserer sechsteiligen Serie "Testverfahren in der Hausarztpraxis" nehmen wir häufige, in der Hausarztpraxis durchgeführte Tests unter die Lupe. Was können sie leisten? Wann sind sie sinnvoll, wann nicht? Was sagen die Ergebnisse aus?

Blutzucker

Welche Informationen liefert der Blutzuckerwert?

  • Beurteilung des Glukosestoffwechsels

Wann sollte der Blutzucker untersucht werden?

  • Im Rahmen von Routineuntersuchungen
  • Bei Symptomen einer Hyperglykämie oder Hypoglykämie
  • Bei Diabetes-Symptomen, z.B. Gewichtsverlust, Polyurie, Polydipsie
  • Bei erhöhtem Diabetesrisiko
  • Zur Kontrolle eines Diabetes bzw. Prädiabetes
  • Bei Schwangeren mit erhöhtem Risiko in der Frühschwangerschaft (vor 24 SSW)
  • Bei Patienten mit Adipositas, Hyperlipid-ämie, Herzinfarkt, Schlaganfall, chronischen Lebererkrankungen, akuter Hepatitis, Pankreaserkrankungen, Therapie mit Kortikosteroiden und Medikamenten, die eine Hyperglykämie induzieren können

Wie sollte der Blutzucker untersucht werden?

  • Goldstandard: Im venösen Plasma
  • Nüchternblutzucker: morgens nach mindestens 8-stündigem Fasten
  • Gelegenheitsblutzucker: irgendwann im Tagesverlauf

Was bedeuten die Ergebnisse?

  • Normal- und Grenzwerte siehe Tab. 1
  • Sofern eine Diagnose darauf beruht, sollte eine Bestätigung durch eine 2. Messung oder einen oralen Glukosetoleranztest erfolgen

Oraler Glukosetoleranztest (oGTT)

Welche Informationen liefert der oGTT?

  • Beschreibt den postprandialen Glukosestatus
  • Standardtest zur Diagnostik einer gestörten Glukosetoleranz
  • Screening auf Prädiabetes und Diabetes
  • Wann sollte der oGTT durchgeführt werden?
  • Bei Symptomen eines Diabetes
  • Bei erhöhter Nüchternplasmaglukose
  • Bei erhöhtem Diabetesrisiko (z.B. erstgradige Verwandte mit Typ-2-Diabetes, arterielle Hypertonie, Dyslipidämie, koronare Herzerkrankung, Gestationsdiabetes in der Anamnese)
  • Bei Schwangeren mit erhöhtem Risiko in der Frühschwangerschaft (vor SSW 24)
  • Bei allen Schwangeren zum Screening auf Gestationsdiabetes zwischen der SSW 24 + 0 und der 27 + 6

Wie sollte der oGTT durchgeführt werden?

  • Voraussetzungen
  • Nach 8–12 Stunden Nahrungs-, Nikotin- und Alkoholkarenz
  • Nach ≥ 3 Tagen mit kohlenhydratreicher Ernährung (≥ 150 g Kohlenhydrate pro Tag)
  • Durchführung im Sitzen oder Liegen (keine Muskelanstrengung); nicht rauchen vor oder während des Tests
  • Durchführung
  • Untersuchung am Morgen
  • Entnahme von venösem Blut
  • Trinken von 75 g Glukose (oder äquivalenter Menge hydrolysierter Stärke) in 250–300 ml Wasser innerhalb von fünf Minuten
  • Weitere Entnahme von venösem Blut nach zwei Stunden
  • Kontraindikationen
  • Interkurrente Erkrankungen
  • Z. n. Magen-Darm-Resektion oder gastrointestinalen Erkrankungen mit veränderter Resorption
  • Bereits vorliegende Diagnose eines Diabetes mellitus

Was bedeuten die Ergebnisse?

  • Gestörte Glukosetoleranz als Zeichen für Prädiabetes und Insulinresistenz
  • Diabetische Glukosetoleranz bei Diabetes mellitus Typ 1 oder 2
  • Normal- und Grenzwerte (Tab. 1)
  • Diagnose eines Gestationsdiabetes ( Tab.2)

HbA1c

Welche Informationen liefert der HbA1c-Wert?

  • Standardtest für die Diagnostik und das Monitoring des Diabetes, vor allem Typ-2-Diabetes
  • Reflektiert den mittleren Blutzuckerspiegel in den letzten 120 Tagen
  • Guter Indikator für langfristige Diabeteskomplikationen
  • Wann sollte das HbA1c untersucht werden?
  • Diagnose des Prädiabetes und des Diabetes mellitus
  • Monitoring des Langzeit-Glykämiestatus
  • Therapiekontrolle bei Diabetes
  • Beurteilung des Risikos diabetischer Komplikationen, insbesondere der koronaren Herzkrankheit

Wie sollte das HbA1c untersucht werden?

  • Im EDTA-Blut
  • Patient muss nicht nüchtern sein

Was bedeuten die Ergebnisse?

  • Normal- und Grenzwerte (Tab. 1)

Blutzucker-Selbstmessung

Warum werden Blutzucker- Selbstmessungen durchgeführt?

Zur Verlaufskontrolle

  • Erkennen von akuten Hypo- oder Hyperglykämien
  • Anpassung der Insulindosis oder anderer Diabetes-Medikamente, Anpassung der Bewegung an die aktuelle Glukosesituation, Anpassung der Kohlenhydratzufuhr

Wann sollten Blutzucker- Selbstmessungen erfolgen?

  • Bei Typ-1-Diabetes
  • Bei insulinpflichtigem Typ-2-Diabetes

Wie werden Blutzucker- Selbstmessungen durchgeführt?

  • Im Kapillarblut
  • Schulung der Patienten erforderlich
  • Messung mehrmals täglich, abhängig von Indikation und Therapie

Kontinuierliches Glukose-Monitoring

Warum wird ein kontinuierliches Glukose-Monitoring durchgeführt?

  • Kontinuierliche Anzeige des aktuellen Glukosewerts einschließlich Trendanzeige
  • Alarme beim Erreichen voreingestellter Grenzwerte

Wann kann ein kontinuierliches Glukose-Monitoring erfolgen?

  • Typ-1-Diabetes
  • Typ-2-Diabetes mit intensivierter Insulintherapie
  • Insulinpflichtiger Diabetes mit häufigen Hypoglykämien bzw. Hypoglykämiewahrnehmungsstörung
  • Schwangerschaft mit vorbestehendem insulinpflichtigem Diabetes

Wie sieht ein kontinuierliches Blutzucker-Monitoring aus?

  • Transkutane Sensoren messen die Glukose im interstitiellen Gewebe
  • Messung erfolgt automatisch im Abstand von wenigen Minuten, 24 Stunden am Tag
  • Übertragung der Werte an ein externes Gerät, z.B. ein Smartphone
  • Schulung der Patienten erforderlich
  • Allein oder in Kombination mit einer Insulinpumpe

Quellen:

Thomas L. Labor und Diagnose, 2020

Petersmann A et al. Definition, Klassifikation und Diagnostik des Diabetes mellitus – Praxisempfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft. Diabetologie 2019; 14: S111–S118

Schäfer-Graf U et al. Gestationsdiabetes mellitus (GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge. Praxisempfehlung – Kurzfassung der S3-Leitlinie (AWMF-Registernummer: 057-008). Diabetologie 2019; 14 (Suppl 2): S196–S206

Heinemann L et al. Glukosemessung und -kontrolle bei Patienten mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes – Praxisempfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft. Diabetologie 2019; 14 (Suppl 2): S119–S141

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